Links gegen Rechts

28.10.2011, 00:00 Uhr

Über seinen Rechtsanwalt Hartmut Döbereiner (Nürnberg) ließ der 19-Jährige, der in Roth bei seinen Eltern wohnt und in Schwabach eine Ausbildung absolviert, erklären, dass er den Tatvorwurf im wesentlichen einräume. Ja, er habe sich den Polizeibeamten widersetzt; ja, er habe sich körperlich gewehrt; doch nein zu dem Vorwurf, er habe durch sein Tun es billigend in Kauf genommen, dass Polizeibeamte verletzt werden. „Mein Mandant fühlte sich bedroht“, sagte Döbereiner. Die Stimmung sei hitzig gewesen.

Ein 35-jähriger Polizeibeamter, ob der Brisanz des Verfahrens damals schon am Vormittag in Bereitschaft, sprach von „Platzstreitigkeiten“, als der Gerichtssaal nach einer Pause gegen 12.40 Uhr wieder geöffnet wurde. Der Richter habe wegen der Tumulte den Saal räumen wollen, doch die Anhänger der linken Szene blieben da. Ob der Angeklagte gezielt auf ihn eingeschlagen habe, könne er nicht sagen, sagte der Beamte. Da könne vielleicht ein Video für mehr Klarheit sorgen, das damals gedreht worden sei und das dem Gericht vorlag.

Ein Kollege des 35-Jährigen beschrieb, dass er Stefan S. aus der Bank herausziehen wollte, doch der habe sich losgerissen und versucht, auf einen weiteren Beamten einzuschlagen. Er habe dieses Ausholen blockieren können. Dann sei der 19-Jährige „mittels einer Festhaltetechnik“ dingfest gemacht worden.

Nach dem Betrachten des Videos und dem Bericht der Jugendgerichtshilfe, der Stefan S. eine positive Sozialprognose bescheinigte, wollte Rechtsanwalt Döbereiner das Verfahren gerne einstellen. Dem widersprach aber Staatsanwalt Dominik Steinauer sofort, denn er sah den Sachverhalt aus

der Anklageschrift bestätigt. Der 19-Jährige wollte nicht gehen, leistete Widerstand und wollte die Beamten nicht nur wegstoßen, meinte der Staatsanwalt. Steinauer sah „eher gezielte Schläge“ und forderte einen Dauerarrest von einer Woche.

Verteidiger Döbereiner hingegen sah keine gezielten Schlagversuche, sondern nur eine Ausholbewegung. „Was als Widerstand gegen Rechts gedacht war, wurde zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“, räumte der Anwalt ein. Eine Verletzungsabsicht aber habe sein Mandant nie gehabt. Er sei nicht auf Randale aus gewesen und habe sich ja auch „einfach und schnell abführen lassen“. Eine Einstellung des Verfahrens wäre nach Ansicht Döbereiners angemessen gewesen. Der Anwalt plädierte für eine Geldauflage im untersten Bereich.

Jugendrichter Reinhard Hader verurteilte den 19-Jährigen schließlich zu einer Geldauflage in Höhe von 600 Euro, was in etwa der Ausbildungsvergütung entspricht, die Stefan S. pro Monat erhält. In seiner Urteilsbegründung wollte Hader den Vorfall auf den rein juristischen Vorgang herunterbrechen und sah den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte als erwiesen. Ob Stefan S. schlagen wollte, war für den Richter nicht so deutlich, doch: „Das gesamte Verhalten war nicht okay.“ Man müsse unterscheiden zwischen politischem Engagement und Randale. „Einen Arrest braucht es nicht“, meinte Hader. Stefan S. habe sich mitziehen lassen von einem gruppendynamischen Prozess.

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