Die ganz besondere Schule

24.9.2016, 04:42 Uhr
Die ganz besondere Schule

© Foto: Karlheinz Hiltl

Die ganz besondere Schule

© Foto: oh

Anlässlich des Schuljubiläums hat die Schule eine über 200 Seiten umfassende Festschrift herausgegeben, welche die außergewöhnliche Bedeutung der Mädchenrealschule für den gesamten mittelfränkischen Raum und darüber hinaus würdigt.

Bischof Hanke wünscht in seinem Grußwort, dass die Mädchenrealschule ihren Schülerinnen auch in Zukunft eine umfassende, ganzheitliche Bildung ermöglichen möge. Ziel sei es, dass die Schülerinnen später in Familie und Beruf „ihre Frau“ stehen". Wie gut das in all den Jahren gelungen ist, belegen zahlreiche Beispiele.

Die Zahl der Schülerinnen ist stabil, die Anzahl der Lehrkräfte auf 14 angewachsen. Obwohl sich mit Schwester Beate Nieberler die letzte Ordensschwester in ihrem Amt als Lehrkraft an einer Schule der Diözese Eichstätt verabschiedet hat und mit dem überraschenden Tod von Schwester Susanne Geiger die letzte Ordensschwester der Diözese Eichstätt als Schulleiterin aus dem Amt geschieden ist: Die Mädchenrealschule Marienburg Abenberg bleibt eine Bildungseinrichtung mit familiärer Atmosphäre, in der man die Liebe zur Jugend, pädagogisches Engagement und Werteorientierung im christlichen Geist erfahren kann. Schulleiterin ist seit Januar 2013 Doris Hengster, ständiger Vertreter im Amt Norbert Walz.

Nach dem Tod von Schwester Susanne leitete Hengster die Schule zunächst kommissarisch. Fremd war ihr der neue Wirkungskreis nicht, denn von der Diözese wurde ihr bereits im Jahre 2008 die Mitarbeit in der Schulleitung übertragen.

Hengster sieht es als ihre Aufgabe an, das Lebenswerk der verstorbenen Schulleiterin weiterzuführen, an Traditionen festzuhalten, ihre Werteerziehung fortzusetzen, gleichzeitig aber die Schule neu zu gestalten und zeitgemäß weiterzuentwickeln. Ebenso weiß sie um die Aufgaben und Chancen einer christlichen Schule.

Unter Schulleiterin Hengster wurden bauliche Veränderungen vorgenommen, da das Schulgebäude der wachsenden Schülerinnenzahl angepasst werden musste. Auch in der Turnhalle waren Veränderungen nötig: Der zuvor genutzte Festsaal im Seniorenzentrum steht nicht mehr zur Verfügung, sodass die Turnhalle der Schule so gestaltet wurde, dass hier Feste einen würdigen Rahmen finden können. Für die Schülerinnen hat Hengster als neues pädagogisches Konzept den Morgenkreis und seit diesem Schuljahr für die 9. und 10. Jahrgangsstufe „Zeit für uns (ZFU)“ eingeführt.

Wunderbar klein

Das signifikanteste Merkmal der Mädchenrealschule ist zunächst einmal seine Größe – besser gesagt: seine Kleinheit. Sie ermöglicht eine enge persönliche Bindung zwischen den Lehrern, Eltern und Schülerinnen mit einem offenen vertrauensvollen Umgang in familiärer Atmosphäre. Dem engen Kontakt zwischen Lehrern und Schülerinnen sind auch die seit Jahren sehr guten Prüfungsergebnisse zu verdanken. Die Mädchenrealschule schneidet bei Abschlussprüfungen oder anderen zentralen Tests immer sehr gut ab und liegt im bayernweiten Vergleich mit an der Spitze.

Den Schülerinnen wird jedoch nicht nur Schulwissen vermittelt, die christliche Werteerziehung rüstet die Mädchen zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und für das künftige Leben. Die Schule legt ihren Schwerpunkt auch auf außerunterrichtliche Aktivitäten und Einsatz für die Mitmenschen.

