Hitler als Ehrenbürger?

23.3.2009, 00:00 Uhr

«Ich will nichts skandalisieren und keine Schuldzuweisungen aussprechen», erklärt Karl Freller, der als Direktor der «Stiftung bayerischer Gedenkstätten» für die ehemaligen Konzentrationslager Dachau und Flossenbürg mit zuständig ist.

Hitler sowie die beiden Gauleiter von Nürnberg und München, Streicher und Wagner, wurden 1933 ebenso wie der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg zu Ehrenbürgern ernannt. Ohne Abstimmung und - wie in vielen Städten - auf Druck der Nazis. Hindenburgs Ehrenbürgerwürde soll aber nicht angetastet werden. Natürlich weiß Freller um dessen fatale Rolle. Hindenburg hatte Hitler zum Reichskanzler gemacht. «Aber er war kein ausgewiesener Nazi», so Freller.

Juristisch überflüssig

Rein juristisch ist der CSU-Antrag völlig überflüssig. Denn formal endet die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod. Insofern kann man Hitler die Ehrenbürgerschaft gar nicht mehr aberkennen. «Aber das verstehen nur Juristen», erklärt Freller seinen Antrag. Er fordert einen symbolischen Akt bewusster Distanzierung.

Als erste Reaktion auf den Antrag hat Sandra Hoffmann-Rivero, die Pressesprecherin der Stadt, auf der Internetseite der Stadt den historischen Hintergrund der Ehrenbürgerschaft für die Nazi-Größen genauer erläutert.

Nach Hitler waren in Schwabach zudem der Marktplatz und die heutige Südliche Ringstraße benannt, nach Streicher die Nördliche Ringstraße. Nach dem Krieg erfolgte schnell die Umbenennung. Die Ehrenbürgerschaft aber war offenbar nie ein Thema. «Das Sichtbare wurde annulliert. Die Ehrenbürgerschaft wurde in der Abstellkammer der Geschichte vergessen», sagt der Schwabacher Historiker und Herausgeber des Stadtlexikons, Eugen Schöler.

In Zukunft sollen Hitler, Streicher und Wagner aber nicht mehr scheinbar gleichberechtigt mit Schwabacher Persönlichkeiten genannt werden, die sich tatsächlich um die Stadt verdient gemacht haben.

Schwabacher Ehrenbürger

Bisher wurden folgende Schwabacher zu Ehrenbürgern ernannt:

Friedrich Wilhelm Meinel (ernannt 1867): Ab 1846 war er evangelischer Pfarrer und Dekan.

Dr. Max Herold (1900): 1875 kam er nach Schwabach und war 30 Jahre evangelischer Pfarrer und Leiter des städtischen Schulwesen.

Wilhelm Dümmler (1907): Von 1898 bis 1920 war ein Schwabachs Bürgermeister. Die Ehrung erhielt er 1907. 1935 trat er der NSDAP bei.

Fritz Ribot (1907): Der Seifenfabrikant war einer der wichtigsten Industriellen der Stadtgeschichte. 1907 wurde er Landtagsabgeordneter der Nationalliberalen Partei.

Paul Goppelt (1924): Als Fabrikant stellte er einen Ersatz für Bohnenkaffee aus Zichorie her. Später war er unter anderem Stadtrat. 1930 starb er im Alter von 91 Jahren.

Johann Appler (1948): Der Lehrer war von 1907 bis 1933 sowie von 1946 bis 1948 Stadtrat und jahrelang Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins.

Franz Xaver Schuster (1951): Von 1920 bis 1946 war er katholischer Stadtpfarrer und sehr beliebt. Ausgezeichnet wurde er zudem mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

James Daniel Hannon und Caroll B. Mc Elroy (1961): Die beiden US-Offiziere waren Kriegsgefangene und fuhren in den letzten Kriegstagen mit einigen Schwabachern den US-Truppen entgegen, um sie davon zu überzeugen, dass die Stadt kampflos übergeben wird. So verhinderten sie die Bombardierung.

Hans Hocheder (1970): Der erste Oberbürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Jahrzehnte bis 1970 politisch geprägt. Der Sozialdemokrat war auch ein Opfer der Nazis. Er war im KZ Dachau inhaftiert und erhielt Berufsverbot.

Herbert Justus Schmauser (1978): Als langjähriger Chef der Drei-S-Werke und Vorsitzender des Industrie- und Handelsgremiums war er einer der wichtigsten Repräsentanten der Schwabacher Wirtschaft und auch als Bürgermeister engagiert.

Kurt Kestler (1992): Der Bürgermeister von 1972 bis 1996 war Mitbegründer der SPD und das TSV 04 nach dem 2. Weltkrieg und eine der herausragenden Persönlichkeiten der Kommunalpolitik. Kestler ist 2003 verstorben.

Hartwig Reimann (2008): Der Rekord-Oberbürgermeister führte die Stadt von 1970 bis 2008. Er ist der einzige noch lebende Ehrenbürger und damit - im streng juristischen Sinn - der einzige überhaupt.