Faust saß zu locker: Bewährungsstrafe für 35-Jährigen

28.4.2015, 08:45 Uhr

„Gewalttaten im öffentlichen Raum mögen wir gar nicht“, sagte Staatsanwalt Jan Skibelski, „und Widerstand gegen Polizeibeamte überhaupt nicht.“ Er beantragte deshalb gegen einen 35-jährigen, derzeit arbeitslosen Mann aus dem nördlichen Landkreis Roth eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Ohne Bewährung.

Friedrich E. (Name geändert) habe sich zudem des Hausfriedensbruches und einer Beleidigung strafbar gemacht haben, so der Staatsanwalt.

Nicht so dramatisch sah das freilich Rechtsanwalt Andreas Hauptstock (Schwabach). „Strafe muss sein“, so der Verteidiger, „aber auf keinen Fall Haft“, sagte er mit Verweis auf die Geständnisse seines Mandanten.

Doch der Reihe nach: Laut Anklage hielt sich Friedrich E. am 25. November 2013 in einem Einkaufscenter auf, obwohl er dort Hausverbot hatte. Als der Gebäudeeigentümer ein Video von dem 35-Jährigen machen wollte, schlug ihm dieser mit der Faust mindestens einmal auf die linke Gesichtshälfte.

Vereitelter Angriff

Am 30. November 2013 versuchte E. in der U-Bahn-Station Maximilianstraße einen ihm völlig Unbekannten zu schubsen. Der Mann wehrte sich und brachte vor den Augen eines Polizeibeamten in Zivil den Angreifer zu Boden. Als der Beamte die Ausweispapiere des 35-Jährigen sehen wollte, leistete er Widerstand und schlug dem Polizisten mit der Faust auf das rechte Auge.

Im Juli 2014 warf der Angeschuldigte einen Brief in den Briefkasten einer jungen Frau, in dem er sie beleidigt haben soll. „Ein hübscher Hintern kann auch entzücken“, schrieb E. unter anderem. „Hierdurch wollten Sie kundtun, dass Sie in der Frau ein gefügiges Objekt Ihres sexuellen Verlangens erblickt haben“, meinte der Ankläger.

Letzteres habe er nicht böse gemeint, sagte Friedrich E. und entschuldigte sich bei der im Gerichtssaal anwesenden Frau. An den Widerstand gegen den Polizeibeamten konnte er sich nicht so recht erinnern, da er „reichlich berauscht“ war, wie Hauptstock sagte. Immerhin ließ sich nach einem Gutachten zurückrechnen, dass E. zum Tatzeitpunkt um die 3,0 Promille Alkohol im Blut hatte. Der Polizeibeamte, dem der 35-Jährige eine verpasst hatte, zeigte zudem wenig Belastungseifer. „Ich hatte wohl Schmerzen, aber kein blaues Auge“, sagte der Polizist, der auch die Entschuldigung des Mannes annahm.

Überzeugendes Video

Nur bei der im ersten Anklagepunkt erwähnten Körperverletzung tat sich Friedrich E. schwer, sein Fehlverhalten einzugestehen. Der Hausbesitzer, den der Anwalt nicht als „Blockwart“ bezeichnen wollte, habe zuerst die Hand gehoben, meinte der 35-Jährige. Staatsanwalt, Hauptstock und Richterin Birgit Eckenberger sahen auf dem mehrmals abgespielten Video aber stets Friedrich E. als Angreifer. Anwalt Hauptstock erbat eine Sitzungsunterbrechung, nach der E. auch diesen Tatvorwurf einräumte.

Vier Einträge im Bundeszentralregister (Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Dienstflucht, Leistungserschleichung und fahrlässige Trunkenheit im Verkehr) musste die Richterin vorlesen, dann forderte Staatsanwalt Jan Skibelski die nicht unerhebliche Strafe.

Die Körperverletzungen blieben ohne gravierende Folgen, sagte dann der Schwabacher Anwalt. Die Beleidigung sei einer unglücklichen Liebe seines Mandanten zu schulden und bei dem Hausfriedensbruch habe E. wohl was falsch verstanden. Er sei davon ausgegangen, dass das Hausverbot nur während der Geschäftszeiten gelte.

Da die Steuerungsfähigkeit seines Mandanten bei dem Vorfall mit dem Polizeibeamten stark eingeschränkt war, plädierte Hauptstock für eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr auf Bewährung. „Es liegen keine Umstände vor, die eine Vollstreckung gebieten würden“, so der Anwalt.

Alkohol ist keine Ausrede

Zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilte die Richterin schließlich den 35-Jährigen und zur Ableistung von 150 Stunden Sozialarbeit. „Da Sie arbeitslos sind, haben Sie ja Zeit“, sagte Birgit Eckenberger, machte aber deutlich, dass die Verfehlungen E.s „nicht ohne“ waren. „Alkoholisierung entbindet nicht vor Strafe“, schrieb sie Friedrich E. ins Stammbuch, und dass er damit in Zukunft vorsichtiger umgehen müsse.

 

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