Über den Unterricht hinaus werden einige Aktivitäten und Projekte geboten, die das Schulleben durch das Jahr begleiten sowie nach außen repräsentieren. Dazu gehören beispielsweise das Angebot an Instrumentalunterricht, der Tag der offenen Tür, das Sommerfest, das soziale Projekt in der 7. Jahrgangsstufe, das Berufspraktikum und Projekt Bewerbungstraining in der 9. Jahrgangsstufe, die Kunst AG, Fußball, Turnen, Zumba, Pilates oder Funktionsgymnastik. Auch finden jährlich Schulskikurse statt.

Im Herbst 2015 startete die Mädchenrealschule mit den katholischen Schulen in Trägerschaft der Diözese eine gemeinsame Gebetsaktion aufgrund der zahlreichen Terrorakte. Ein Zeichen für den Frieden.

Gleich mehrere Ziele verfolgt das Projekt „Kräuterschnecke“ einer Klasse in Kooperation mit der „noris inklusion“ Nürnberg, in dessen Vordergrund die Neubepflanzung der Kräuterschnecke im Pausenhof steht. Schülerinnen und Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten hier zusammen.

Ein großes Anliegen der Schule ist es, die Schülerinnen zu verantwortungsbewussten Christen zu erziehen und ihnen über den Unterricht hinaus Werte zu vermitteln. Zusammen mit den Mitgliedern des Schulforums wurde beschlossen, eine zu lockere Bekleidung während der Unterrichtszeit, bei Wandertagen und Ausflügen wegen der gerade hier besonders hohen öffentlichen Wahrnehmung nicht zu akzeptieren. Dies wird auch als Vorbereitung auf die Berufswelt gesehen.

Längst ist es Tradition, dass die Schülerinnen der siebten Klasse in der Vorweihnachtszeit im Rahmen eines sozialen Projekts regelmäßig die Bewohnerinnen und Bewohner des Caritas-Seniorenzentrums St. Josef, Abenberg besuchen, sich mit ihnen unterhalten, gemeinsam Lieder singen, Spiele spielen oder spazieren gehen.

Ein historischer Rückblick

Wenn früher von der „Abenberger Klosterschule“ gesprochen wurde, dann wanderte das Auge des Historikers zurück bis in das Jahr 1794. Bereits damals nämlich, lange vor Einführung der allgemeinen Schulpflicht im damaligen Bayern im Jahr 1806, hatte der Fürstbischof von Eichstätt Joseph Graf von Stubenberg dem Konvent der Augustinerinnen zu Abenberg die Weisung erteilt, für die Mädchen in Stadt und Umland von Abenberg eine Mädchenschule zu errichten. Leider ist von dieser ersten kirchlich-klösterlichen Schule wenig bekannt, die wohl bald in den Wirren der Säkularisation unterging.

Schon früh nach dem Zweiten Weltkrieg beabsichtigten die Schwestern von der Schmerzhaften Mutter an ihrem Provinzsitz in Abenberg, der ihnen den (Bei-) Namen „Abenberger Schwestern“ einbrachte, erneut eine Schule für Mädchen zu errichten.

Nach mühevoller Vorarbeit durch die damalige Provinzoberin Mutter Walberta Vasold wurde 1966 bei der Regierung von Mittelfranken der entsprechende Errichtungsantrag zur Gründung einer privaten vierstufigen Mädchenrealschule im Kloster Marienburg eingereicht und vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit den entsprechenden Auflagen einer Neugründung genehmigt. Noch im September desselben Jahres konnte der reguläre Schul- und Internat-Betrieb an der „Mädchenrealschule Kloster Marienburg, Abenberg“ unter der Leitung des Paters Dr. Dr. Alexander Beckmann aufgenommen werden.

