Die Geschichte des Modewarengeschäfts S. Rosenstein

16.9.2013, 16:00 Uhr

Bis 1883 war das Wachthaus vor dem Mönchstor ein eingädiges (einstöckiges) Gebäude von Quadersteinen und bis 1888 unter der Adresse Ludwigstraße 14 zu finden. 1883 erwarb es Sigmund Rosenstein auf Abbruch für 1100 Gulden.

Straßenverbreiterung

Die Kaufmannswitwe Bertha Rosenstein kaufte 1885 ein zweigädiges Haus, das bis zum Jahre 1935 ein bekanntes Geschäftshaus war und unter der Adresse Südliche Ringstraße 2 firmierte. Zur Verbreiterung der Südlichen Ringstraße musste ein Teil des Grundstücks der Stadt Schwabach übertragen werden.

Im ersten Schwabacher Einwohnerbuch von 1898 steht: „Samuel Rosenstein, Modewarengeschäft“. In späteren Auszügen schreibt Rosenstein „gegründet 1858“. In Ermangelung früherer Aufzeichnungen kann nicht gesagt werden, wo diese Gründung in Schwabach stattfand und wann Rosenstein nach Schwabach zuzog.

Nach dem Einwohnerbuch von 1905 lautet nunmehr der Eintrag: „Rosenstein S., Inhaber Moritz Rosenstein“. Die Firma Rosenstein war ab dieser Zeit und für viele Jahre das führende Modehaus der Stadt, zum Beispiel mit seiner „Backfisch-Konfektion für die junge Generation“. Es wurde geführt von Moritz Rosenstein und dem Schwiegersohn Justin Gerstle.

Engagiert und angesehen

Die Stellung des am 14. Mai 1866 in Schwabach geborenen Moritz Rosenstein innerhalb des hiesigen Einzelhandels war herausragend. Rosenstein war Vorsitzender des 1911 gegründeten „Vereins zum Schutze für Handel und Gewerbe in Schwabach e.V.“. Dies war der Vorgänger der späteren und heutigen „Werbe- und Stadtgemeinschaft“.

Auf Grund seines sozialen Engagements war Moritz Rosenstein ein angesehener Mitbürger, denn er kleidete jedes Jahr die Kinder des Waisenhauses kostenlos ein. Die Firma Rosenstein war eines der wenigen Schwabacher Textilgeschäfte, die auf der „Gewerbeschau Schwabach vom 1. bis 10. August 1925 mit einem eigenen Stand vertreten war.

Um 1925, als noch 43 Bürger der jüdischen Gemeinde Schwabach angehörten (0,36 Prozent von etwa 12000 Einwohnern), waren Hermann Feuchtwanger und Moritz Rosenstein Vorsteher des Bezirksrabbinats Schwabach, welches 1932 aufgelöst und dem Bezirksrabbinat Ansbach zugeteilt wurde.

Zwangsweise Schließung 1935

Nach der Machtergreifung Hitlers und der damit einhergehenden Hetzpropaganda gegen die jüdische Bevölkerung erfolgte 1935 die zwangsweise Schließung des Modehauses. Dies dürfte Moritz Rosenstein veranlasst haben, sein Anwesen am 17. April 1935, inzwischen auch noch umbenannt in Adolf-Hitler-Ring 2, für 65000 Reichsmark an die Stadt Schwabach zu veräußern.

Nach einem Total-Ausverkauf des Geschäftes verließen im September 1935 die im dortigen Anwesen wohnenden Betty und Moritz Rosenstein sowie Schwiegersohn und Tochter, Justin und Berta Gerstle, geb. Rosenstein, Schwabach und zogen nach München.

Ermordet im KZ

Moritz Rosenstein starb 1940 in München. Seine Ehefrau wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet. Das Ehepaar Gerstle wurde am 1942 nach Piaska deportiert und dort ebenfalls ermordet. Damit erlitten sie das selbe Schicksale wie viele ehemaligen Schwabacher Juden, die den Holocaust nicht überlebten.

