Lebensfeindliches Klima im Zelt

27.1.2013, 11:45 Uhr
Lebensfeindliches Klima im Zelt

© Hess

Die Altäre sind nach wie vor eingehaust. Die Einhausung des Hochaltars ist sogar zusätzlich in ein Zelt aus Folie gepackt.

Hoher Aufwand

In dem Folien-Zelt herrscht ein lebensfeindliches Klima. Und das ist beabsichtigt und gut so. Mit Stickstoff will man Schädlingen im Holz den Garaus machen. Die Untersuchung hatte nämlich ergeben, dass sich Insekten im Holz breit gemacht haben. Gegenwärtig läuft die „Holzwurm“-Bekämpfung. Der Aufwand ist beträchtlich. So ist der Hochaltar praktisch luftdicht eingepackt. In die Hülle aus miteinander verschweißten Folien leiten kleine Schläuche Stickstoff. Der wird mit hohem technischem Aufwand direkt aus der Luft gewonnen.

Der wertvolle Altar (fertiggestellt/geweiht 1508) wird den Nürnberger Künstlern Michael Wo(h)lgemut(h) (Albrecht Dürers Lehrer), Wolf und Hans Traut (Vater und Sohn) sowie Veit Stoß zugeschrieben.

Lebensfeindliches Klima im Zelt

© Hess

Das Folien-Zelt für die Begasung ist riesig. Der Altar misst 15,10 mal 6,58 mal 0,86 Meter. Hinzu kommt der Holzkasten der Einhausung. Um diesen herum befindet sich noch ein Gerüst, und dies wiederum ist mit der Folie überspannt. Mit Gift wäre der Aufwand zwar viel geringer, aber dem Geschäftsführenden Pfarrer Dr. Paul-Hermann Zellfelder war eine giftfreie Bekämpfung wichtig. Die früher übliche Blausäure oder chemische Holzschutzmittel wären für ihn nicht infrage gekommen. Die Schädlingsbekämpfung erfolgt als ohne Gift und umweltfreundlich.

Begasung läuft seit Monaten

Maschinen im Kirchenschiff trennen den Stickstoff aus der Luft heraus. Zusätzlich wird der Stickstoff auf rund 50 Grad aufgeheizt, um den schädlichen Insekten vermeintlich ideale Temperaturen zu bieten. Die Begasung des Riesen-Altars läuft schon seit drei Monaten, üblich sind eigentlich zwei Wochen. Doch die Firma hatte sich offenbar verschätzt, was das Ausmaß des Altars anbelangt.

Inzwischen leitet eine zweite Maschine Stickstoff auf den Altar. Es wird wohl noch Wochen dauern, bis der Altar fertig und damit garantiert schädlingsfrei ist. Garantiert deshalb, weil die Maßnahmen protokolliert werden.

Diese Prozedur haben die kleinen Altäre in der Kirche bereits hinter sich. Auch Tafeln, Bilder und Figuren sind schon mit Stickstoff behandelt worden. Für sie hatte die Sakristei als Begasungsraum gedient. Architekt Jürgen Lemke meint, dass die Altäre nun für Jahrzehnte vor Schädlingen sicher sein müssten.

Johannes zieht weiter

Die Statur von Johannes dem Täufer, höchstwahrscheinlich ein Werk des berühmten Nürnberger Bildhauers Veit Stoß, hat die Stickstoff-Behandlung noch vor sich, obwohl sie eigentlich Teil des Hochaltars ist. Der Johannes (er stand links im Schrein des Altars) ist nämlich derzeit auf Reisen. Die Schwabacher haben die wertvolle Figur nämlich für einen Wander-Ausstellung verliehen. Die Johannes-Figur ist etwa 1,80 Meter groß. Veit Stoß hat sie um 1500 aus einem Lindenstamm geschnitzt.

Die Ausstellung trägt den Titel „Europa Jagellonica 1386-1572. Kunst und Kultur Mitteleuropas zur Zeit der Jagiellonen“. Die Jagiellonen sind eine litauisch- polnische Dynastie, die früher über Polen und Litauen (1386-1572), Böhmen (1471-1526) und Ungarn (1490-1526) geherrscht hat.

Diese Ausstellung und damit der Johannes aus Schwabach war von Mai bis September in der Mittelböhmischen Galerie Kutna Hora, dem früheren Kuttenberg, bei Prag, zu sehen. Seit 2. Oktober bis 27. Januar macht die Ausstellung Station im Nationalmuseum im Königlichen Schloss von Warschau.

Der dritte Ausstellungsort ist Potsdam. Ursprünglich hätte das Schwabacher Kunstwerk wegen eines anderen inhaltlichen Schwerpunkts dort eigentlich nicht ausgestellt werden sollen. Doch die Verantwortlichen haben sich nun doch dafür entschieden, den Johannes von Veit Stoß auch in Potsdam zu zeigen. Dort ist „Europa Jagellonica“ und Johannes d.T. aus Schwabach dann von 1. März bis 16. Juni im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte zu bewundern.

„Dir werd’ ich helfen“, Restaurierung der Schwabacher Stadtkirche, Telefon (09122) 9256-200. Spenden: Konto 231109232, BLZ 76450000, Sparkasse Mittelfranken-Süd, und Konto 7807449, BLZ 76460015, Raiffeisenbank Roth-Schwabach.

Informationen zum Stand der Sanierung im Internet unter
www.dirwerdichhelfen.org

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