Der Amateur-Fußball setzt wie in Wendelstein auf Zusammenschlüsse

15.8.2018, 06:00 Uhr
Der FC Wendelstein entstand nach einer Fusion - hier sind die Spieler in den roten Trikots im Pokalspiel gegen Kleinschwarzenlohe zu sehen.

© Robert Schmitt Der FC Wendelstein entstand nach einer Fusion - hier sind die Spieler in den roten Trikots im Pokalspiel gegen Kleinschwarzenlohe zu sehen.

Im Jugendbereich sind Spielgemeinschaften nichts Neues. Im Landkreis Neumarkt sind etliche JFG, sprich Juniorenfördergemeinschaften, zu finden. Zum Beispiel die JFG Postbauer-Heng, die seit Juli 2005 aus dem Henger SV, SV Postbauer und – seit 2008 – TSV Pavelsbach besteht. Die Abteilungs- und Jugendleiter der einzelnen Vereine vertreten dabei die Ansprüche des jeweiligen Vereins.

In den niederklassigen Jugendligen sind SG-Teams eher die Regel als die Ausnahme. So gab es in der vergangenen Saison in der Kreisklasse Nord (A-Jugend) nur noch ein Team, das von nur einem Verein gestellt wurde – und als Tabellenletzter abstieg. Ein Indiz dafür, dass Spielgemeinschaften zwangsweise erfolgreicher sind?

Das will Kreisvorsitzender Thomas Jäger so nicht unterschreiben. "Eine SG ist vor allem für kleine Vereine im ländlichen Raum die einzige Möglichkeit für die eigenen Jugendspieler, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten mit Vereinsbezug. Ohne SG würden die Spieler zu anderen Vereinen wechseln und unter deren Namen spielen. Oder noch viel schlimmer: ganz mit Fußball aufhören."

Spielgemeinschaften auch bei Herren immer verbreiteter

Im Herrenbereich waren Spielgemeinschaften vor nicht allzu langer Zeit undenkbar. Heute gibt es sie auch dort. Wie viele genau? "Das ist gar nicht so leicht", sagt Jäger. Und rechnet vor: "Heuer sind 27 Spielgemeinschaften im Kreis Neumarkt/Jura gemeldet, wobei elf mit erster und zweiter Mannschaft spielen. Also, wenn man es genau nimmt, sind es 16."

Für den Landkreis kann Jäger keine verbindliche Aussage treffen, da er auf die Teams, die im Fußballkreis Regensburg eingegliedert sind, keinen Zugriff hat. Vier Spielgemeinschaften zählt er auf: Die SG Seubersdorf/Batzhausen (A-Klasse 5), Mönig/Rohr, Pilsach/Litzlohe und die zeitungszeilensprengende SG Sindlbach/Stöckelsberg/Oberölsbach II.

Zwei fehlen in dieser Aufzählung, wie Jäger aufklärt: "Forcheim/Sulzkirchen und Burggriesbach/Obermässing sind keine echten Spielgemeinschaften. Hier wurde nur der Name des 2. Vereins in den Mannschaftsnamen mit aufgenommen."

Trotzdem ist Forchheim/Sulzkirchen mit dem Zusammenschluss im Jahr 2004 die älteste "SG" im Landkreis. "Damals gab es aber eine SG nur für eine Mannschaft, es wurden alle Pässe auf den FC Forchheim geschrieben und Sulzkirchen nur in den Namen mit aufgenommen", so Jäger. 2012 seien die Regularien gelockert worden, so Jäger, "die Anzahl der SG ist danach leicht, aber stetig angestiegen".

Die SG Möning/Rohr gibt es in dieser Konstellation seit 2015, sie kickt in der Kreisklasse. "Wir gehen nun in die vierte Saison als SG", sagt der Rohrer Abteilungsleiter Christian Betz. Damals sei der FC Möning im Winter auf ihn zugekommen, da er nur schwer eine zweite Mannschaft stellen konnte.

Abteilungsleiter treffen sich regelmäßig

Im Anschluss habe man darüber beraten, sich zusammengesetzt und schließlich die Mannschaften gefragt, "die alle dafür waren", erzählt Betz. Das Ziel der SG sollte sein, "dass beide Vereine zwei Mannschaften stellen und die Kreisklasse halten". Heute, resümiert Betz, passe es sportlich, auch der Zusammenhalt stimme. Das Rezept für eine gute Kommunikation sei, "fair mit dem anderen Verein umzugehen und in engem Kontakt zu stehen, wenn Probleme aufkommen". Die Abteilungsleiter von Möning und Rohr treffen sich deshalb viermal im Jahr für einen regen Austausch. Kreisvorsitzender Jäger betont: "Eine SG ist wie eine Beziehung und auch genauso zu pflegen."

