Große Sauerei ohne schlechtes Gewissen

26.7.2017, 15:24 Uhr
Große Sauerei ohne schlechtes Gewissen

© Foto: Klaus Waldmüller

Das Klassenzimmer ist in ein Atelier umgewandelt. Der Klassenzimmerboden ist ausgelegt mit Tüchern, vor der Tafel stehen farblich sortiert die bunten Acrylfarben. Die Schülerinnen und Schüler der Zwieseltalschule tragen alte Kleidung oder Malerkittel, versehen mit ihrem Vornamen. Sabine Schwarz, gelernte Erzieherin mit Schwerpunkt "Kunsttherapie mit Kindern", hat ein besonderes Gespür für den Umgang mit Kindern – die jungen Künstler sind daher sofort mitten im Reich der Farben.

Gemütlich sitzen sie in einem Kreis am Boden und lauschen aufmerksam den Erklärungen der Künstlerin, bevor sie schließlich selbst die Farbrollen in die Hand nehmen und drauflos pinseln dürfen. Zuerst gilt es den Hintergrund zu gestalten: Dazu verwendet Sabine Schwarz besondere leuchtende Acrylfarben, die auf der Leinwand eine erstaunliche Brillanz erzeugen. Anschließend folgt die Umsetzung der Inspiration: Kreise, Linien, Striche, Spritzen oder Tupfen in verschiedenen Farben überziehen die Leinwand.

Als Maltechnik nutzt Künstlerin Schwarz zusammen mit den Kindern die Gravitation, zur exakten Linienführung. Dieses Action-Painting – zu Deutsch: Aktionsmalerei – ist eine Kunstrichtung aus den Vereinigten Staaten und wurde durch Jackson Pollock, einem der einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts, international bekannt. Dabei entstehen farbenfrohe, dynamische und besonders abstrakte Bilder. Jedes Werk ist ein Unikat.

Kunst selber machen

Das Kreativ-Projekt, das die Klassengemeinschaft stärken und das Sozialverhalten der Schüler/innen untereinander positiv beeinflussen soll, ist der Künstlerin Schwarz wie auf den Leib geschrieben. Ihr engagierter Umgang mit den Kindern findet sich in den ausdrucksstarken und farbintensiven Bildern wieder. "Buch mich – und dein Event wird unvergesslich" ist Schwarz’ Werbeslogan.

Rektorin Kristina Kling wollte den Kindern einmal die Möglichkeit geben, aus erster Hand aus dem Leben einer Künstlerin zu lernen. "Die Kinder sollen einen Tag lang mal etwas ganz Besonderes machen", erklärt sie.

Lernen ohne Notendruck

Innerhalb einer Klasse gibt es Gruppen- und Einzelwerke. Ziel ist es, jedem Kind ein selbstgemaltes kleines Bild nach Hause mit zu geben.

Die Freude am Kreativsein steht neben dem pädagogischen Nutzen des Erfolgserlebnisses im Mittelpunkt – und das ohne jegliche Einschränkung. Jedes Kind kommt zu einem individuellen Ergebnis, darf ohne Einschränkungen malen, und das komplett ohne Notendruck. Mit Farben ideenreich umgehen, dabei Wissen im Umgang mit den verschiedenen Techniken erwerben und seinen kreativen Horizont erweitern. Dazu dürfen die Kinder auch besondere und sehr teure Farben wie pigmentiertes Gold, leuchtendes Neon oder auch nur reines Weiß verwenden, welche die Leuchtkraft der anderen Farben noch hervorheben.

Das wirkt nach

Die Werke sind bei den Schulveranstaltungen, im Schulhaus und in den Klassenzimmern zu besichtigen. Bei den Wolkersdorfer Kulturtagen im Oktober werden die Werke in einer eigenen Ausstellung ebenfalls zu sehen sein. Rektorin Kling ist am Ende des Workshops besonders bewegt, dass alle Kinder mit einer riesigen Begeisterung bei der Sache waren und "auch wirklich jedes Kind ein tolles Ergebnis bekommen hat".

Unterstützt werden die Schülerinnen und Schüler bei ihrem Workshop auch durch Lehrer und Eltern. Dabei bleiben für die Erwachsenen die eher unliebsamen und unkreativen Arbeiten übrig, wie beispielsweise: Atelier aufräumen, Farben sortieren, Farbkleckse wegwischen oder Kinderhände säubern. Aber zur Abwechslung dürfen die Kinder heute mal eine ordentliche Sauerei veranstalten – schließlich stehen sie heute im Mittelpunkt.

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