Die Welt ist ein Dorf, oder: Schwabach ist überall

17.9.2017, 06:00 Uhr
Las Vegas bei Nacht. Irgendwo dort unten saß auch Winfried Klinger.

© Gerner Las Vegas bei Nacht. Irgendwo dort unten saß auch Winfried Klinger.

Das Schöne an Amerika ist, dass es so groß ist. Für mich sind diese endlosen Weiten in Nevada, Arizona und Utah entspannendes Augenfutter. Grand Canyon, Bryce Canyon, Canyonlands-Nationalpark, Antelope-Canyon, Monument Valley, und, und, und. Vielleicht war ich in diesem Sommer deshalb schon zum dritten Mal dort (zu meiner Entschuldigung: Meine Frau hatte die wirklich preiswerten Flüge gebucht, bevor Häuptling Orange-Locke zum Präsidenten gewählt wurde).

Wie dem auch sei: Wer durch die endlosen Weiten von Utah, Arizona und Nevada fährt, der stößt früher oder später trotzdem auf eine Stadt. Zum Beispiel auf Las Vegas. Ich kam dort am Labor-Day-Wochenende an, dem letzten langen Wochenende vor dem Ende der amerikanischen Sommerferien. An jenem Wochenende also, an dem jährlich halb Los Angeles und halb San Francisco in den Super-Casinos von Las Vegas Haus und Hof verzocken.

Im Strom der Menschenmassen

Millionen von Menschen also in der Glücksspiel-Metropole, Millionen Menschen auch auf dem "Strip", jener gut vier Kilometer langen Kasino-Prachtallee. Und wer sitzt, während ich mich am späten Abend bei gefühlten 35 Grad gerade vom "Paris" in Richtung "MGM" zwänge, in aller Seelenruhe auf einer Mauer und schaut dem atemberaubenden Treiben belustigt zu? Winfried Klinger, der Chef der hiesigen Stadtwerke. Die Welt ist ein Dorf und Schwabach ist überall!

Klinger ist wie ich Amerika-Fan, auch Klinger findet das Land (nicht unbedingt alle Amerikaner) super, und nach Las Vegas kam er, "weil ich nochmal all diese Verrückten sehen wollte, bevor es wieder zurückgeht", wie er launig erzählte. Er musste ein paar Tage später tatsächlich zurück, weil in Schwabach der "Tag der Wirtschaft" anstand, wo Klinger in nicht ganz so verrückte Wettbewerbe wie dem Ziehen eines Stadtbusses involviert war.

Ich habe mich beim Wort "Verrückte" selbstverständlich nicht explizit angesprochen gefühlt und mich stattdessen an meinen Besuch im Arches-Nationalpark eine Woche zuvor erinnert. Dort gab es zwar nicht Millionen von Menschen, sondern nur viele schöne Steinformationen. Unter den wenigen Zweibeinern, die zu sehen waren, war allerdings auch ein entfernter Bekannter aus Roth, der ein Jahr nach mir Abitur gemacht hat, und der mir zufällig über den Weg lief. "Das gibt’s jetzt nicht" begrüßte er mich, "das gibt’s jetzt nicht", antwortete ich gleichlautend. Er machte mit seinem Handy ein Selfie von unseren Familien (die entsprechende WhatsApp kam erst eine Woche später bei mir an, weil die Funklöcher in den USA die Größe des Ozonlochs über Australien haben). Wir plauderten ein Viertelstündchen und zogen wieder unserer Wege.

So gingen wir unserer Wege

Er hatte es eilig, ich auch, die Zeit des Sonnenuntergangs nahte, die beste Zeit zum Fotografieren. Natürlich ist auch er wieder längst zurück in Deutschland. Der Grund für die schnelle Rückkehr hatte, wie bei Winfried Klinger, ebenfalls mit Ziehen zu tun. Allerdings musste er keinen Bus ziehen. Vielmehr ist mein entfernter Bekannter Zahnarzt.

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