Markgräfliche Vereinigung vor 240 Jahren

10.11.2009, 00:00 Uhr

Jahrhundertelang waren in Franken die Menschen zwischen Bayreuth, Kulmbach, Hof, Erlangen oder Neustadt/Aisch daran gewöhnt, von einem Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth regiert zu werden.

Landesherr der «Markgräfler» in Uffenheim, Crailsheim, Ansbach, Schwabach, Roth. Gunzenhausen oder Treuchtlingen wiederum war ein Markgraf von Brandenburg-Ansbach.

Beide Fürsten gehörten zum Haus Hohenzollern. Im Jahre 1769 – also heuer vor 240 Jahren – war nur noch ein fränkischer Markgraf übrig: Der damals 33-jährige Christian Friedrich Carl Alexander, kurz «Alexander Markgraf von Brandenburg-Ansbach» genannt.

Denn die andere fränkische Markgrafen-Linie, also die in Bayreuth, war im Januar 1769 mit dem schrullig-skurrilen Friedrich Christian, dem wohl «unfähigsten aller Markgrafen», so Professor E. Herrmann, im Mannesstamm erloschen.

Ende der Selbstbedienung

Jahrelang hatten der preußische König Friedrich der Große, als Chef des Gesamthauses Hohenzollern, und dessen Ansbacher Neffe Alexander vergeblich die unglaubliche Misswirtschaft der Regierung und die ungebremste Selbstbedienung der Hofschranzen in Bayreuth angeprangert. Nun sollte es der Ansbacher Markgraf richten.

Gemäß den Familienverträgen innerhalb des Hauses Hohenzollern war schon vorher ausgemacht worden, dass beide fränkische Markgraftümer zwar eigenständige Staaten bleiben sollten, aber nun gemeinsam regiert (also in Personalunion) vom Ansbacher Markgrafen Alexander.

Beide Territorien waren allerdings keine geschlossenen Flächenstaaten, sondern im wesentlichen noch Personenverbands-Staaten: In Zahlen ausgedrückt hieß das, dass von den nunmehr 410 000 Einwohnern eigentlich nur 270 000 wirkliche markgräfliche Untertanen waren, 140 000 aber nur teilweise oder gar nicht, weil sie rechtlich zum Teil an zahlreiche kleinere Adelsherrschaften oder an solche von Bistümern gebunden waren. Jede noch so gut gemeinte Regierungsmaßnahme des letzten fränkischen Markgrafen musste künftig – zur Freude der zahlreichen Anwälte – gegen einen juristischen Wirrwarr ankämpfen. Ein Problem, das Alexander schon von Ansbach her kannte.

Alexander greift durch

In Bayreuth jedenfalls sorgte Alexander rasch für klare Verhältnisse: Unmittelbar nach dem Tode des letzten Bayreuther Markgrafen (ein Ansbacher Beamter hatte vorsorglich bereits im Nebenraum des Sterbezimmers gewartet) ließ Alexander durch seine Gesandten die «gesamte alte Führungsmannschaft in Bayreuth» entlassen, also sämtliche Minister, Oberamtmänner und sonstige Hofbeamte; was in der Bayreuther Bevölkerung helle Begeisterung auslöste und in einem Plakat an der Stadtkirche – inklusive Vorwarnung – am besten zum Ausdruck kam: «0 Wunder/Was hört man jetzt unter ?/Carl Alexander jagt sie auseinander./Ihr Herren, haltet besser Haus,/sonst müsst ihr alle zum Tor hinaus».

Doch bald kam in der ehemaligen Residenz Bayreuth Katerstimmung auf, als der gewaltige Stellenabbau samt Wegfall von Einkünften auch all jene betraf, die als Zulieferer, als Handwerker, Angestellte etc. am oder vom markgräflichen Hof gelebt hatten. So traf die Entlassungswelle zum Beispiel allein 82 Stallbedienstete.

Trotzdem: Als am 12. Mai 1769 endlich «Seine Hochfürstliche Durchlaucht» Alexander Markgraf von Brandenburg-Ansbach und Bayreuth, höchstpersönlich in sechsspänniger Kutsche Einzug in Bayreuth hielt, jubelte ihm die Bevölkerung zu; mehrfach musste er sich von einem Fenster des Bayreuther Schlosses der hochgestimmten Menge zeigen.