Die Schwestern verfolgten mit der Schulgründung ursprünglich das Ziel, geeignete junge Frauen für den Ordensnachwuchs zu gewinnen. Gleichzeitig konnte durch die Eröffnung der Schule und des Internats auch das mittlere Schulwesen im mittelfränkischen Raum bereichert werden, denn schon bald entwickelte sich die Mädchenrealschule zu einer bedeutsamen weiterführenden Bildungseinrichtung.

Im Genehmigungsbescheid des Kultusministeriums war die Auflage enthalten, bis zum Schuljahr 1968/69 einen allen Anforderungen entsprechenden Neubau zu errichten. Diese Herausforderung wurde nach nur 19 Monaten Bauzeit ebenfalls erfüllt. Die neuen Räume des Schulhauses und des Internats auf klostereigenem Grundstück innerhalb der Klostermauern wurden am 8. Dezember 1968 eingeweiht. Der Unterricht wurde bis zum Bezug des neuen Gebäudes von acht Ordensschwestern, einem Pater und einer weltlichen Lehrkraft in Behelfsräumen des Klosters erteilt.

Die erste Abschlussprüfung fand im Juni 1970 statt. Abgenommen wurde sie von einer externen Kommission, denn zu diesem Zeitpunkt lag zwar eine staatliche Genehmigung für die Bildungseinrichtung vor, aber noch keine staatliche Anerkennung. Diese wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus erst im September 1972 ausgesprochen. Die Schule bezeichnet dieses Ereignis noch heute als einen Meilenstein in ihrer Geschichte. Denn die Gleichstellung mit staatlichen Realschulen war gleichzeitig auch der Vollzug der Gleichstellung bei der finanziellen Unterstützung.

Kurz vor der staatlichen Anerkennung trat Peter Dr. Dr. Alexander Beckmann als Direktor der Schule in den Ruhestand, die Leitung der Einrichtung übernahm Schwester Margarita Schütz. Schon im Juli 1982 wurde Schwester Margarita Generalassistentin in ihrer Ordensgemeinschaft und musste die Schule wieder verlassen. Zu ihrer Nachfolgerin wurde 1983 Schwester Susanne Geiger berufen. Die junge Ordensfrau, 1940 als viertes von acht Kindern in Friesen bei Kronach geboren, war mit 26 Jahren zunächst Leiterin des Internats, bevor die Schule „ihre“ Schule wurde.

In den folgenden Jahren freute sich die Schule über die Zunahme der Zahl an Schülerinnen. 1986, dem Jahr des 20-jährigen Bestehens von Schule und Internat, betrug sie 85. Auch die Zusammensetzung des Lehrerkollegiums hatte sich im Laufe der Jahre verändert: Neben fünf Ordensschwestern unterrichteten nun auch sechs weltliche Lehrkräfte. Dass sich die Schule schon zu diesem Zeitpunkt einen festen Platz in der Reihe der bayerischen Realschulen gesichert hatte, beweist deren recht großes Einzugsgebiet weit über Abenberg hinaus. 1996 besuchten bereits 107 junge Frauen die Schule.

Mit der Einführung der sechsstufigen Realschule im Jahr 2003 wurde die Schwerpunktsetzung der Mädchenrealschule in Abenberg auf den wirtschaftswissenschaftlichen Be- reich verlegt. Der Unterricht wurde auf die Wahlpflichtfächergruppe II (Wirtschaft, Mathematik) ausgedehnt, was einen breiter gefächerten Einstieg in das Berufsleben ermöglicht. Bis dahin lag er auf den musisch gestaltenden, hauswirtschaftlichen und sozialen Bereich.

Fortbestehen gesichert

Aus finanziellen wie auch personellen Gründen konnte die Schule nicht mehr vom Kloster getragen werden. So kämpfte Schwester Susanne in dieser schwierigen Phase für den Trägerwechsel vom Orden hin zur Diözese im Jahr 2004 und erreichte somit das Fortbestehen der Mädchenrealschule. Verstärkt trat an die Stelle des Internats die Ganztagsbetreuung, die bereits seit 1990 parallel bestand. Auch hier gelang es ihr, die Schule nachhaltig zu gestalten.

