Glosse: Kapitalverwässerung nach Schwabacher Art

12.2.2017, 05:58 Uhr
So sieht er aus, der Goldschläger. Und so wird auch die neue Auflage aussehen.

© Günther Wilhelm So sieht er aus, der Goldschläger. Und so wird auch die neue Auflage aussehen.

Zum Beispiel die Commerzbank. Jahrelang kränkelte Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus vor sich hin, in der Finanzkrise mussten die Steuerzahler das Finanzinstitut vor dem Kollaps retten. Aber nicht nur Otto-Normalverbraucher hatte Grund zur Klage. Auch die Anteilseigner bluteten. Die Aktie verlor binnen weniger Jahre 90 Prozent an Wert. An Dividendenzahlungen war viele Jahre lang nicht zu denken.

Als sämtliche Alarmknöpfe schrillten, kam der Vorstand um den inzwischen auf einen besser bezahlten Posten abgewanderte Martin Blessing auf eine besonders verwegene Idee, die bei vielen Experten allerdings auch besonders umstritten ist: Um an frisches Geld zu kommen, gab die Commerzbank im April vor zwei Jahren 113 850 693 neue Aktien aus und sammelte damit 1,4 Milliarden Euro ein. Ein bisschen Luft zum Atmen.

Bloß: Nur weil neue Aktien auf dem Markt sind, ist ein Unternehmen ja nicht plötzlich 1,4 Milliarden Euro mehr wert. Der Wert des Unternehmens wird einfach durch mehr Aktien gestückelt, die einzelne Aktie ist deshalb nicht mehr so wertvoll. „Kapitalverwässerung“, sagt der Fachmann dazu.

Zweite Auflage

Warum ich das an dieser Stelle schreibe? Nun, die Stadt Schwabach hat in dieser Woche angekündigt, eine zweite Auflage des Playmobil-Goldschlägers auf den Markt zu bringen. Erhältlich sein wird der Plastikmann mit der grünen Schürze, dem Hammer, der „Quetsche“ und ein bisschen Spielzeuggold zwar erst in fünf bis sechs Monaten. Doch ab diesem Zeitpunkt sind nicht mehr 25 000 Goldschläger auf dem Markt, sondern 50 000.

Darüber wird sich der eine oder andere Interessent freuen, der beim ersten Run auf das Sammlerstück leer ausgegangen ist. Aber: Der ideelle Wert eines einzelnen Playmobil-Männchens mit Schwabacher Herkunft sinkt damit um die Hälfte.

Keine Wertsteigerung

Dabei hatte die Stadt vor Beginn des Jubiläumsjahres eigentlich gesagt, dass es die Figur nur in einer einmaligen Auflage geben werde. Und dass der Mini-Handwerker, sollte es aufgrund des riesigen Interesses doch eine Zweitauflage geben, zumindest ein bisschen anders aussehen würde. Von wegen! Die 2017er-Auflage wird der 2016er-Auflage gleichen wie ein Ei dem anderen. Das mag nachvollziehbare technische Gründe haben. Wertsteigernd für Sammler – aktuelle Angebote bei ebay: 22 Euro! — wird sich das nicht auswirken.

Vor diesem Hintergrund muss man froh sein, dass die Entscheidungsträger in Sachen Playmobil-Goldschläger nur in Schwabach für Entscheidungen zuständig sind. Hätten sie zum Beispiel bei der Britischen Post etwas zu sagen, gäbe es die „Blaue Mauritius“, die wertvollste Briefmarke der Welt, bestimmt nicht nur noch zwölfmal weltweit. Irgendwer hätte bestimmt schon eine Neuauflage von, sagen wir mal, 25 000 Stück in Auftrag gegeben. Natürlich nur der guten Sache wegen.

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