Landkreis Roth: "Psychiatrien sind gerammelt voll"

2.12.2016, 13:07 Uhr
Landkreis Roth:

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Die Leiterin der Erziehungsberatung Roth-Schwabach sprach von einem gesteigerten Bedarf: „Die Gesellschaft ist enorm im Umbruch. Die Kinder haben einen enormen Druck und Ängste. Die Eltern haben nicht mehr soviel Zeit, das emotional aufzufangen.“ Und beide bräuchten vermehrt psychiatrische Aufmerksamkeit. In nackten Zahlen: Seit 2013 gab es eine Steigerung von über 20 Prozent. Von 2014 bis 2015 stieg die Zahl der Fälle um fast 100 von 739 auf 833. Dieser Wert war heuer schon Anfang Dezember erreicht.

Elfriede Schweinzer beobachtet auch qualitative Veränderungen: „Bei uns explodiert „Trennung und Scheidung“. Die Auseinandersetzungen zwischen den Eltern werden immer verrückter.“ In 37 Prozent der Fälle springen die Erziehungsberater Alleinerziehenden bei, Tendenz steigend.

Um die Gegenwirkung zu erhöhen, setzte man auf Prävention: Außensprechstellen in Kindergärten und Vorträge.

Schreibaby-Beratung ein Erfolg

Als Erfolgsmodell hat sich nach Darstellung von Elfriede Schweinzer die 2009 im Landkreis eingeführte Schreibaby-Beratung herausgestellt, die es üblicherweise nur in Großstädten gibt. Hier seien steigende Zahlen darauf zurückzuführen, dass Eltern bewusster geworden seien.

Die Jugendhilfe bekommt ihre Aufträge vom Jugendamt, Manuela Ostermeier von der Station Roth kann die Erfahrungen von Elfriede Schweinzer nur bestätigen: „Wir registrieren vermehrt psychische Erkrankungen.“

Zur Erziehungsberatung will der Landkreis im kommenden Jahr über 50 000 Euro mehr aufbringen als in diesem Jahr, für das 547 750 veranschlagt waren. Die Erhöhung ist einer Stellenerweiterung im Sekretariat, Tariferhöhungen und dem Anstieg der Klientenzahl geschuldet.

Zahl der Flüchtlinge rückläufig

In der Jugendarbeit und Jugendhilfe werden nächstes Jahr über zweieinhalb Millionen Euro weniger gebucht als heuer. Das liegt daran, dass man mit einem Rückgang der unbegleiteten Flüchtlinge von 130 auf 50 kalkuliert. Der Aufwand für sie sind Durchbuchungen, da der Kreis das Geld vom Bezirk (Volljährige) und vom Land (Minderjährige) erstattet bekommt.

Was anzieht, ist der Bedarf des Landkreises bei Jugendhilfeleistungen um 121.600 Euro (plus 1,9 Prozent). Darin steckt unter anderem ein plus von 82.000 Euro für die sozialpädagogische Familienhilfe, die die klassische Heimerziehung vermeiden soll.

Die Zahl der betreuten Familien stieg von 29 auf 50. Mit 100.000 Euro zusätzlich wird bei der Vollzeitpflege gerechnet. Die Zahl der Pflegekinder stieg in einem Jahr von 56 auf aktuell 95 (darunter neun unbegleitete minderjährige Flüchtlinge).

Halbe Million für Roth

Auffälliger Aspekt: Der Landkreis Roth zieht Vollzeitpflegefälle an. Während acht Kinder auswärtig untergebracht waren, waren 43 aus anderen Landkreisen im Rother Gebiet gemeldet. Allein in den vergangenen drei Monaten wurde ein Zuzug von sechs Heimkindern registriert. Ein Abgleich der Daten hat sich gelohnt: Roth bekam von anderen Landkreisen eine halbe Million Euro Kostenerstattung.

Zusammenfassend ergab sich folgendes Zahlenwerk, das der Ausschuss für Jugend und Familie dem Kreistag zur Zustimmung weitergab: Bei fast elf Millionen Euro Ausgaben für 2017 (2016: 13,4) und Einnahmen von 4,275 Millionen (6,93) ergibt sich ein Zuschussbedarf von 6,6 Millionen. Das sind 121 600 Euro oder 1,9 Prozent mehr für Jugendarbeit und Jugendhilfe als 2016.

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