Glosse: Schenkel klopfen mit Söder

12.8.2018, 05:58 Uhr
Glosse: Schenkel klopfen mit Söder

© Thomas Correll

Dachten Sie wirklich, dass der Auftritt des Ministerpräsidenten in Schwabach mit einer halben Seite abgehandelt sein würde? Da kennen Sie uns aber schlecht! Der Abend in Limbach bot noch einige nette Anekdoten und Beobachtungen, das ist allemal ein kleines "Goldrichtig?!?" wert.

Die Schwabacher wissen das ja: Oberbürgermeister Thürauf ist das Gegenteil von einem etwas steifen, hemdsärmeligen Lokalpolitiker. Thürauf besitzt eine im besten Sinne des Wortes lässige Art – die auch am Dienstagabend zum Vorschein kam. Er entging der Schweißhölle des Bierzelts kurzerhand, indem er sich seitlich außerhalb des Zelts hinter die Absperrung stellte. So konnte er sogar lange Hosen tragen, ohne während Söders Rede wegzuschmelzen. Stilvoll!

Wahlkampf bei 48 Grad

Das konnte man vom Tagblatt-Berichterstatter, also mir, nicht behaupten. Ich war mit kurzen Hosen gekommen. Das änderte nichts daran, dass bei gefühlten 48 Grad im Festzelt als Abkühlung nur der Griff zur Maß Bier blieb. Alkoholfrei, versteht sich, wir Journalisten trinken ja generell kaum Alkohol.

Jedenfalls fragte ich mich anfangs schon, warum sich so viele Menschen das antun wollten. Wahlkampf bei 48 Grad, das Zelt heiß und feucht, das Durchschnittsalter weit jenseits der 60, das ist doch anstrengend! Ich muss mich aber revidieren. Obwohl meine Sympathien zu unserem Ministerpräsidenten sonst nicht allzu stark ausgeprägt sind: Der Abend war durchaus unterhaltsam!

Eine Ampel auf der Autobahn

An Herrn Söder ist ja fast ein Comedian verloren gegangen. Kostprobe gefällig? "Der Frankenschnellweg ist die einzige Autobahn, die ich kenne, auf der eine Ampel steht. So etwas gibt es nirgends in der großen, weiten Welt. Aber wieso? Ich glaube, das macht schon Sinn. Die Autofahrer sollen noch einmal anhalten, in sich gehen und genau darüber nachdenken, ob sie wirklich nach Fürth fahren wollen." Wenn das mal kein Schenkelklopfer ist.

Ich frage mich, ob Söder einen Witzeschreiber beschäftigt. Er hat in Limbach einen Gag nach dem anderen gezündet, die meisten sogar an regionale Besonderheiten angepasst. Den Fürth-Witz kann er in Straubing nicht bringen. Er muss ein beeindruckendes Reservoir an Witzen haben, wenn er auf Wahlkampf-Tour geht. Denkt sich der Ministerpräsident diese Brüller alle selbst aus? Davor hätte ich wirklich höchsten Respekt.

Wer legt das Hemd raus?

Söder beherrscht außerdem einen Kniff, den jeder gute Comedian drauf haben muss. Er murmelt seinen Pointen immer ein "meine Damen und Herren" hinterher. So kann ein Witz, der schlecht ankommt, niemals in der Luft hängen bleiben – das wäre nämlich peinlich.

Vermutlich brauchen Politiker heutzutage nicht nur einen Witzeschreiber, sondern gleich eine ganze Armada aus Personal Coaches, die sich mit Gestik, Mimik, Ausdrucksweise, Kleidung, Tischmanieren, Taschentuchfarbe oder Zigarrenmarke beschäftigen. Stoibers Zeiten, als die Muschi noch das Hemd rausgelegt hat, sind definitiv vorbei. Womöglich hat Söder einen persönlichen Neoprenanzug-Assistenten, der ihm bei seinem legendären Bad in der Nürnberger Norikus-Bucht (auch bekannt als "Söder-Bucht") zum klassischen CSU-Schwarz geraten hat.

Kultur im Bierzelt

Aber wie gesagt, Humor scheint er schon zu haben. Das beweist er ja gerne auch in Veitshöchheim – noch so eine Veranstaltung, über deren kulturellen Wert man streiten kann. Kultur ist etwas, das man vielleicht nicht im Bierzelt suchen sollte. Wobei. Beim Blick auf OB Thürauf dachte ich mir: In dieser Hinsicht ist selbst bei der CSU noch nicht alles verloren.

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