Franz-Josef Strauß machte 1984 Wahlkampf in Schwabach

3.9.2015, 09:01 Uhr
Franz-Josef Strauß machte 1984 Wahlkampf in Schwabach

© Foto: Höschle

In Schwabach hatte er 1984 für die wohl größte politische Versammlung in der Geschichte der Stadt gesorgt. Rund 5000 Menschen waren zu seinem Wahlkampfauftritt auf den Marktplatz gekommen.

Eingeladen hatte den bayerischen Ministerpräsidenten der damals jüngste Landtagsabgeordnete Karl Freller als Unterstützung für den OB-Kandidaten Adolf Funk.

Franz-Josef Strauß machte 1984 Wahlkampf in Schwabach

© Foto: Streibl

Ein Gespräch mit beiden über persönliche Erinnerungen, das Phänomen Strauß und den Streit um die Erinnerungsfeier:

Herr Freller, der 16. März 1984: Zwei Tage vor der Kommunalwahl kommt der große Vorsitzende ausgerechnet ins kleine Schwabach. Wie das?

Freller: Ich hatte ihn schriftlich eingeladen. Und als ich die Zusage bekam, hieß es, dass das die CSU-Abschlusskundgebung des bayerischen Kommunalwahlkampfs wird. Das war schon eine große Ehre.

Herr Funk, Ihnen als Gegenkandidat von SPD-OB Hartwig Reimann sollte der Auftritt ja helfen. Die Wahl ging aber klar an Reimann. Wie denken Sie an den Abend zurück?

Funk: Für mich war der Abend ein wunderschönes Erlebnis. Anschließend waren wir noch drei Stunden in Karl Frellers „Dachboden“ beim Essen zusammengesessen. Da ist Strauß ins Reden gekommen. Das war eine Geschichtsstunde par excellance über die Entwicklung der CSU und Bayerns. Über die Richtungskämpfe mit CSU-Gründer Alois Hundhammer, über Bayerns Weg zum Industriestaat. Ich hatte so etwas noch nicht erlebt.

Freller: Ich auch nicht. Eigentlich wollte er nur kurz zum Abendessen kommen. „Ham’s was G’scheits zum Essen, dann komm ich auf ’ne halbe Stund’“, hat er gesagt. Und dann hat es ihm so gut gefallen, dass er sogar einen anderen Termin abgesagt hat und geblieben ist.

Funk: Auch dem Richard Stücklen, damals Bundestagsvizepräsident, hat es gut gefallen. Auch der wollte bleiben, statt zu einem Wahlkampftermin nach Wendelstein. Aber Strauß hat zu ihm gesagt: „Richard, die Leute warten auf Dich, jetzt musst gehen.“ Ein paar Jahre später habe ich Strauß einmal zufällig in Salzburg in einem Restaurant getroffen. Als er mich gesehen hat, hat er gelacht, auf mich gezeigt und gesagt: „Schwabach.“ Der Abend war ihm in guter Erinnerung geblieben.

Herr Freller, heute sind Sie einer von nur noch fünf Abgeordneten, die Strauß noch live im Landtag erlebt haben. Damals aber waren Sie noch ein Nachwuchspolitiker. Für Sie war das sicher eine besondere Begegnung.

Freller: Seitdem hat er sich immer wieder nach meiner Familie erkundigt. Der Abend hat mir für meine weitere Arbeit außerordentlich viel gebracht.

Offenbar nicht so viel gebracht hatte die eigentliche Wahlversammlung.

Funk: Für den Kommunalwahlkampf hat der Abend tatsächlich nichts gebracht, wohl aber für die Stadt. Strauß hatte angekündigt, dass das neue Stadtkrankenhaus in der Krankenhausplanung vorgezogen wird und hat es gehalten.

Vielen sind die massiven Sicherheitsmaßnahmen in Erinnerung. Die Polizei hatte den Marktplatz mit einem Großaufgebot abgeriegelt.

Funk: Dieser martialische Auftritt hat uns leider die Versammlung kaputt gemacht. Da war kein Kontakt zu den Leuten möglich.

Freller: Das haben auch wir als ganz schlecht empfunden.

Strauß war ja ein Mann klarer Worte, der mit seinen politischen Gegnern hart ins Gericht ging. Wie aufgeheizt war die Stimmung?

Funk: Gar nicht. Strauß war ganz nüchtern und sachlich.

Freller: Nach der Rede hatte eine Frau zwei Stunden in der Kälte auf ihn vor unserem Haus gewartet, um ihm drei Nelken zu überreichen. Da hat er den Arm um die Frau gelegt und sie gedrückt. Das war so eine schöne Szene, die gezeigt hat, was für ein leutseliger Mann das war.

War er auch deshalb so beliebt?

Freller: Er hat echte Volksnähe gelebt. Er hat zum Beispiel Stapel von Petitionen an den Landtag persönlich gelesen und sich um einzelne Bürgeranliegen gekümmert. Damit war er mitten in Leben. Er war nicht unnahbar, man konnte ihn leicht ansprechen. Das hat mich fasziniert. Und er konnte komplexe Sachverhalte einfach und anschaulich darstellen. Das war seine Stärke.

Funk: Strauß war ein Vorbild für mich. Ich bin in die CSU, weil er uns Heimatvertriebenen gesagt hat: „Ihr gehört dazu!“ Und weil er Bayern zu einem Industriestandort gemacht, der auch den Flüchtlingen neue Chancen gegeben hat.

Wer an Franz-Josef Strauß denkt, denkt auch an Politiker wie Willy Brandt oder Herbert Wehner von der SPD und an die erbitterten, auch sehr persönlich geführten Auseinandersetzungen. Kein Vergleich zu heutigen Politikergeneration wie Merkel oder Steinmeier.

Funk: Das waren damals Politiker mit Ecken und Kanten. Da war nichts glatt geschliffen, und die hätten sich auch nicht glatt schleifen lassen.

Freller: Das war die Kriegsgeneration, die direkt und deutlich formuliert hat, was sie braucht. Strauß war für damals der Richtige. Heute würde dieser Stil so nicht mehr funktionieren, denn heute ist der Stil der Auseinandersetzung deutlich zurückhaltender.

Funk: Aber die Spannung ist auch weg.

Für Spannung hat Strauß auch durch Skandale gesorgt. Jetzt gibt es neue Enthüllungen, dass er von großen Firmen Geld erhalten haben soll. Vielen galt er auch als Rechtsaußen. Wie sehen Sie diese andere Seite von FJS?

Freller: Strauß hat viel für Israel getan. Der Vorwurf, er sei in der rechten Ecke gestanden, ist nicht nachvollziehbar. Klar gab es auch Fehler. Aber man muss doch die Lebensleistung sehen: Und die ist eindeutig.

Funk: Mich hat immer gestört, dass Kritiker persönlich werden, wenn ihnen politisch nichts mehr einfällt. Heute sehe ich auch Politiker wie Brandt, dessen Ostpolitik ich damals als „Ostanbiederung“ empfunden und bekämpft habe, ganz anders. Brandt hatte recht, ich habe mich geirrt.

Die Opposition im Landtag bleibt der morgigen Feierstunde für Strauß fern. Die FDP fordert eine Umbenennung des Franz-Josef-Strauß-Flughafens.

Freller: Das ist kleinkariert und schäbig und so etwas von peinlich. Da fehlt die innere Größe.

Funk: Ein Zeitungskommentar hat die FDP-Forderung als „Pinschergebelle“ bezeichnet. Genau das ist es. Wenn ich an Franz-Josef Strauß zurückdenke, dann sage ich: Das war eine gute Zeit für Bayern.

 

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