Schwabacher Münzen

Die markgräfliche Münzstätte in Schwabach erhielt umgehend den Auftrag, das große Ereignis des Jahres 1769 auf neuen Münzen – Dukaten und Tälern – darzustellen. So zeigte zum Beispiel ein Täler auf einer Seite das Porträt des Markgrafen Alexander und auf der anderen unter der Umschrift «FELIX CONIUNCTIO» (= Glückliche Vereinigung) den brandenburgischen Adler, der auf einer Schleife sitzt, die wiederum zwei Löwenwappen umschlingt: Mit den identischen Wappen waren das alte Burggraftum «ober Gebürg» (später Markgraftum Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth) und das Burggraftum «unter Gebürg» (später Markgraftum Brandenburg-Ansbach) gemeint. Zwischen den Wappenschilden ist die Jahreszahl MDCCLXIX (1769) angegeben. Das ,,S» unter der Schleife war das Zeichen der Münzstätte Schwabach.

Alexander sollte der am längsten regierende fränkische Markgraf (der seit 1603 amtierenden jüngeren Linie) werden. Sein Hauptproblem – den Abbau der enormen Schuldenberge in seinen beiden Staaten – löste er, wie manch andere deutsche Fürsten – unter anderem durch das umstrittene und zurecht kritisierte Vermieten (nicht den Verkauf) von Subsidientruppen an England, das solche Truppen in Amerika gegen die Armee von George Washington benötigte.

Nicht in die eigene Tasche

Positiv ist immerhin zu vermerken, dass Alexander – im Gegensatz zu manchen seiner fürstlichen Kollegen – von den englischen Subsidiengeldern (also der Leihgebühr) nachweislich nichts in die eigene Tasche steckte, sondern die gesamte Summe ausschließlich zur Schuldentilgung und zur Unterstützung von Invaliden und Kriegswaisen einsetzte.

Als der kinderlose Fürst nach 33-jähriger Regierungszeit 1791 abdankte und nach England ging – offenbar auf Drängen seiner späteren zweiten Gemahlin, Lady Craven, und unter dem Eindruck der Französischen Revolution – da notierte einer seiner Minister: Der Markgraf sei «müde der fortdauernden vielen Hinderungen, Schikanen und Prozesse, die er bei den besten Absichten... in zahlloser Menge habe erfahren müssen». Wie auch immer, die beiden fränkischen Markgraftümer kamen jedenfalls nun an das Königreich Preußen.

Seither hielt sich (und in manchen oberflächlichen Medienberichten bis heute) die schier unausrottbare Behauptung, dass der letzte Markgraf Alexander seine beiden Markgraftümer an Preußen «verkauft» hätte. Namhafte Historiker wie Professor R. Endres sowie fränkische Archivare haben wiederholt gegen diesen Unsinn angeschrieben.

Kinderloser Markgraf

Lassen wir stellvertretend für sie alle den Historiker Professor Golo Mann dazu Stellung beziehen: «Seine Abdankung wird manchmal einem Verkauf seines Landes an Preußen gleichgesetzt, was völlig falsch ist. Durch hohenzollernsche Familienverträge, zuletzt durch den Friedensvertrag von Teschen (1779) zwischen Preußen und Österreich ... war längst bestimmt, dass die Lande des kinderlosen Markgrafen an Preußen fallen sollten.»

Das Königreich Preußen konnte also gelassen das Aussterben der letzten fränkischen Markgrafen-Linie abwarten!

Vorzeitig in Pension

Der 55-jährige Alexander ist dann 1791 (wenige Monate nach dem Tod seiner Gemahlin) auf eigenen Wunsch quasi vorzeitig in Pension gegangen. Die stattliche jährliche Leibrente in Höhe von 300 000 Gulden zahlte Preußen. Alexander hätte «Land und Leute» gar nicht verkaufen können, und Preußen hätte niemals etwas gekauft, was es – spätestens nach Alexanders Tod – sowieso erhalten hätte.

Die Schwabacher jedenfalls - wie die Bürgerinnen und Bürger in Roth, Ansbach, Bayreuth, Hof - waren nun mit denen im fernen Berlin und im übrigen Brandenburg-Preußen tatsächlich in einem Staat vereint und allesamt Untertanen des Königs von Preußen. Allerdings nur rund 15 Jahre lang; dann kamen die Ex-Markgräfler und kurzzeitigen fränkischen Preußen dank Napoleon an das neue Königreich Bayern.

EUGEN SCHÖLER