Als einzige Zeitzeugen fanden sich die beiden heute 95-jährigen gebürtigen Schwabacher Eugen Karpf und Eduard Kerling. Sie waren mit ihren Müttern damals öfters bei Rosenstein einkaufen. „Man konnte alles bekommen, was mit Stoffen zu tun hatte.“

Wie Eugen Karpf sich noch gut erinnern kann, erzählte ihm seine Mutter eine nette Geschichte, die mit dem Anwesen zusammenhing. Als junges Mädchen arbeitete sie bei der Firma Wenglein in der Bahnhofstraße (heute Firma BayWa). Am Kirchweih-Montag bekamen sie früher frei und wollten anschließend auf die Kirchweih gehen. Auf ihrem Weg dorthin kamen sie am Geschäftshaus S. Rosenstein vorbei. Justin Gerstle schaute gerade vom ersten Stock zum Fenster heraus. Sie riefen ihm zu: „Herr Gerstle, kreign ma a weng a Kerwageld?“ Gerstle wickelte daraufhin ein paar Münzen in Papier und warf es ihnen zu. Sie bedankten sich und gingen freudig weiter.

Beliebte jüdische Arbeitgeber

Die Schwabacher hatten zu dieser Zeit noch ein gutes Verhältnis zu ihren jüdischen Mitbürgern, insbesondere waren die jüdischen Firmeninhaber als Arbeitgeber beliebt. Eduard Kerling ist noch gut in Erinnerung, dass es in der „schlechten Zeit“ möglich war, in den jüdischen Geschäften auf Abzahlung einzukaufen.

Das einstmals im klassizistischen Stil errichtete Haus wurde während der Nazi-Herrschaft abgebrochen und 1936 durch einen Neubau nach dem so genannten „Heimatschutzstil“ ersetzt. Architekt des Neubaus war Siegfried Wiesner, die bauausführende Firma Ludwig Merz, beide aus Schwabach.

Sandsteinrelief mit Handwerkern

Nach Fertigstellung im Jahre 1936 zogen im Parterre die Sparkasse Schwabach, im ersten Obergeschoß die Stadtkämmerei und im zweiten Obergeschoß das Stadtbauamt ein. Das heute noch an der nordöstlichen Hausecke befindliche Sandsteinrelief wurde vom Schwabacher Bildhauer Andreas Netter nach einem Entwurf von Philipp Kittler geschaffen.

Es zeigt einen Bauern mit Ährenbündel und einen Handwerker mit Hammer. Zwischen beiden steht auf einem Sockel eine Sparbüchse, die auf Fleiß und Sparsamkeit hindeuten soll. Der Segmentbogen mit Hoheitsadler über dem früheren Hauptportal ist heute nicht mehr vorhanden.

Konsum Kaufhaus ab 1958

1958 zog die inzwischen fusionierte Kreis- und Stadtsparkasse Schwabach in den Neubau an der Nördlichen Ringstraße 2 um. In die leeren Räume zog 1958 das „Konsum Kaufhaus Franken“ ein, ein Unternehmen der Konsumgenossenschaft Franken.

Nachdem im Laufe der Zeit der Platz für das Kaufhaus Franken zu eng wurde, hat man 1970 die gegenüber liegenden Anwesen in der Ludwigstraße 7 und 9 (Cafe Röck und Gasthof zur Rose) gekauft, abgebrochen und einen für damalige Verhältnisse modernen Neubau durch die „co op“ Franken Konsumgesellschaft errichtet.

Filiale eines Bekleidungshaus

Nach einigem Leer-Stand des ehemaligen Rosenstein-Hauses eröffnete im März 1971 die Firma ARO ihr Fachgeschäft für Teppiche und Teppichböden. 1981 zog sie ins Gewerbegebiet Falbenholz um. Nach erneutem Umbau eröffnete am 12. März 1982 das Nürnberger Bekleidungshaus Käferlein ihre Schwabacher Filiale. Noch heute ist es am Eingang zur Altstadt ein wichtiger Anziehungspunkt.

Grundlagen dieses Berichtes sind Unterlagen des Stadtarchivs Schwabach und München, Aufzeichnungen und Fotos aus dem Privatarchiv von Hans P. Grießhammer, Aufzeichnungen aus dem Buch „vergessen und verdrängt — Schwabach 1918 — 1933“ sowie aus der Facharbeit aus dem Leistungskurs Geschichte aus dem Jahre 1993/95 von Phillip Drescher

Keine Kommentare