Marcel Heim zum Projekt „Neue Sporterfahrung“

20.6.2015, 09:12 Uhr
„Wie muss ich die Brille noch einmal aufsetzen?“ Fußball-Juniorinnen der SG SV Abenberg im Gespräch mit Marcel Heim.

„Wie muss ich die Brille noch einmal aufsetzen?“ Fußball-Juniorinnen der SG SV Abenberg im Gespräch mit Marcel Heim.

Wie bist Du eigentlich zum Blindenfußball gekommen?

Heim: Es war Zufall. Erst 2006 hat der Blindenfußball, der schon seit 50 Jahren in Brasilien gespielt wird, Einzug in Deutschland gehalten. Kurz vorher bin ich nach meiner Erblindung in das Berufsförderungswerk Würzburg gekommen. Als erste Schnuppertrainings angeboten wurden, habe ich mitgemacht und bin sofort dabei geblieben. So habe ich dann die Würzburger Blindenfußballmannschaft mit gegründet.

Dabei warst Du früher eher in der Leichtathletik zu Hause.

Heim: Stimmt, 2012 hätte ich es um ein Haar zu den Paralympics nach London geschafft. Die 100 Meter laufe ich handgestoppt immer noch in 11,5 Sekunden. Eine Verletzung hat mich zurückgeworfen.

2016 sind wieder Paralympische Spiele, diesmal in Rio. Klingt verlockend, oder?

Heim: Das schaffe ich nicht mehr. Es reicht vielleicht noch für die Deutsche Meisterschaft.

Das Projekt „Neue Sporterfahrung“, das du seit einiger Zeit begleitest, führt weit über den Sport hinaus.

Heim: Wir versuchen Barrieren bei Kindern und Jugendlichen abzubauen. Wir zeigen ihnen, dass Fußball auch blind möglich ist und schwenken zum Schluss des Trainings noch auf den Alltag. Wir erklären, wie unser Leben mit unserer Sehbehinderung abläuft. Das liegt mir sehr am Herzen.

Was nehmen die Kinder und Jugendlichen aus dem Training mit?

Heim: Die meisten sagen, dass sie nun mehr Respekt davor haben, vor der Leistung der blinden Sportler auf dem Platz und vor Menschen mit Handicaps ganz allgemein. Sie merken sehr schnell, dass man auch mit Sehbehinderung ein ganz normaler Mensch ist. Blinde gehen ganz normal zur Arbeit, treiben Sport und haben verschiedene Hobbys. Sehr vielen, ich benutze den Ausdruck ganz bewusst, öffnet es die Augen.

Du selbst bist eigentlich gelernter Koch.

Heim: Den Beruf kann man als Blinder nicht mehr ausüben. Deshalb habe ich in Würzburg umgeschult auf Informatiker. Doch, und auch das ist Alltag, Menschen mit Handicap haben es schwerer, einen Job zu ergattern. Ich arbeite derzeit als Gruppenleiter im Dialogmuseum Frankfurt. Dort können Besucher für eine bestimmte Zeit nacherleben, wie wir als Behinderte leben, wie wir uns als Behinderte fühlen. Eigentlich suche ich aber eine Beschäftigung in der Informatiker-Branche.

www.anstoss.telekom.com/neue-sporterfahrung

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