Wie es für Möning/Rohr weitergeht, ist für Christian Betz glasklar: "Spielgemeinschaften sind die Zukunft. Das sieht man ja vor allem im Jugendbereich. Über die Jahre wird es in puncto eigenständiger Jugendmannschaften jeden Dorfverein treffen und die, die es nicht trifft, die verlieren ihre Spieler an höherklassige Vereinen."

Recht frisch liiert sind die DJK Litzlohe und die DJK-SV Pilsach, die erst im Mai vergangenen Jahres aufgrund des Personalmangels der ersten Mannschaften eine Fußball-Ehe geschlossen haben. Trotzdem stieg die Mannschaft von Coach Patrick Sedlmeier in die A-Klasse ab.

Allersberg hofft auf größere Durchschlagskraft

Das wohl aktuellste Beispiel einer SG führt nach Allersberg. Dort, wo sich die beiden Lokalvereine SV Eintracht Allersberg und die DJK Allersberg erst im Juni verbündet haben und künftig in der Kreisklasse auf größere Durchschlagskraft hoffen.

Warum sich die Chefs beider Abteilungen an einen Tisch gesetzt haben, erklärt Simon Lechner, Abteilungsleiter der DJK Allersberg: "Wir wollen den Fußball in Allersberg wieder attraktiver gestalten und die Kadergröße auf ein gesundes Level heben, um langfristig zwei Herrenmannschaften zu stellen."

Ob es schwer war, eine SG zu formen? "Rechtlich ist es ein Kinderspiel", erklärt Lechner. "Im Enddefekt müssen sich beide Mannschaft einig werden. Gesonderte rechtliche Schritte sind nicht nötig, da es sich zum einen ja um keine Fusion handelt und jeder beteiligte Verein eigenständig bleibt." Aber Achtung, warnt Thomas Jäger: "Die SG muss für jede Saison neu beantragt werden, ansonsten endet sie nach der Saison."

Aus 2x TSV wurde FG und dann FC Wendelstein

Eine echte Fusion durchlaufen hat der FC Wendelstein, der jetzt ein reiner Fußballclub ist. Zunächst verschmolzen TSV Wendelstein und TSV Röthenbach zur FG Wendelstein, einer Sonderspielgemeinschaft mit vier Teams für nur ein Jahr. "Weil es Spielgemeinschaften aber nicht möglich ist, in die BZL aufzusteigen – was den Vereinen aber auch schon vor der Saison bekannt war – ist damals der SC Großschwarzenlohe aufgestiegen", erläutert Jäger.

Welche Variante – Fusion oder Spielgemeinschaft – für zwei oder mehr Vereine die beste ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Simon Lechner, Abteilungsleiter der DJK Allersberg, ist ein Befürworter der SG: "In Bezug auf die Dorfvereine ist es meiner Meinung nach eine kluge Methode, um das Aussterben kleiner Klubs zu verhindern. Ich finde, durch eine SG wird speziell der Jugendbereich gefördert, da man den Kindern oftmals die Entscheidung zwischen zwei Vereinen in der Umgebung, beziehungsweise im selben Ort, leichter macht oder abnimmt."

Es soll in jedem Dorf Fußball geben

Oder, wie es Kreisvorsitzender Thomas Jäger ganz pragmatisch formuliert: "Die SG ist in der Regel nur eine Kompensation des Spielermangels. Der große Vorteil ist, dass man schnell und einfach wieder eine Mannschaft stellen kann."

Fragt man Thomas Jäger, was er persönlich von Spielgemeinschaften im Herrenbereich hält, dann geht ihm eine konkrete Antwort nur schwer über die Lippen. "Das ist sehr schwer zu beantworten", sagt er. Denn als Verbandsfunktionär erfahre man ja nicht alle oder die wahren Hintergründe. "Generell soll weiterhin, wenn möglich, in jedem Dorf und Verein Fußball gespielt werden, auch mit dem lokalen Bezug. Im ersten Schritt ist es immer besser, eine SG zu melden, als die Mannschaften abzumelden oder zu fusionieren."

SG führt auch zu Spielerverlusten

Nach Jägers Erfahrung gehen mit Bildung einer SG Spieler verloren. "Wenn sich ein Verein mit 18 Spielern und einer mit 20 Spielern zusammentun, haben sie 38 Spieler und werden in der Regel zwei Mannschaften melden. Hier spielen dann bis zu 30 Spieler regelmäßig, für die restlichen acht besteht die Gefahr, dass sie irgendwann aufhören."

Früher habe man mit 20 Spielern zwei Mannschaften gemeldet. "Die Alten Herren haben ausgeholfen oder man hat irgendwo noch zwei, drei Spieler ausgegraben, damit man für die 2. Mannschaft auf elf Spieler kam." Allerdings habe sich durch ein verändertes Sozialverhalten hier vieles verändert. Die Anzahl der Spieler, die an allen 26 oder mehr Pflichtspielen teilnehmen, werde immer weniger. Das erfordere größere Kader, also mehr Spieler.

Das lasse sich oft nur durch die Bildung einer SG stemmen.

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