Gebhard Kindl hat sein Buch über Adolph von Henselt vorgestellt

3.5.2014, 08:29 Uhr
Gebhard Kindl hat sein Buch über Adolph von Henselt vorgestellt

© Wilhelm

Nach zweijähriger Arbeit haben er und seine Frau Ursula das erste Exemplar an Kulturamtsleiterin Sandra Hoffmann-Rivero und Stadtmuseumsleiter Jürgen Söllner überreicht. Rechtzeitig zum Henselt-Festival, mit dem die Geburtsstadt den 200. Geburtstag des großen und zu Unrecht fast vergessenen Musikers vom 8. bis 11. Mai feiert.

Der Autor: Gebhard Kindl war Ingenieur bei der Bundesbahn. Doch er und seine Gattin Ursula sind auch leidenschaftliche Musiker. Ursula Kindl spielt Klavier, Gebhard Kindl war 30 Jahre Kontrabassist des Fürther Kammerorchesters. Henselts Musik begegneten sie zufällig, als Ursula Kindl ein Stück im Radio hörte und begeistert war.

Zeit im Archiv

Mittlerweile betreut Gebhard Kindl — unterstützt von seiner Frau — ehrenamtlich das Henselt-Archiv im Museum mit bemerkenswerter Akribie. „Ich dachte, dass ich das mal sechs Wochen ordne. Daraus sind zehn Jahre geworden“, erzählt Kindl. „Für das Stadtmuseum ist das Ehepaar Kindl ein Glücksfall“, betont Jürgen Söllner.

Das Buch: Nach Henselts Memoiren und Briefwechseln füllen die Notizen, Kritiken, weitere Briefe und Nachrufe nun Kindls drittes Henselt-Buch. 816 Seiten, über 1000 Quellen, 1300 Gramm schwer: Es ist sowohl Nachschlagewerk als auch Lesebuch, das mit vielen Episoden Einblick in Henselts Leben und Persönlichkeit gibt. „So ist eine Art Biografie entstanden“, erklärt Gebhard Kindl.

Stationen des Musikers

Henselts Lebensstationen: Drei Jahre Schwabach (1814 — 1817), 15 Jahre München (1817 — 1832), 3 Jahre Wien (1833 — 1836), 2 Jahre Konzertreise durch Deutschland (1836 — 1838) und 51 Jahre St. Petersburg (1838 — 1889), wo er am Zaren-Hof Karriere als Musikpädagoge gemacht hat.

Henselts familiärer Hintergrund: Sein Vater ist Anteilseigner von Schwabachs größter Kattunfabrik im ehemaligen Kasernenschulhaus in der Penzendorfer Straße.

„Ein Königssohn war er sicher nicht“, kommentiert Kindl eine entsprechende Theorie (War Adolph Henselt ein uneheliches Kind von König Ludwig I.?).

Als Henselt drei ist, übernimmt der Vater eine Firma in München, allerdings ohne Erfolg. Die Familie mit ihren zehn Kindern lebt in ärmlichen Verhältnissen. Dann stirbt erst die Mutter, kurz darauf der Vater. Mit zehn Jahren ist Henselt Vollwaise. „Für mich ist es faszinierend, wie er sein Leben gemeistert hat“, sagt Gebhard Kindl. Gönner erkennen sein musikalisches Talent und unterstützen ihn.

Bei der None war nicht Schluss

Henselt, der Pianist und Komponist: Zeitgenossen sind fasziniert von seinem Spiel. „Er wurde in einem Atemzug mit Größen wie Liszt, Chopin und Thalberg genannt. Seine Stücke sind schwer zu spielen, aber sehr gut zu hören“, beschreibt Kindl sein Werk. Charakteristisch ist seine Weitgriffigkeit. Henselt kann mit einer Hand elf weiße Tasten greifen. Deshalb klingt er fast orchestral, als würde man mit vier Händen spielen.

Henselts Handicap: Seine Konzerte begeistern die Zuhörer. „Doch er hatte so starkes Lampenfieber, dass er schon früh öffentliche Konzerte eingestellt hat“, sagt Kindl. Das verhindert eine größere Karriere.

Henselt, der Musikpädagoge: Nach St. Petersburg geht er als junger Musiker. „Und auf Anhieb wird er ein Star“, sagt Kindl. Die Zarin hört ihn bei einem Konzert und macht ihn zum Hofpianisten. Gleichzeitig unterrichtet er Kinder aus adeligen Familien. „Dadurch wurde er wohlhabend“, erklärt Ursula Kindl.

Keine Nachkommen

Henselts Heirat: Noch in Deutschland heiratet er 1837 seine Frau Rosalie, die aus erster Ehe vier Kinder hat. Für den jungen Musiker verlässt sie einen angesehenen Arzt. Der gemeinsame Sohn wird Soldat, erliegt mit 39 einer Krankheit und stirbt kinderlos. „Deshalb hat Henselt heute keine Nachkommen mehr“, erläutert Kindl.

Henselt und die Frauen: „Es gibt Berichte, die schildern, wie er im Schlafrock Klavier spielt und seine Schülerinnen ihn anhimmeln und lauschen“, berichtet Gebhard Kindl. „Er hatte wohl auch eine Geliebte, hat aber später seine kranke Frau liebevoll gepflegt. Die beiden hielten zusammen.“

Henselts Charakter: Gebhard Kindl schildert eine Lieblingsepisode: „Als er mit einer Klavierschülerin unzufrieden war, nahm er wütend die Noten und warf sie auf den Boden. Das Mädchen, eine adelige Tochter, blieb ganz ruhig und fragte nur: Und wer hebt die jetzt auf? Henselt musste sie nolens volens aufheben. Er wollte ja seine Kundschaft nicht verlieren.“

Ein toller Gastgeber

„Er hat sehr viel verlangt“, glaubt Ursula Kindl. „Doch seine Schüler haben ihn sehr geschätzt.“ Eigene Konzerte gab er nur noch privat für Freunde wie den Schriftsteller Christian Andersen. „Er war ein scheuer Künstler und ein toller Gastgeber“, beschreibt ihn Gebhard Kindl. „Er war traurig, dass er keine stabiles Nervenkostüm hatte, aber er hat nicht damit gehadert. Ich glaube, Henselt hat ein glückliches Leben geführt.“

Gebhard Kindls Buch ist in der Schriftenreihe des Stadtmuseums Schwabachs in einer Auflage von 500 Exemplaren erschienen. Erhältlich ist es zum Preis von 25 Euro in den Buchhandlungen Kreutzer und Lesezeichen sowie bei der Festival-Matinee am Sonntag, 11. Mai, ab 11 Uhr im Bürgerhaus. Den Reinerlös spendet Kindl dem Förderverein des Stadtmuseums.
 

Keine Kommentare