„Große Meisterleistung der reichsstädtischen Bautechnik“

24.9.2012, 09:25 Uhr
„Große Meisterleistung der reichsstädtischen Bautechnik“

© Ruthrof

Dessen oberirdische Bauteile sind inzwischen im Museum eingelagert. Was jetzt noch zu forschen bleibt, muss in mühsamer Handarbeit durch „archäologische Basisarbeit“ erarbeitet werden. Archäologe Wolfgang Steeger und Bauforscher Ralf Rossmeissl stoßen immer wieder auf neue interessante Details.

Während sich die Grabungsmannschaft des Freilandmuseums in den Fundamenten des Badhauses beim Graben, Profilzeichnen und Einmessen der Befunde mühsam durch die Hausgeschichte „wühlt“ und so immer mehr neue Erkenntnisse gewinnt, sieht die Grabungsfläche an der Schwarzach für vorbeilaufende Fußgänger seit Tagen unverändert „ungeordnet“ aus.

Dennoch gewinnt die Baugeschichte des Hauses durch die Grabungen mit jedem Tag mehr an Details und überraschenden Ergebnissen, denn mit jedem vollständig erforschten Raum können Lücken für die Bau- und Nutzungsgeschichte geschlossen werden.

Zu den derzeit fertig erforschten und ergrabenen Räumen gehören die Schürkammer und ein benachbarter Raum. Die Zisterne, die sich nach der Entfernung der Erdauffüllung wie in früheren Zeiten wieder mit Grundwasser füllt, „erzählt“ den Forschern ihre Geschichte hingegen nur sehr langsam. Bauforscher Ralf Rossmeissl nennt die Konstruktion der steingewölbten Zisterne unterhalb der Nutzungsräume im ehemaligen Badgeschoss eine „außerordentliche Ingenieursleistung für ein reichsstädtisches Gebäude im Landgebiet“. Er nimmt an, dass diese Zisterne bereits zur Grundausstattung des Badhauses im 15. Jahrhundert gehörte.

Herdstellen im „Schürraum“

Die Tatsache, dass sich die ehemalige Zisterne, die sogar eine steinerne Treppe als Zugang vom mittigen Hausgang aus hatte, inzwischen wieder mit Grundwasser füllt, sieht Rossmeissl auch als Indiz für das hohe Alter dieses „Wasserspeichers“ innerhalb des damaligen Badhauses. Und die Zisterne wurde scheinbar bis zuletzt genutzt, denn alle datierbaren Funde deuten darauf hin, dass der Raum erst im 18. und frühen 19. Jahrhundert zugefüllt wurde und so nicht mehr nutzbar wurde.

Ergänzend dazu fanden die Fachleute des Bad Windsheimer Museums neue Hinweise und Bauteile für die Zu- und Ableitung des Wassers.

Bislang nur teilweise geklärt ist der technische Aufbau der Wasserversorgung für die Badstube. Anders verhält es sich dagegen mit der Schürkammer: sie ist bereits komplett ausgegraben, weshalb die frühere Heiztechnik bereits weitgehend geklärt ist. Hier wurden zum einen mehrere Heizstellen nachgewiesen.

Zum anderen deutet eine der Schüröffnungen zur Badstube darauf hin, dass das Badhaus in seiner ersten Bauphase kleiner war und die Badstube anfangs von außen durch einen größeren Ofen beheizt wurde.

Mehrere Umbauten

Ein weiterer Hinweis sind hier mehrere Baunähte, die im Mauerwerk festgestellt wurden: Es hat wohl mehrere An- und Umbauten am Gebäude selbst gegeben.

Zu den besonderen Funden der bisher ergrabenen Teilfläche in der ehemaligen Badstube rechnet Ralf Rossmeissl einen „Rechenpfennig“ der Reichsstadt Nürnberg, der in den untersten Fundschichten geborgen wurde. Solche Rechenpfennige dienten zur Vereinheitlichung von festgelegten Zahlungen für Arbeitsleistungen ohne genauere Geldwertangabe und waren bis zum 16. Jahrhundert üblich.

Im großen Raum der früheren Badstube stehen die weiteren Grabungen dabei noch aus Die Forscher können also noch auf so manche neue Ergebnisse für die Bauforschung sowie für den früheren Arbeits- und Alltagsablauf in einer öffentlichen „Badstube“ hoffen.

Helfer willkommen

Die Arbeitsmannschaft um Bauforscher Ralf Rossmeissl und Archäologen Wolfgang Steeger ist trotzdem kein „Geheimbund“. Ralf Rossmeissl zufolge sind freiwillige Helfer immer gern gesehen und können bei Interesse an der Mitarbeit an den Ausgrabungen an der Forschungsstelle vorbeischauen. Fachlich eingewiesen und eingearbeitet werden sie dann vom Archäologen vor Ort, Wolfgang Steeger. Ihm untersteht aber gleichzeitig — wie bei jeder anderen Baustelle auch — die Gesamtleitung der Grabung.

Wer also interessante Erfahrungen im Alltag einer wissenschaftlichen Ausgrabung machen will ist den Forschern immer willkommen.

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