Glosse: Journalist spielt Landtagspräsidentin "nackert"

25.2.2018, 05:58 Uhr
Glosse: Journalist spielt Landtagspräsidentin

© Babette Gillmeier

Manchmal mag ich meinen Job. So zum Beispiel am vergangenen Montag, als ich unversehens von einem neutralen Beobachter – der ich als Journalist ja eigentlich sein sollte – zum aktiven Mitspieler wurde. Frau Gillmeier hatte gerufen und ich war gekommen, um von dem zweimal im Monat stattfindenden Schafkopf-Treff in der Seniorenwohnanlage Rednitzgarten in Untermainbach zu berichten. Es hatte sich nämlich mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm ein ganz besonderer Gast angekündigt.

Was genau Frau Gillmeier dabei im Sinn hatte, wurde mir erst klar, als ich vor Ort war: Eine "Promi"-Schafkopfrunde mit Frau Stamm, Cornelia Griesbeck, der CSU-Bezirkstagskandidatin des Landkreises Roth, Jürgen Meier, dem Chef des Diakonischen Werks, und dem Vertreter der Lokalpresse – also mir. Der ebenfalls anwesende Hans Gärtner von der Werbeagentur Gärtner-Medien aus Rednitzhembach drückte sich. Herr Gärtner, das nächste Mal spielen Sie auch mit!

Jedenfalls hatten sich vier Experten gefunden. Zunächst wurden die Eckpunkte geklärt (Leute, die mit Schafkopf nichts am Hut haben, können diesen Absatz überlesen): Gespielt wurde mit Farbsolos, Wenz und Geier, keine Hochzeiten, keine Farbwenzen, kein Ramsch; Kreuzbock wenn niemand spielt, eine Runde Kreuzbock bei verlorenem Solo oder Herz-Solo. Kurz gesagt: so, wie man eben gepflegten Schafkopf spielt. Nicht zu vergessen: Es wurde mit einem Söder-Blatt gespielt, also mit Werbung für den designierten Ministerpräsidenten auf den Karten-Rückseiten. Bei zwei CSU-Frauen am Tisch eine Selbstverständlichkeit.

Barbara Stamm, das muss man dazu sagen, organisiert im bayerischen Landtag Schafkopf-Turniere, hat schon Schafkopf-Unterricht gegeben und wäre niemals Landtagspräsidentin geworden, wenn sie dieses bayerische Ur-Spiel nicht aus dem Effeff beherrschen würde – es gibt sicher einen entsprechenden Passus in der Geschäftsordnung des Parlaments. Aber auch Griesbeck und Meier, das wurde mir schnell klar, waren ernstzunehmende Gegner. Hier wurde lehrbuch-mäßig gezockt: die Ruf-Sau sehen wollen, als Mitspieler Trumpf anspielen, und so weiter.

Das ging ein, zwei Runden hin und her, ohne dass viel Geld den Besitzer gewechselt hätte. Ich musste meine letzte Runde ansagen, um rechtzeitig wieder in der Redaktion zu sein.

Schließlich kam mein letztes Spiel. Mein sonst übliches Pokerface wich einem nicht zu unterdrückenden Schmunzeln, als die Karten ausgeteilt waren. Vier Ober, zwei Unter, Blatt 9 und Herz Ass. Für alle Nicht-Schafköpfe: Damit kann man etwas anfangen. Es war mir allerdings zu riskant, einen Du anzusagen – der hätte eine Verdopplung des Spiels bedeutet. Schließlich hätte einer meiner Gegner fünf Trümpfe haben können und damit mindestens einen Stich gemacht.

Dem war aber nicht so. Ich kam heraus, spielte von oben, die Trümpfe fielen schnell, ich legte die Karten auf den Tisch und rieb mir die Hände. Stamm, Griesbeck und Meier konnten sich ein erstauntes "Oh" nicht verkneifen, dann lachten wir alle. So etwas kommt schließlich nicht allzu häufig vor.

Ich bedankte mich, verabschiedete mich und erwähnte meinen Triumph im – seriösen – Zeitungsbericht über Stamms Besuch mit keinem Sterbenswörtchen.

Erst nach Feierabend wurde mir klar, dass diese Geschichte zu gut war, um nicht erzählt zu werden. Schließlich hatte ich in einer Seniorenwohnanlage in Untermainbach die bayerische Landtagspräsidentin "nackert" gespielt – das können wahrscheinlich nicht viele Menschen von sich behaupten.

Gewonnen habe ich mit dem Spiel übrigens 40 Cent pro Gegenspieler, also insgesamt einen Euro und 20 Cent. In Untermainbach werden kostengünstige Regeln gespielt.

Trotzdem, ich habe Blut geleckt. Deshalb zum Schluss eine Ansage: Liebe Frau Gillmeier, ich weiß, dass sie Herrn Söder für einen Besuch begeistern wollen. Wenn es Ihnen gelingt, bin ich auch wieder dabei und nehme mir etwas mehr Zeit. Der kommt mir nicht mit 40 Cent davon!

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