Lokführer-Streik: Opfer der Machtspiele haben die Nase voll

6.5.2015, 21:26 Uhr
Lokführer-Streik: Opfer der Machtspiele haben die Nase voll

© Foto: Robert Schmitt

Für die meisten hat der Ausstand keine Berechtigung, weil damit keine realen Forderungen der Lokführer verbunden sind. „Es ist ein Machtkampf“, ist oft zu hören.

„Nervig“ ist noch die zurückhaltendste Bewertung der Folgen des Arbeitskampfes. „Ich sag nichts“, meint einer, „denn das wäre nicht druckreif“. Ein anderer Fahrgast kann es aus seiner Sicht ohne Kraftausdrücke auf den Punkt bringen: „Es leiden zu viele Leute zu lange und zu oft.“

Eine junge Frau, die in Roth auf den Regionalexpress wartet, stellt sich allerdings eine andere Frage. „Die Bahn erhöht dauernd die Preise“, sagt sie, „das kommt dann offenbar nicht bei den richtigen Leuten an.“

Ganz häufig ist bei Nachfragen in Zügen und auf Bahnhöfen zwischen Schwabach und Roth das böse Wort mit „Sch...“ zu hören. „Anfangs habe ich die Streiks schon verstanden“, sagt eine 18-jährige Schülerin aus Heideck. „Aber nun nützen die Lokführer ihre Stellung aus, denn es gibt Leute, die viel härter arbeiten.“ Ihr Weg in die Georgensgmünder Mittelschule wird die nächsten Tage noch mühsamer. „Ich brauche eine Fahrgemeinschaft, weil meine Eltern arbeiten“, sagt sie.

Gefährliche Kettenreaktionen

Ein Altenpfleger aus Georgensgmünd muss täglich nach Schwabach pendeln. „Was wäre denn, wenn wir streiken würden?“, fragt er und sieht seine Schützlinge durch den Streik als bedroht an. „Wenn wir nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen, leiden die Senioren.“ Jeder habe das Recht auf Streik, fügt er hinzu, „aber wenn solche Kettenreaktionen entstehen, dann ist es schon zweifelhaft“.

Eine junge Frau, die in Schwabach auf die S-Bahn nach Nürnberg wartet, sieht mit Schrecken auf die kommenden Tage. „Ich wohne in Fürth. Wenn der Zug nicht fährt, muss ich um vier Uhr aufstehen.“ Nur dann trifft sie mit U-Bahn und Bus rechtzeitig am Fließband einer Schwabacher Firma ein. „Ich find’ den Streik nicht gut“, sagt sie.

Es trifft die Falschen

Ein Mann aus der Nähe Hilpoltsteins kommt in Roth mit dem Regio an und eilt zur Gredl. Er hat besonders üble Erfahrungen mit dem Arbeitskampf der Zugchauffeure machen müssen. „Zur Beerdigung meines Vaters konnten 20 Senioren nicht anreisen, das hat mir echt weh getan“, schildert er die Folgen eines der ersten Streiks für seine Familie. „Es trifft die Falschen“, ist er fest überzeugt. „Das muss man anders aushandeln“, empfiehlt er der GdL.

So sieht es auch ein Gewerkschaftskollege der IG Metall, der sich am Rother Bahnhof für den Notfahrplan anstellt. „Ich habe grundsätzlich dafür Verständnis, denn ich habe selbst schon gestreikt“, erklärt er. Bei den Lokführern blicke er aber nicht mehr richtig durch. „Bei uns kommt es nach dem Streik zu Verhandlungen und man einigt sich, die streiken jetzt schon zum vierten Mal in einem Jahr“, sagt er. Es müsse doch möglich sein, sich an einen Tisch zu setzen und eine vernünftige Lösung zu finden. Seinen Arbeitsplatz in Sandreuth glaubt er dennoch, rechtzeitig zu erreichen. „Solange noch ein gewisser Ersatz da ist, geht es doch. Man muss sich nur arrangieren.“

„Ganze Bereiche unbesetzt“

Eine Gruppe Security-Mitarbeiter wartet auf den Zug nach Ingolstadt. „Wir arbeiten in ganz Bayern und müssen jeden Tag anderswo sein“, erklärt einer. 70 Prozent der 140 Beschäftigten des Unternehmens seien dabei auf die Bahn angewiesen. Wenn also immer einige zu spät kämen, dann werde die Arbeit nicht leichter. „Oft sind ganze Bereiche unbesetzt“, stellt er fest.

Eine junge Frau macht sich von einem Besuch in Roth auf die Rückreise in die Bundeshauptstadt. Sie sieht den größeren Teil der Verantwortung für den Streik auf Bahnseite. „Die sitzen doch am längeren Hebel.“

Teures Machtspiel

Aufgrund der Zugausfälle länger an ihrem Arbeitsplatz in Rednitzhembach bleiben muss eine Rotherin. „Nur dann kann ich mit einer Kollegin mitfahren.“ Schließlich ist die S-Bahn die einzige Verbindung zwischen der Kreisstadt und ihrem Arbeitgeber. Sie ärgert sich auch wegen ihrer Monatskarte. „Die kostet 64 Euro, jetzt fällt eine ganze Woche weg“, sagt sie. „Wenn ich den Weselsky nur sehe, stehen mir die Haare zu Berge“, ist sie zornig.

Ein Rentner in Schwabach geht noch weiter. „Der gehört eingesperrt“, sagt er. „Diese Spinner, und der Bürger leidet.“ Weselsky, dem gehe es nicht mehr um die Sache, fügt ein anderer hinzu, „dem geht es nur um die eigene Macht, deshalb bin ich ziemlich sauer“.

Wichtiger Streik

Für eine Frau aus Nürnberg, die in Schwabach aussteigt, ist es ebenfalls schwer zu verstehen, „wegen der Machtfrage weniger so viele in Mitleidenschaft zu ziehen“. Dennoch gehe es ja um die Koalitionsfreiheit. „Vielleicht ist der Ausstand ja doch gerechtfertigt“, sagt sie und verweist auf Zeitungsberichte der jüngsten Zeit, die das Eintreten der GdL für das Grundrecht als den „wichtigsten Streik der Berliner Republik“ darstellen.

Die Motivation der Streikenden wird durch andere Nachrichten aber gewiss noch besser befeuert. Wie das Handelsblatt jüngst gemeldet hat, strich der Bahnvorstand für 2014 dicke Prämien ein, obwohl die Bahn AG laut Handelsblatt ihre Umsatz- und Gewinnziele verfehlt hat. Die Vorstandsmitglieder kassierten mit 7,28 Millionen Euro angeblich mehr als doppelt so viel an Erfolgsprämien wie im Vorjahr.

174 versus 4,7 Prozent

Besonders stark seien dabei die kurzfristigen Boni gestiegen: Von 1,9 auf 5,2 Millionen Euro, was einen Zuwachs von 174 Prozent bedeutet.

Den Lokführern hat man 4,7 Prozent Gehaltssteigerung angeboten. Aber ums bloße Gehalt, das muss man bei diesem Mega-Streik hinzufügen, geht es diesmal ja nicht.

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