Echt stark: Die integrative Kraft des Sports

24.12.2018, 06:00 Uhr
Echt stark: Die integrative Kraft des Sports

© Fotos: JFG Wendelstein

Im Jahre 2005 geboren, erlitt Adrian als Säugling einen Schlaganfall mit schwerwiegenden Folgen. Seine spastischen Lähmungen betreffen einen Arm und ein Bein. Mehrere Operationen haben Linderung gebracht, aber natürlich keine Heilung. Doch der 13-Jährige hat seinen Körper inzwischen ganz gut im Griff. Wer ihn im Alltag beobachtet, würde kaum darauf kommen, dass er zu 75 Prozent schwerbehindert ist.

Adrian wollte schon immer mit seinen Altersgenossen mithalten - trotz seiner Einschränkungen. Schon in jungen Jahren kam er in einer Kindermannschaft des JFG-Stammvereins TSV Röthenbach/St.W. zum Einsatz. Immer wurde er von seinen Trainern gefördert und unterstützt. Derzeit spielt er in der U 15/III der JFG Wendelstein in der Kreisklasse. Er gilt als sehr zuverlässiger Verteidiger, sein Team steht in der Kreisklasse aktuell auf einem Aufstiegsplatz zur Kreisliga.

Mit viel Ehrgeiz

Sich unter gesunden Kindern derart zu behaupten, ist auch in Adrians Liebe zu seinem Sport begründet, dem er immer mit sehr viel Ehrgeiz nachgeht. Große Unterstützung erhält der Jungkicker von seiner Mutter Anja. Sie kann aber nicht alle Energie auf Adrian verwenden, sondern kümmert sich auch um dessen kleinen Bruder Tobias, der ebenfalls für die JFG Wendelstein die Schuhe schnürt.

Reichlich Einsatzzeit

In der U 15/III geben die aktuellen Trainer Herschel/Bengler dem 13-Jährigen viel Einsatzzeit. So viel, dass er inzwischen von Conny Frank Fritsch, Abteilungsleiter und Landesauswahltrainer "Fußball CP" im BVS Bayern, dem Dachverband für Behindertensport und Fachverband für Rehabilitationssport, in die Bayernauswahl berufen worden ist.

Echt stark: Die integrative Kraft des Sports

Den Kontakt hergestellt zu Fritsch haben die Ex-Wendelsteinerin Gia Corley und ihre Mutter Cornelia, die den Fachmann in diesem Jahr beim Landessportfest in Nürnberg getroffen und auf Adrian aufmerksam gemacht haben.

Bei Landesauswahl-Lehrgängen konnte Adrian Rogulj schon mitmachen, am liebsten würde ihn Conny Frank Fritsch auch gleich in die Nationalmannschaft Fußball CP berufen, die er ebenfalls trainiert. Hier muss sich der 13-Jährige aber noch zwei Jahre gedulden. Denn die Altersregelung hierfür lässt einen Einsatz in der Nationalmannschaft erst ab 15 Jahren zu.

Auch in der Landesauswahl ist Adrian der mit Abstand jüngste Spieler. "Mich freut es aber, dass er hier ohne Furcht rangeht und im Training auch immer versucht, sein Bestes zu geben und zu bestehen", so Fritsch.

Der "Fußball CP" ist eine sehr junge "Sportart" in Deutschland. Die Nationalmannschaft wurde erst Anfang 2014 gegründet, die Landesauswahl Bayern gar erst im Oktober 2017. Allerdings gibt es Fußball CP international schon sehr lange, und es war auch über 20 Jahre lang paralympisch, bis es 2016 aus den paralympischen Disziplinen genommen wurde. Es sieht aber ganz gut aus, dass die Kicker mit spastischen Lähmungen 2024 in Paris wieder paralympisch sein werden.

Die Regeln der CP-Fußballer unterscheiden sich zum "normalen" Fußball eigentlich nicht großartig. Gespielt wird auf dem U13-Feld und auf die U13-Tore. Man spielt Sieben-gegen-Sieben, das Spiel dauert zweimal 30 Minuten. Der größte Unterschied: Es gibt kein Abseits.

Das Training mit CP-Fußballspielern unterscheidet sich ebenfalls nicht groß vom Fußballtraining von "Nichtgehandicapten". Jeder Spieler hat irgendeine Einschränkung (beispielsweise eine Spastik auf einer Seite) und kann manche Übungen nur sehr schwer ausführen. Darauf müssen die Trainer achten. Die meisten der Spieler kicken integrativ in Mannschaften mit "gesunden Spielern" zusammen (wie Adrian Rogulj auch) – einige sogar in relativ hohen Ligen. "Das ist aus meiner Sicht auch sehr gut, denn man verbessert sich nur, wenn man auf höchstmöglichen Niveau spielt und gefordert wird", erklärt Auswahltrainer Fritsch.

Schon eine gute Figur gemacht

Beim CP Fußball werden alle Spieler klassifiziert und in die Klasse FT1, FT2 oder FT3 eingestuft. FT1 hat die schwersten gesundheitlichen Einschränkungen, FT3 die geringsten. Es muss immer mindestens ein FT1-Spieler auf dem Platz sein und es darf höchstens ein FT3-Spieler spielen. Adrian Rogulj ist relativ sicher von der Klassifizierung her FT2.

Fritsch lobt den Wendelsteiner,
der eine Schule in einer Behinderteneinrichtung in Altdorf besucht, als "sehr talentierten Spieler mit einer relativ guten Technik. Als mit Abstand jüngster Spieler hat er es natürlich etwas schwerer, aber ich mache mir da bei ihm keine Sorgen, denn bei den bisherigen Einheiten hat er schon eine gute Figur gemacht, und sicherlich ist er in naher Zukunft definitiv auch ein Kandidat für die deutsche Nationalmannschaft Fußball CP".

Dem sportlichen Leiter und stellvertretenden Vorsitzenden der JFG Wendelstein, Darek Romanek, sowie Vorsitzendem Walter Sigl ist der Spagat zwischen den leistungsorientierten Teams und denen im Breitensport immer sehr wichtig. "Gerade Adrians Entwicklung ist hier ein sehr gutes Beispiel", findet Romanek.

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