Grillenberger: "Knochenarbeit gibt es nicht mehr"

21.9.2018, 14:00 Uhr
Werben für das Handwerk: Kreihandwerksmeister Hermann Grillenberger und seine Stellvertreter Horst Humpenöder.

© Wilhelm Werben für das Handwerk: Kreihandwerksmeister Hermann Grillenberger und seine Stellvertreter Horst Humpenöder.

Hermann Grillenberger ist ein Teamplayer. Der neue Mann an der Spitze setzt auf Arbeitsteilung. "Das Gebiet der Kreishandwerkerschaft Mittelfranken-Süd ist so riesig", erklärt er ganz pragmatisch. Im Raum Schwabach baut er deshalb auf jemanden, der die Stadt und ihre Wirtschaftsstruktur bestens kennt: Horst Humpenöder.

Die größte Herausforderung? "Der Mangel an Fachkräften und Nachwuchs", verweist Hermann Grillenberger auf chronische Probleme. "Deshalb müssen wir weiter versuchen, das Image der Handwerksberufe zu verbessern."

"Jeder will sein Schnitzel"

Wie schwierig die Lage zum Teil ist, hat die jüngste Gesellenfreisprechung in Schwabach gezeigt, bei der kein einziger junger Metzger dabei war (wir berichteten). "Dabei sind auch Metzger so wichtig", betont Grillenberger. "Jeder will sein Schnitzel. Ohne Metzger keine Grillparty."

Probleme gibt es aber auch in anderen Bereichen, etwa bei den Bäckern oder auch beim Bau. "Inzwischen haben wir mehr Architekten als Maurer", sagt Horst Humpenöder, und das sei keine überspitzte Pointe, "das ist wirklich so".

"Akademisierungswahn"

Die Gründe dafür sind vielfältig. Hermann Grillenberger zitiert den Philosophieprofessor und früheren SPD-Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin: "Er hat ja ein Buch mit dem Titel ,Der Akademisierungswahn’ geschrieben."

Berufliche Bildung habe an gesellschaftlicher Anerkennung verloren. "Aber wir haben viele Studienabbrecher. Wer bezahlt die Renten in 25 Jahren? Die Leute müssen zurück in die Wertschöpfungskette."

Leider herrschten oft noch Vorstellungen über Handwerksberufe, die mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun hätten. Horst Humpenöder nennt ein Beispiel aus seiner Baubranche. "Inzwischen ist viel Technik im Einsatz. Von Kränen bis zu Rüttelgeräten mit Fernbedienung. Knochenarbeit gibt es nicht mehr. Und jetzt in der Hitze dieses Sommers haben wir auch mal früher Feierabend gemacht. Ich schinde meine Leute nicht."

Auch eine Fünf-Tage-Woche und zwei Wochen Sommerurlaub seien längst normal. "Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter sehen: Unser Chef setzt sich ein. Dass Urlaub nur im Winter geht, die Zeiten sind vorbei", sagt Humpenöder.

Und die Verdienstmöglichkeiten? "Am Bau bekommt ein Azubi im ersten Jahr 1000 und im zweiten 1400 Euro. Daran kann es eigentlich nicht liegen", findet Humpenöder. Das Handwerk biete auch sehr gute Perspektiven.

"Als Selbständiger hat es jeder in der Hand, wie viel er arbeitet und wie viel er verdient. Ein qualifizierter Handwerksmeister kann auch mit einem Ingenieur oder einem Architekten konkurrieren", ergänzt Grillenberger.

Viele offene Stellen

Die Konjunktur läuft sehr gut, entsprechend groß ist die Nachfrage nach Fachkräften und Auszubildenden. "In nahezu allen Bereichen gibt es noch offene Stellen", erklärt Sebastian Dörr, der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft.

Allerdings machten viele Handwerksbetriebe die Erfahrung, dass die Ausbildungsreife der Schulabgänger "immer weiter zurückgeht", so Grillenberger. "Es fehlen motorische Fähigkeiten." Spürbar seien auch Schwierigkeiten mit dem schriftlichen Ausdruck: "Manche haben Probleme, auf der Baustelle einen Regiezettel auszufüllen." Hier seien Eltern wie Schulen gefordert.

Ob Flüchtlinge zumindest Teil der Lösung sein könnten? "Das Handwerk ist bereit, eine Chance zu geben. Aber wir stoßen auf echte Probleme", berichtet Horst Humpenöder. "Das ist eine äußerst komplizierte Mischung aus Mentalität, Sprache, Religion und Bürokratie bei der Genehmigung von Ausbildungen."

Ein weitere wichtige Aufgabe sehen Grillenberger und Humpenöder in der Interessensvertretung des Handwerks gegenüber der Politik vor Ort.

Ein zentrales Thema ist die Ausweisung von Gewerbeflächen. "Wir wollen, dass ortsansässige Firmen die Chance haben, sich zu erweitern und zu bleiben", erklärt Humpenöder. "Ein sehr großes Problem ist deshalb, wenn, wie im Gewerbepark Schwabach-West, nur sehr große Parzellen ausgewiesen werden. Man darf nicht nur auf Großbetriebe achten."

Ein Erfolg sei die Neuregelung der Vergabeordnung für öffentliche Aufträge. "Auch das ist eine ganz komplexe Geschichte", sagt Hermann Grillenberger. "Nicht gemeint ist, Schwabacher Aufträge nur an Schwabacher Firmen zu vergeben", stellt Humpenöder klar. "Wir reden von der Region." Hier gelte es, rechtliche Spielräume zu nutzen, um Arbeitsplätze vor Ort zu sichern.

Zur Person

Hermann Grillenberger ist 57 Jahre alt und seit 11. Juni neuer Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Mittelfranken-Süd.

In fünfter Generation führt er seinen 1854 gegründeten Metallfachbautrieb in Oberasbach bei Gunzenhausen.

Grillenberger hat die Nachfolge des Schwabachers Hanno Dietrich angetreten. Dafür bringt er nicht nur große berufliche Erfahrung mit, sondern auch in der Vertretung des Handwerks. Seit 1989 ist er in der Metallbauerinnung engagiert. Er war Vorstandsmitglied und stellvertretender Obermeister, seit 2006 schließlich Obermeister.

Zudem war Hermann Grillenberger von 2009 bis 2018 stellvertretender Kreishandwerksmeister, ehe er nun in die Führungsposition gewählt worden ist.

Horst Humpenöder ist neben Reinhard Siegert (Heideck) und Klaus Weber (Ellingen) einer der drei stellvertretenden Kreishandwerksmeister. Auch der 49-Jährige leitet einen Traditionsbetrieb: Der gelernte Stahlbetonbaumeister ist einer von zwei Geschäftsführern der Schwabacher Hans Humpenöder GmbH. Deshalb wird er Hermann Grillenberger insbesondere im Raum Schwabach unterstützen.

Auch Horst Humpenöder hat große Erfahrung. Bei den Junioren des Handwerks Mittelfranken-Süd war er seit 1997 Beisitzer, ab 2000 stellvertretender Vorsitzender und von 2002 bis 2009 Vorsitzender.

Daran schloss sich sein Engagement in der Bauinnung Schwabach-Roth-Hilpoltstein an: zunächst als Vorstandsmitglied, dann als stellvertretender Obermeister und schließlich seit 2016 als Obermeister. In der Kreishandwerkerschaft Mittelfranken-Süd ist er seit 2015 Vorstandsmitglied und seit Juni stellvertretender Kreishandwerksmeister.

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