Am 10. Oktober 2012 starb Schwester Susanne nach kurzer, schwerer Krankheit. Als Schulleiterin war sie eine Institution. Wegen ihrer besonders menschlichen Art wird ihr Name immer mit der Mädchenrealschule verbunden bleiben. Ihr zu Ehren wurde ein Gedenkbaum gepflanzt und eine Gedenkbank errichten lassen. Diesen Ort schmücken die Schulgemeinschaft und Angehörige oft mit Blumen oder Kerzen.

Vor 50 Jahren, im September 1966, fing die Mädchenrealschule mit einer Klasse von 14 Schülerinnen an. Als im Dezember 1968 das Schulhaus fertiggestellt war, war die vierstufige Mädchenrealschule durch die Eingangshalle vom damaligen Internat getrennt.

Geleitet wurde das Internat zum größten Teil von Ordensschwestern des benachbarten Klosters. Sie begleiteten die Schülerinnen in ihrem Tagesablauf, förderten sie während der Studierzeiten und gaben ihnen sicheren Halt neben der Familie. Zu Beginn der Einrichtung fuhren die Mädchen nur im 14-tägigen Rhythmus nach Hause. Später wurde die Reglung auf die wöchentliche Heimfahrt geändert.

Die Unterbringung der Schülerinnen erfolgte auf drei Stockwerken in Doppelzimmern. In jedem Stockwerk lebte auch eine Ordensschwester.

Startschuss für Tagesheim

Um auch Schülerinnen, die das Internat nicht in Anspruch nahmen, eine Hausaufgabenbetreuung bieten zu können, wurde das Tagesheim im damaligen Schulaufgabenraum gegründet. Durch den gesellschaftlichen Wandel und die Änderung der Rahmenbedingungen in den Familien stieg die Nachfrage nach einer Hausaufgabenbetreuung ständig. 1994 wurde das Tagesheim vom Hort abgelöst, weiteres Fachpersonal wurde eingestellt.

Schon bald erkannte Schwester Susanne, dass auch bei jüngeren Schülerinnen und Schülern ein Hort-Bedarf bestand. 2003 entwickelte sich aufgrund der steigenden Nachfrage der „Zwergenhort“ mit eigenem Gruppenraum. Hier wurden Jungen und Mädchen der Volksschule Abenberg betreut.

Ein großer Umbruch an der Mädchenrealschule Abenberg (MRS) war 2004 der Trägerwechsel zur Diözese Eichstätt. Das Internat schloss dann 2007 endgültig seine Türen. Der „Hort“ hingegen bekam immer mehr Zulauf und wurde in eine Ganztagsbetreuung (GTB) umgewandelt.

Die Ganztagsbetreuung wird durch ein großes Team an Fachpersonal geführt. Dazu gehören Sozialpädagoginnen, staatlich anerkannte Erzieherinnen, eine Kinderpflegerin, eine pädagogische Mitarbeiterin und eine Praktikantin. Außerdem verstärken vier Lehrkräfte der Schule das Team. Dadurch ist ein enger Austausch zwischen der Schule und der Ganztagsbetreuung gegeben.

Fazit: Die Mädchenrealschule ist ein Kleinod in der Bildungslandschaft, dessen Herzstück die Schülerinnen bilden. Die MRS nutzt als Schule in freier Trägerschaft ihre pädagogischen Freiräume, geht auch reformpädagogische Wege in Bildung und Erziehung. Sie ist nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung, sondern ein Ort der ganzheitlichen Erziehung- und Wertevermittlung, in dem das christliche Welt- und Menschenbild gelebt wird.

Eine Schule

mit inoffizieller

Kleiderordnung

Traditionen

erhalten und

Neues wagen

Schwestern gingen,

die Diözese

Eichstätt übernahm

Keine Kommentare