Glosse: Kammerstein auf Augenhöhe mit Frankfurt

26.3.2017, 06:00 Uhr
Gelegenheit macht Diebe. Auf dem Autohof und der Tank- und Rastanlage Kammersteiner Land passiert besonders oft etwas.

© Andrea Warnecke Gelegenheit macht Diebe. Auf dem Autohof und der Tank- und Rastanlage Kammersteiner Land passiert besonders oft etwas.

364 Tage im Jahr lassen sich die Kammersteiner feiern. Getreu dem Motto: Wir sind zwar die Kleinsten im Landkreis Roth, aber irgendwie doch ganz groß. Sie haben den Heidenberg, eine schöne Jakobskapelle, zwei Sportvereine und sogar einen leibhaftigen Landtagsabgeordneten. Und in Sachen Pro-Kopf-Steuerkraft sind sie im Landkreis-Ranking inzwischen hinter den Außerirdischen aus Wendelstein die Nummer 2. Der ganze Süden? Weit abgeschlagen!

Auf Platz drei verdrängt

Selbst die renitenten Rednitzhembacher wurden dank des florierenden Gewerbeparks in Barthelmesaurach, dank der vielen Gutverdiener in den Gemeindegrenzen und dank des Autohofs in Haag längst auf den dritten Platz verdrängt. Sogar mit dem großen Nachbarn Schwabach ist die 2900-Einwohner-Gemeinde in dieser Statistik auf Augenhöhe. Ja, das Leben ist schön in Kammerstein.

Am 365. Tag des Jahres präsentiert dann die Polizeiinspektion Schwabach die jährliche Kriminalitätsstatistik. Auch da sind die Kammersteiner alljährlich ganz groß, aber leider nicht so, wie sich das die meisten wünschen. 417 Straftaten wurden 2016 registriert. Das ist nicht viel. Doch hochgerechnet auf 100 000 Einwohner – das macht man, um Kommunen besser miteinander vergleichen zu können — ergibt das eine "Kriminalitäts-Häufigkeitszahl" von sage und schreibe 14 389. Der Wert ist mehr als dreimal so hoch als im beschaulichen Schwabach (4160) und immer noch gut 50 Prozent höher als in Nürnberg (9018). Und Nürnberg ist bekanntermaßen die unsicherste und gefährlichste Stadt Bayerns.

Mehr noch: Von den zehn gefährlichsten Großstädten Deutschlands haben nur Frankfurt und Düsseldorf geringfügig höhere Häufigkeitszahlen als Kammerstein.

Eigentlich anständige Leute

Zur Ehrenrettung der Kammersteiner muss gesagt werden, dass sie im Großen und Ganzen trotzdem ganz anständige Leute sind. Wir von der Redaktion des Tagblatts können das bestätigen, wohnt doch unser Kollege gw im Kammersteiner Ortsteil Haag. Und gw ist wirklich noch nie mehr schuldig geblieben als den letzten Döner in der Mittagspause. Ach ja, und das letzte Bier. Und neulich, bei...

...aber ich schweife ab: Die Kammersteiner sind im Großen und Ganzen anständige Leute, weil der Großteil der Straftaten in ihrem Gemeindegebiet gar nicht von ihnen verübt wird. Hort des Bösen sind nämlich der Autohof und die Tank- und Rastanlage Kammersteiner Land, und hier sind bekanntermaßen viel mehr Auswärtige unterwegs als Kammersteiner. Dort gehen den Schleierfahndern der Polizei auch mal finstere Flüchtlings-Schleuser ins Netz oder Brummi-Fahrer aus Osteuropa, welche die Bremsbeläge ihrer Straßen-Schiffe schon bis auf den blanken Stahl heruntergewirtschaftet haben. Und gerade hier sind Tank-Betrügerreien an der Tagesordnung.

Doch noch besser als Rohr

Wenn man also die 373 Delikte des Jahres 2016 vom Autohof und von der Rastanlage von der tatsächlichen Gesamtzahl der Kammersteiner Straftaten (417) abzieht, dann bleiben für den ganzen, großen Rest der Gemeinde nur 34 Delikte übrig. Macht, auf 100 000 Einwohner hochgerechnet, eine Häufigkeitszahl von 1180. Damit ist in der Heidenberg-Gemeinde noch weniger los als beim Erzrivalen Rohr (1870). Soll heißen: Prinzipiell können sich die Kammersteiner auch am 365. Tag des Jahres feiern lassen.

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