Glosse: Die freundliche Übernahme Kammersteins

12.11.2017, 05:58 Uhr
Schwabacher Markenbotschafter im Kammersteiner Außeneinsatz, hier bei der Kronjuwelenhochzeit des Ehepaares Jung.

© Fotos: Frank, Schmitt Schwabacher Markenbotschafter im Kammersteiner Außeneinsatz, hier bei der Kronjuwelenhochzeit des Ehepaares Jung.

Wahrscheinlich hat Schwabach Ende des Jahres knapp 3000 Einwohner mehr. Kammerstein wird dann nämlich keine eigene Gemeinde mehr sein, sondern ein neuer, attraktiver Ortsteil der Goldschlägerstadt. Eine Bestätigung des zuständigen Bayerischen Innenministeriums zu dieser kleinen Gebietsreform steht zwar noch aus. Doch es gibt einige untrügliche Indizien.

Erstens: die Kronjuwelenhochzeit des Ehepaars Paul im Kammersteiner Ortsteil Barthelmesaurach. Bevor der zuständige Rathauschef Walter Schnell sein Geschenk hatte einkaufen können, waren schon die Händeschüttler aus der Nachbarstadt da: Landtagsabgeordneter Freller, Oberbürgermeister Thürauf, CSU-Fraktionschef Paul (gut, er ist der Sohn des Jubelpaars) und, um die CSU-Riege komplett zu machen, der heimische Landtagsabgeordnete Volker Bauer samt CSU-Gemeinderätin Regina Feuerstein.

Erste Gratulanten

Noch ehe dieser Besuch die Region in eine veritable diplomatische Krise schlittern lassen konnte, fuhr die Reisegesellschaft gleich ein paar Häuschen weiter, was uns zum nächsten Punkt bringt, nämlich Zweitens: der Geburtstag des verdienten Kommunalpolitikers Heinrich Volkert. Der war Gemeinderat in Kammerstein und Kreisrat in Roth, aber jetzt waren die Schwabacher Freller und Thürauf schon wieder die ersten Gratulanten bei seinem "80.".

Auch anlässlich des 80. Geburtstags von Heinrich Volkert waren die fleißigen Schwabacher unterwegs.

Auch anlässlich des 80. Geburtstags von Heinrich Volkert waren die fleißigen Schwabacher unterwegs.

Die Frage ist: Steckt da System dahinter oder ist es nur ein Buhlen um Aufmerksamkeit im Vorfeld der nächsten Wahlen? Letzteres wäre eigentlich gar nicht nötig. Karl Freller ist schließlich seit knapp 100 Jahren Landtagsabgeordneter für Nürnberg-Süd (mit Schwabach) und braucht nächsten Herbst aus Kammerstein gar keine Stimmen, weil er seinen Stimmkreis ohnehin wieder direkt gewinnt. Und bei Matthias Thürauf (OB-Wahl 2020) weiß man ja noch nicht einmal, ob er überhaupt noch einmal Stimmen haben möchte für eine weitere Amtszeit.

Keiner will den Autohof

Also doch: Gebietsreform. Sollte es mit einer Kammersteiner Eingemeindung etwas werden, wäre das für Schwabach einerseits sehr schön. Mit dann deutlich über 43 000 Einwohnern könnte man das lästige Etikett "kleinste kreisfreie Stadt Bayerns" endgültig und wohl für alle Zeit dem Nachbarn in Ansbach anheften.

Allerdings müsste die Stadt mit Kammerstein wohl oder übel auch den Autohof Haag und die Autobahn-Raststätte Kammersteiner Land ins Portfolio nehmen. Das Problem: Hier liegen regelmäßig die Beamten der Verkehrspolizei Feucht auf der Lauer, um arglose Brummi-Fahrer wegen abgefahrener Reifen, kaputter Bremsen und ähnlicher Lappalien anzuzeigen. Das bringt dem beschaulichen Kammerstein alljährlich den nicht ganz so beschaulichen Titel ein, im Landkreis Roth die Gemeinde mit der höchsten Kriminalitätshäufigkeitszahl zu sein.

Diese Zahlen werden nach erfolgter Eingemeindung selbstverständlich Schwabach zugeschlagen. Die kann damit die schönen Schlagzeilen von der "sichersten kreisfreien Stadt Bayerns" vorerst wohl knicken. Zumindest bis zur nächsten Gebietsreform. Denn wer weiß? Vielleicht gibt es demnächst ja in Rednitzhembach mal eine Kronjuwelenhochzeit. Dann kann man den Protagonisten Freller, Thürauf & Co. nur zurufen: Schwabach, übernehmen Sie.

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