"Jahrhundertprojekt" Kanal feiert die ersten 25 Jahre

26.9.2017, 15:49 Uhr

© Jürgen Leykamm

Sie startete leicht verspätet, aber das aus gutem Grund. Das Bereisungsschiff "Spessart" ließ erst einen Koppelverband überholen, der satte 200 Lkw geladen hatte. "Auf der Autobahn wäre das jetzt eine Schlange aus Lastern mit fast 14 Kilometern Länge", betonte Guido Zander, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Nürnberg, also Hausherr auf dem Kanal. Und deutete so die Entlastung für Umwelt und Verkehr durch den Kanal an.

Dass für seine Entstehung die Natur weit zurückweichen musste, hatten die Gegner des Projektes immer wieder moniert. Unterm Strich aber habe es sich mehr als gelohnt - für Ökonomie und Ökologie, waren die Redner überzeugt.

2,3 Milliarden Euro

"Ein Jahrhundertprojekt", so der Hausherr, das nach 32 Jahren Planungs- und Bauzeit 1992 einen alten europäischen Traum verwirklichte: "Rheinstrom- und Donaustromgebiet feiern heute Silberhochzeit!" Die 171 Kilometer lange und 2,3 Milliarden Euro teure Bundeswasserstraße verbindet seither den Main bei Bamberg mit der Donau bei Kelheim. Mehr noch: Der Kanal selbst bildete bei der Einweihung das letzte Teilstück der durchgängigen Verbindung von der Nordsee bei Rotterdam bis zum Schwarzen Meer bei Konstanza (Rumänien).

Dieser gewaltigen Dimensionen war sich auch Alfred Baumeister bewusst, ehemaliger Geschäftsführer der RMD Wasserstraßen GmbH. Ab 1986 war er federführend bei der Verwirklichung und machte seinem Namen alle Ehre. Unter seiner Leitung wurden bis zur Einweihung noch die letzten gut 30 Kilometer Main-Donau-Kanal gebaut.

Bei der Jubiläumsschifffahrt äußerte er sich zufrieden über die Entwicklung: "Die ganze Region hat sehr von dieser Wasserstraße profitiert." Früher habe man noch mit mehr Kohletransport gerechnet, dafür sei die "weiße Flotte" der Fahrgastschiffe rasant größer geworden.

Ausgleich ist möglich

Den Wermutstropfen bildet für ihn der Engpass der Donau bei Straubing. Hier brauche es einen weiteren Ausbau. Den umstrittenen Kanalausbau im Altmühltal sah er gelassen: "In der landschaftlich interessanten Gegend lasse sich auch sehr gut ein Ausgleich schaffen." Das schärfste Wort der Kritik machte ebenfalls die Runde: "Herzlich willkommen auf dem dümmsten Bauwerk seit dem Turmbau zu Babel", rief Ministerialdirektor Reinhard Klingen vom Bundesverkehrsministerium die Worte des ehemaligen Bundesverkehrsministers Volker Hauff in Erinnerung, der das Projekt einst einstellen wollte.

"Ich bin froh, dass sich diese politische Haltung nicht durchgesetzt hat", so Klingen. Ob die wirtschaftlichen Prognosen sich erfüllt haben, darüber lasse sich streiten. Fest stehe aber auch, dass der Kanal der A3 jährlich eine viertel Million Lkw erspare.

Zentrum eines Biotop-Verbundes

Professor Hans-Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, ergänzte: "An Wasserstraßen geht man lieber spazieren als an einer Autobahn." Der Kanal stehe mittlerweile im Zentrum eines Biotopverbundes, was vor Jahrzehnten niemand für möglich gehalten habe. Und dies bei voller Nutzung.

Was die beinhaltet, machte Dr. Karin Jäntschi-Haucke deutlich, leitende Ministerialrätin bei der Obersten Baubehörde im bayerischen Innenministerium: Seit 1993 wurden durchschnittlich rund 600.000 Tonnen Güter monatlich hier transportiert. Und bei Kreuzfahrten liege der Rhein bei der Beliebtheit hinter dem Main-Donau-Kanal. Allein im vergangenen Jahr hätten sich hier 1200 schwimmende Hotels getummelt - "viermal so viel wie vor 15 Jahren".

Wasserleitung nach Franken

Nicht zu unterschätzen sei auch die Funktion als Wasserleitung nach Franken. In 25 Jahren sei ein Volumen fast in der Größenordnung des Chiemsees Richtung Norden gepumpt worden.

Beim Güterverkehr habe man allerdings einen Rückgang verzeichnen müssen, merkte Martin Staats an, Präsident des Bundesverbands der deutschen Binnenschifffahrt - geschuldet sei der den eklatanten Niedrigwasserständen. Mittlerweile stiegen die Zahlen wieder.

An dem markenten Kunstwerk in Höhe des Hilpoltsteiner Ortsteils Pierheim angekommen, erneuerten die evangelische Pfarrerin Verena Fries und der katholische Kaplan Janusz Mackiewicz den geistlichen Segen.

Der Kanal lasse sich aus der Region nicht mehr wegdenken, betonte die Seelsorgerin vor der Europäischen Hauptwasserscheide, die den Bau von 16 Schleusen zwischen Bamberg und Kelheim nötig gemacht hatte. Sie überwinden 243 Meter Höhenunterschied. Fries bedankte sich ausdrücklich für die Einladung zur Jubiläumsfeier, auch eingedenk dessen, dass die Kirchen das Projekt oft kritisch begleitet hätten.

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