Klüpfel & Kobr bei LesArt: Literatur trifft auf Comedy

13.11.2015, 08:15 Uhr
Klüpfel & Kobr bei LesArt: Literatur trifft auf Comedy

© Foto: Robert Schmitt

Legendäre Kommissare stammen aus legendären Städten. Columbo ermittelt in Los Angeles, Kojak jagt Gangster auf den Straßen von Manhattan, Maigret sucht und findet Mörder in Paris, Schimanskis Tatorte sind in Duisburg verstreut. Einen großen Teil ihrer Faszination beziehen diese Leinwand-Krimis aus der Beziehung zwischen der Hauptfigur und ihrem Umfeld. Das ist auch bei den Romanen von Volker Klüpfel und Michael Kobr nicht anders.

LesArt bot ihnen die Gelegenheit, ihren achten Kluftinger-Krimi vorzustellen. Die Lesung aus „Grimmbart“ hat das Autorenduo in ein Kabarettprogramm eingebettet. „LesArt meets Comedy“, war das Motto am Mittwochabend im Markgrafensaal, der allerdings nur bedingt halten konnte, was er versprochen hatte.

Charme und Spannung der Geschichten um Hauptkommissar Kluftinger sind ohne dessen Heimat nicht denkbar. Doch wo sonst Weltstädte den Rahmen bilden, ist bei Kluftinger die biedere Bodenständigkeit bayrischer Provinz angesagt: Er arbeitet bei der Polizei in Kempten, einer kreisfreien Stadt im Allgäu, und wohnt in dem Dorf Altusried. Dass das genug Stoff für eine Handvoll erfolgreicher, mit Preisen überhäufter Romane gebildet hat, das ist wohl insbesondere der Persönlichkeit des Hauptkommissars zu verdanken.

Klüpfel und Kobr stammen selbst aus dem Allgäu. Sie haben einen Protagonisten geschaffen, der viel tapsige Provinzialität und reichlich spießige Attitüden mit einer bemerkenswerten kriminalistischen Spürnase verbindet. Obwohl Kluftinger im alltäglichen Leben eher tollpatschig agiert, regelmäßig in Fettnäpfchen tritt und nicht nur von seiner Ehefrau, sondern auch von seinen betagten Eltern noch bemuttert wird, gelingt ihm dank seines scharfen Blickes, seines mitunter fotografischen Gedächtnisses und seiner Kombinationsfähigkeit doch regelmäßig die Lösung des Falls. Kluftinger mag keine Leichen, er leidet unter Flugangst, tut sich mit Fremdsprachen schwer, hat weder für modische Accessoires noch für technische Neuerungen etwas übrig, fährt einen uralten VW Passat Diesel und liebt deftige Speisen wie Kässpatzen. Im örtlichen Musikverein spielt er die große Trommel, weil sich sonst niemand findet, der bereit wäre, dieses Instrument zu übernehmen. Das alles hat man in den ersten sieben Kluftinger-Bänden erfahren.

Bei der Lesung steht ebenfalls das Privatleben des Kommissars im Mittelpunkt. Von einem Verbrechen und seinen Umständen bekommt das Publikum nahezu nichts. Lediglich zum Einstieg präsentieren Klüpfel und Kobr Polizeiarbeit. Allerdings im Trockendock.

Kluftinger und sein Team müssen ein Schießtraining absolvieren. Ein Geiselnehmer soll gestellt werden. Alle sind mit Paintball-Waffen ausgerüstet. Als der erste Schuss des Verbrechers knapp sein Ziel verfehlt, rastet das Polizistentrio mit mangelnder Schießerfahrung aus. Sie übersäen den fiktiven Gangster, ihren Kollegen Maier, aus kürzester Entfernung solange mit Farbkugeln, bis er bunt bepflastert am Boden liegt.

Allgäu meets Japan

Hauptstrang der Nebenhandlungen des achten Kluftinger-Romans ist aber die Hochzeit seines Sohnes Markus mit Yumiko. Kluftinger muss sie vorbereiten. Miki, wie die Schwiegertochter in spe im Allgäu genannt wird, stammt aus Japan. Markus Kluftinger hat sie beim Studium in Erlangen kennengelernt. Sein Fach ist die Psychologie, denn er will Profiler werden.

Nun holt Kluftinger seine künftige japanische Schwägerschaft vom Flughafen ab. Bei der Fahrt im Passat versucht er dem Gast aus Fernost in radebrechendem Englisch näherzukommen. Mit „drink for cars“ beschreibt er die Funktion einer Tankstelle, löst bei seinem Beifahrer aber ausschließlich Verwunderung aus, die noch größer wird als er „Triaden“, also die chinesische Mafia, mit „Brigaden“ verwechselt.

Kluftingers Intimfeind Dr. Langhammer kommt ebenfalls ins Spiel. Sie treffen sich, um das Festmahl zu bestellen und die Hochzeitsrede zu verfassen. Kluftinger setzt dabei auf die Vorliebe seines Sohns für japanisches Spielzeug, Langhammer will Sätze, „die die Kraft haben, Orientierung zu geben“.

Der Abend hat seine großen Momente in der szenischen Lesung der beiden Autoren. Sie ist gut ausgewählt und gekonnt umgesetzt. Besonders köstlich sind absurde Pointen, etwa als Kluftinger seinem japanischen Gast erklärt, dass im Haus das Internet nicht funktionieren kann, weil es sein Sohn mitgenommen hat: „Das Internet ist in Erlangen.“ Das entschädigt für Frotzeleien über Bierbauchansatz und verschwundenes Haupthaar. Da wäre weniger mehr.

Warum das Buch „Grimmbart“ heißt, das erfährt man zwar nicht. Immerhin aber kommen die Märchen der Gebrüder Grimm ins Spiel. Denn die Grimms waren wegen ihrer Grammatik angeblich im Allgäu. Sie haben dort den echten Urheber ihrer weltberühmten Sammlung kennengelernt und sich schamlos bei ihm bedient. Rapunzel, Dornröschen, Des Kaisers neue Kleider: „Alles Plagiate“, wissen Klüpfel und Kobr, deren haarsträubende Fehler sie per Videoeinspielung aufzudecken versuchen, was allerdings eher bemüht unterhaltsam ist. Die kleinen Filme sind Comedy der biederen Art und stellen keine Verbindung zum Roman her.

Am Ende greifen Volker Klüpfel und Michael Kobr noch zu Instrumenten. Per Geige und Trommel liefern sie sich einen letzten Schlagabtausch über ihre negativen Eigenschaften. Als Sänger und Musiker sind sie gar nicht schlecht. So ziehen sie ins Foyer, um Bücher zu signieren.

Kluftingers Schöpfer haben längst Kultstatus. Ein Duo zum Ablachen.

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