"I bims, der Charly": 84 Sekunden Selbstironie

5.9.2018, 13:00 Uhr

© Foto: lightkids

Von Wahlplakaten lächeln alle Kandidaten. Der Schwabacher CSU-Landtagsabgeordnete aber setzt noch einen drauf: Seit Dienstag ist er auch im Kino zu sehen – in einem Wahlwerbespot vor den Filmen. Zunächst im Schwabacher Luna, demnächst auch im Admiral und Cinecitta in Nürnberg. Auf Youtube hat er bereits rund 6000 Aufrufe.

"Wir wollten junge Leute ansprechen", erklärt der Hauptdarsteller bei einem entspannten Glas Sekt. "Aber wie schafft man es, einen 62-jährigen Politiker so darzustellen, dass es eben nicht peinlich wird?"

Die Antwort darauf gab seine Tochter. Die 33-jährige Birgit Freller arbeitet in München bei der Filmproduktionsfirma "Lightkid". Sie hatte die entscheidende Regie-Idee. Alles, nur nicht langweilen. Bloß kein konventielles Schwabach-ist-schön-Streifchen mit dem Nettesten aller Politiker.

Statt dessen: "Wir spielen mit Klischees", erklärt Birgit Freller. So entstand ein Wahlspot darüber, wie man einen Wahlspot dreht — wenn man denn abgezockten Marketingprofis glauben will.

Mal Lindner, mal Trump

Erste Szene: "Ihr Wahlwerbespot muss modern sein", schärft ein Imageberater Freller ein. Das heißt: Freller im Auto, Freller am Telefon, Freller mit Söder, Freller mit einem Cappuccino, Freller beim Joggen. Immer dynamisch, immer voll da, schnelle Schritte in schnellen Schnitten.

Es ist eine freche Persiflage auf einen Spot von FDP-Chef Christian Lindner zur Bundestagswahl. Der Politiker als "taffer" Manager. Freller aber lässt das mit einem ratlosen Gesicht zurück. Deshalb: Berater Nummer zwei.

Ein weißhaariger Herr lehnt sich majestätisch zurück, zieht an seiner dicken Zigarre und rät auf das Landesväterlichste: "Ganz wichtig ist doch die Macht, die Sie verkörpern." Es folgt die Trump-Show im Treppenhaus des Landtags. Jubelnde Fans mit "Franken-first"-Plakaten, weiß-blaue Fahnen, Leibwächter mit Sonnenbrille und ein strahlender Freller, der beide Daumen nach oben reckt.

Fehlt nur noch das Toupet. So geht das auch nicht. Versuch Nummer drei: "Sie müssen die jungen Wähler ansprechen", sagt eine attraktive junge Frau, die einen Smoothie schlürft. Für einen wie ihn sei das doch "total easy". Also wird Freller zum Rapper im "I bims, der Charly"-T-Shirt mit seiner Ghetto-Gang vor einer Graffiti-Wand. Ganz gechillt, absolut cool.

Abrupter Szenenwechsel: Plötzlich sitzt er im seriösen Anzug auf dem Sofa und wendet sich direkt dem Publikum zu: "Wählen Sie kein Klischee", bittet Freller, "niemanden, der sich verstellt. Wählen Sie einen Politiker mit Herz, Haltung und Humor."

Den Stecker gezogen

Es ist, als würde dem so erfrischend unkonventionellen Spot der Stecker gezogen. Ein Absturz ins Biedere, den die Schlusspointe allerdings spielerisch wieder auffängt. So gelingen Karl und Birgit Freller eine Minute und 24 Sekunden Selbstironie.

Im Kreis der Parteifreunde kommt das bestens an. "Wahlkampf ist eine ernste Sache, aber ein Schuss Humor ist kein Fehler", sagt er, während sich seine Tochter bei den zwei Dutzend Premierengästen dafür bedankt, "dass Sie an den richtigen Stellen gelacht haben".

Ob das am 14. Oktober auch mit dem Kreuzchen an der richtigen Stelle klappt?

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