Farbige Zeitreise am Tag des offenen Denkmals

20.9.2014, 10:43 Uhr
Farbige Zeitreise am Tag des offenen Denkmals

© Foto: ukb

Eingeladen hatte dazu Stadtheimatpflegerin Ursula Kaiser-Biburger, um das bundesweite Thema „Farbe“ ihrer Zuhörerschaft mit einem aufschlussreichen Vortrag über „Neue Befunde zur historischen Farbigkeit in Franken“ mit dem Oberkonservator Thomas Wenderoth vom Bayerischen Landesamt für Denkmalspflege näher zu bringen.

Farbiges neu entdeckt

Gerade unter dem Aspekt „Farbe“ hat man in den letzten fünf Jahren durch restauratorische und bauhistorische Untersuchungen in und an historischen Bauwerken viel Neues entdeckt, was man vorher nicht für möglich gehalten hätte.

Als Beispiel für die Innenraum-Gestaltung griff Thomas Wenderoth diese sonderbar erscheinende Wandgestaltung von Küchen im 17. und 18. Jahrhundert mit farbigen, kontrastiven Farbpunkten heraus. Ausschließlich in diesem „Reich der Frauen“ habe man diese Art der Mehrfarbigkeit (Polychromie) entdeckt. Bislang ging man von einer dunklen Rauchküche mit offener Kaminhaube aus.

Doch nicht nur die beiden Küchen von Schloss Ratsberg mit gelber Ockerfarbe und roten Punkten, die entdeckt wurden, haben die Fachleute eines Besseren belehrt. Thomas Wenderoth zeigte an einigen unterschiedlichen Bild-Beispielen, dass dies keineswegs eine Einzelerscheinung gewesen sei, sondern dass hier Farbpigmente in allen möglichen bekannten Farben wie Rot, Ocker, Grau und Weiß verwendet worden seien, um Wand und Küchendecken gleichermaßen zu schmücken.

Ein zweiter Schwerpunkt des Referats zur neuen Farbigkeit bezog sich auf den äußeren Anstrich eines Gebäudes. Dazu führte Thomas Wenderoth seine die Zuhörerschaft bildlich in die Synagogengasse 5 zur früheren Judenschule. Dieses Haus war 1707 von einem Bierbrauer erbaut mit großen Lagerböden gebaut worden, ehe es 1727 an die damalige jüdischen Gemeinde verkauft wurde. Diese nutzte es zunächst als Wohnhaus, dann als Schule und auch als Hospital.

Bemerkeswerter Fund

Im letzten Jahrhundert hatten sich seine Besitzer durch etliche Farbanstriche „verewigt“. Deshalb war es bemerkenswert bei der derzeitigen Sanierung, dass der Restaurator an einer schwer zugänglichen Außenwand, die eng an das Nachbarhaus angrenzte, einen noch fast unberührten schwarzen Wandanstrich entdeckte, der aus der Bauzeit stammte.

Thomas Wenderoth erläuterte, dass nur aufgrund der Enge all die Jahre über diese Wandfarbe zwar sehr stark durch den „Zahn der Zeit“ in Mitleidenschaft gezogen, aber insgesamt doch unberührt geblieben sei. Wenderoth machte die Zuhörerschaft darauf aufmerksam, dass man sich eben von heutigen Geschmacksvorstellungen lösen müsse. Im Barock hatte man andere farb-architektonische Vorstellungen umgesetzt.

Ursula Kaiser-Biburger verwies in diesem Zusammenhang auch auf das frühere Fischerhaus in der Rosenberger Straße. Viele Menschen seien mit der ausgewählten Fassade nicht zufrieden und würden dies als „langweilig“ bezeichnen.

Vor diesem Hintergrund aber sei die Farbauswahl mit dem ganz hellen Grau, das monochrom aufgetragen wurde, für das stattliche Gebäude der früheren Stadtfischer durchaus angemessen. Auch im Mittelalter, so Kaiser-Biburger, seien die Fachwerk- Häuser verputzt worden. Erst durch die Anordnungen der Nationalsozialisten sei es zur Freilegung des Fachwerks aus politischen Gründen gekommen.

Vornehm um 1900

Wie sich dies auf die gesamte Optik der Häuserumgebung auswirkte, wurde der Gruppe beim Gang zur Stadtkirche mit dem Blick auf die Häuserzeilen am Marktplatz verdeutlicht. Um 1900 habe man hier nur verputzte Häuser sehen können, die eine andere von gutbürgerlicher Vornehmheit geprägte Wirkung erzielte.

Dass die farbliche Gestaltung eng mit historischen Einflüssen verbunden ist, belegte die Besichtigung der Stadtkirche mit ihrer neuen Innenraumschale. Anhand von Zeichnungen und der jetzigen Kirchenraumschale verdeutlichte Thomas Wenderoth die Geschichte dieser Kirche. Während für das Hauptschiff ein Anstrich von 1600 gewählt wurde, als erster einheitlicher Anstrich in der reformatorischen Zeit, zeige der Chor ein anderes Bild, das sich an der Spätgotik orientiert habe, wobei die ursprüngliche weiße Fensterfassung nicht aufgegriffen wurde, die erst durch die Bauforschung entdeckt wurde.

Erkennbar wurde dies an einem Fenster, das durch den Bau der Sakristei quasi zugebaut wurde und nun für die Kirchenbesucher nicht mehr sichtbar ist. Sowohl der Oberkonservator als auch die Stadtheimatpflegerin bedauerten sehr, dass die durch die Baugeschichte gewonnenen Erkenntnisse sich nicht in der Übernahme des ersten spätgotischen Farbanstriches gemündet hätten. Denn da hätte sich eine Kirche präsentiert, die mittels der Farben auch ihre unterschiedlichen Bauphasen verdeutlicht hätte, die immerhin rund 90 Jahr angedauert habe.

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