Kärntner Wurzeln

1.7.2011, 08:00 Uhr
Kärntner Wurzeln

© Hess

Zu den Wurzeln, also zu den Herkunftsorten dieser Kärntner Vorfahren, führte eine Reise der GFF. Die Reise leitete Karl-Heinz Keller aus Schwabach-Dietersdorf, zweiter Vorsitzender der GFF und Pfarrer i.R. (früher Kammerstein).

Die Teilnehmer der Fahrt konnten ausgiebig den Landstrich kennenlernen, aus dem ihre Ahnen stammen. Durch die ausgiebigen und fundierten Erklärungen des Reiseleiters erhielten sie auch tiefen Einblick in die Geschichte von Reformation, Gegenreformation, Geheimprotestantismus, Toleranz, Duldung, aber vor allem auch Flucht und Vertreibung wegen des Glaubens evangelischer Prägung. Überlagert war damals, vor allem zwischen 1600 und 1700, alles durch mehrere Einfälle der Türken in Österreich.

Zwang und Gewalt

Österreich war nach Luther recht schnell und vor allem auch gründlich evangelisch geworden. Katholiken gab es im Land so gut wie keine mehr. Die Habsburger Landesherren beharrten allerdings auf ihrem katholischen Glauben und wollten den ihrer Bevölkerung auch überstülpen. Dies geschah durch Verordnung, Zwang und letztlich auch immer wieder mit Gewalt.

Die Bevölkerung wurde, als der evangelische Glaube zumindest noch toleriert war, ziemlich gepiesackt. So durften die Kirchen nicht aussehen wie Kirchen, sondern mussten normalen Häusern gleichen. Natürlich standen sie abseits vom Ort. Kirchtürme durften sie nicht haben, keine Glocken, auch keine Rundbogenfenster und möglichst keine Apsis. Die Eingänge durften nicht der Straße zugewandt sein. Die lutherische Lehre war verboten. Die Evangelischen versteckten ihre Bibeln und religiösen Werke. Die Bücher mit dem aus katholischer Sicht ketzerischen Inhalt waren begehrtes Schmuggelgut.

Katholiken hatten damals in Österreich Seltenheitswert, doch der Terrorismus der Herrscher gegen das eigene Volk bewirkte eine totale Umkehr: Heute sind lediglich etwa vier Prozent der Österreicher Evangelische, im Bundesland Kärnten, einer immer noch besonders starken evangelischen Bastion, sind es immerhin zehn Prozent. Dort hat sich trotz des rigiden Verbots der lutherischen Lehre und seiner Anhänger über die Jahrhunderte hinweg immer noch eine kleine evangelische Bewegung gehalten.

Flucht vor dem Katholizismus

Die weitaus überwiegende Mehrheit der Vertreter dieser Glaubensrichtung allerdings wurde vertrieben beziehungsweise flüchtete. Von der brutal-katholischen Obrigkeit wurden sie zum Teil sogar gezwungen, ihre Kinder zurückzulassen. Besonders viele Kärntner verschlug es nach Franken und ganz besonders viele ins Dekanat Schwabach. Deshalb sind hier die Allermeisten entfernt mit Kärntnern verwandt.

In Rundfahrten und Rundgängen wurde Orte wie Spittal, Villach, Klagenfurt, Arriach, Afritz, Feld am See, St. Veit, der Fluss Glan, der Millstätter See und der Gerlitzen-Bergstock erkundet. Von dort kamen die Glaubensflüchtlinge zu uns. Der Weg war für sie so weit, weil durch die Gegenreformation für die „Akatholischen“ zwischen Karawanken und Oberpfälzer Jura, zwischen Rom und Eichstätt ab 1651 kein evangelisches Land mehr zu finden war. Die erste Zufluchtsmöglichkeit bot die Markgrafschaft Ansbach und damit das heutige Mittelfranken.

Beitrag zur Versöhnung

Erst in jüngerer Vergangenheit erinnert sich Österreich an den unrühmlichen Umgang mit der evangelischen Mehrheit. Das Land Kärnten hat dieses Jahr seine Landesausstellung im Diözesanmuseum in Fresach diesem Thema gewidmet. Sie trägt den Titel „Glaubwürdig bleiben – 500 Jahre protestantisches Abenteuer“ (noch bis 31. Oktober). Zur Gestaltung dieser Ausstellung hat die Gesellschaft für Familienforschung in Franken einiges beigesteuert. Die Schau, der natürlich auch ein Besuch der Reisegruppe galt, zeigt die Geschichte der Exulanten, die eine neue Heimat in Franken gefunden haben, aber auch die Geschichte der Protestanten, die im Land geblieben sind, und will letztlich auch einen Beitrag zur Ökumene und zur Versöhnung der Religionen leisten.

Dieses Diözesanmuseum mit der aktuellen Landesausstellung ist in einem neuen Betonwürfel untergebracht. Er steht auf dem Gelände der evangelischen Kirche Fresach. Auf dem Areal befindet sich auch das alte „Toleranzbethaus“. Hinter der zweiten relativ neuen Kirche ist zur Landesausstellung ein „Stelenpark“ entstanden. Dort hat sich jede der verbliebenen evangelischen Gemeinden mit einer eigenen Stele ein individuelles Denkmal setzen können. Es sind 33 für das gesamte Bundesland Kärnten (eine davon befindet sich in Osttirol) mit seinen 550000 Einwohnern. Zumindest diese 33 beachtenswerten Kunstwerke hinterlassen dauerhafte evangelische Spuren dort.



Für eine weitere Exulantenreise vom 15. bis 18. September mit Besuch der Landesausstellung in Fresach ist Anmeldung möglich beim Evangelischen Bildungswerk Schwabach, Telefon (09122) 9256420. Dort ist auch ein Prospekt erhältlich.