Mehrgenerationenhaus mit ungewisser Zukunft

17.7.2011, 09:00 Uhr
Mehrgenerationenhaus mit ungewisser Zukunft

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Der Tätigkeitsbericht von Zentrums-Leiterin Simone Meyer liest sich wie eine Erfolgsgeschichte. Knapp 6000 Besucher, Tendenz steigend. Ein breites Angebot von der Rentenberatung über den „Schafkopf für Senioren“ bis hin zum „Russischen Teesalon“. Und konkrete Pläne für die Zukunft: Die Themen „Alter und Pflege“ sowie „Integration und Bildung“ sollen noch stärker betont werden. Besonders wichtig sind auch Integrationsangebote für Aussiedler aus Russland.

Finanzierung läuft aus

Das Problem: Die Finanzierung läuft Ende 2012 aus. Die Mehrgenerationenhäuser gehen auf eine Idee des Bundesfamilienministeriums zurück. Deshalb hat der Staat für die Anschubfinanzierung gesorgt. Auch in Schwabach. Hier wurde das Mehrgenerationenhaus 2008 eingerichtet. Zunächst im Wilhelm-Friedrich-Weg, 2010 folgte der Umzug in die größeren Räume in Limbach. Die Johanniter haben zudem 50000 Euro aus eigenen Mitteln in dieses Projekt gesteckt.

Die Stadt musste bislang nicht in den Stadtsäckel greifen. Genau das aber muss sich ändern, soll das „Zentrum Mensch“ eine Zukunft haben. Denn: Staatliche Zuschüsse von 30000 Euro Jahr gibt es nur allenfalls dann, wenn die Stadt selbst bereit ist, für die Jahre 2012 bis 2014 jährlich 10000 Euro beizusteuern. Nur dann hätte ein Antrag auf weitere Bundesmittel eine Chance. Wobei die insgesamt 30000 Euro auch Sachmittel sein können.

Doch auf diese städtische Förderung hat sich der Stadtrat bislang nicht einigen können. In der jüngsten Sitzung wurde das Thema kontrovers diskutiert und schließlich vertagt. Doch selbst für diese Vertagung gab es nur eine knappe Mehrheit von 19:17-Stimmen. CSU, Freie Wähler und FDP fanden das Thema durchaus entscheidungsreif — und hätten dagegen gestimmt.

Neues Konzept für Juze

„Die Arbeit ist hervorragend“, erklärte CSU-Fraktionschef Detlef Paul. „Aber was wird nach 2014? Wir fürchten, dass sich der Bund dann ganz zurückzieht und wir alleine dastehen.“ Das Angebot des Mehrgenerationenhauses sei auch durch andere Träger wie der VHS, dem Integrationsbeirat oder der Musikschule möglich. Und auch an anderem Ort. Paul denkt an das Jugendzentrum (Juze), das modernisiert werden soll und neue Möglichkeiten bietet: „Das Juze kann ein echtes Mehrgenerationenhaus werden.“

Auf die Finanznot der Stadt verwies Bruno Humpenöder, der Fraktionssprecher der Freien Wähler: „Es geht nicht. Der Haushalt gibt das nicht her.“

Auch FDP-Stadtrat Alexander Pühringer forderte deshalb, „ein Zeichen zu setzen“. Es sei unlogisch, darüber zu klagen, dass die Stadt kaum noch finanzielle Spielräume habe, dann aber neue Zuschüsse zu gewähren.

OB Matthias Thürauf (CSU) sieht die Stadt in der „klassischen Zuschussfalle“. Geld vom Staat gibt es nur mit Geld von der Stadt. „Wenn wir nein sagen, dann sind wir die Bösen, die das Projekt zerstören. Man muss aber ehrlich sagen, dass wir die Masse der Angebote des Mehrgenerationenhauses bereits an anderer Stelle haben. Ich oute mich jetzt als jemand, der dem Projekt von Anfang an kritisch gegenüber gestanden hat. Meine Zweifel konnten nicht ausgeräumt werden.“ Auch Thürauf sieht ein modernisiertes Juze als Chance: „Dann können wir die Angebote umleiten in städtische Strukturen, die wir ohnehin vorhalten.“

SPD für Zuschuss

Ganz anders sieht das die SPD. „Wir möchten, dass die Arbeit vor Ort so fortgeführt werden kann wie bisher“, betonte Dr. Gerhard Brunner, der stellvertretende SPD-Fraktionschef. Begründung: „Sie ist wichtig für die Menschen aus Osteuropa. In Limbach ist ein kleines Stadtteilzentrum entstanden. Das Jugendzentrum soll dagegen primär als Jugendzentrum funktionieren.“

Noch deutlicher wurde SPD-Kreisvorsitzende Helga Schmitt-Bussinger: „Es ist gefährlich zu glauben, das Jugendzentrum sei das Allheilmittel. Auch nach der Modernisierung gibt es dort nicht mehr Räume. Das ist ein Märchen. Die CSU will die Arbeit des Juze in seiner bisherigen Form beenden. Das wollen wir nicht.“ Auch der Standort sei „gut gewählt“ und solle beibehalten bleiben. Zudem habe die Stadt von Anfang an gewusst, dass nach der Startfinanzierung auch städtische Gelder nötig werden. „Dann hätten wir gleich nein sagen müssen.“

Die Grünen warben für ein „Brückenprojekt“ für die nächsten drei Jahre. Zunächst brauche man Zeit für den Umbau des Juze. Dann sei ein neues Konzept „unter städtischer Leistung“ anzustreben, so Fraktionschef Klaus Neunhoeffer.

„Ideale Lösung“

Bei den Johannitern und der Diakonie reagiert man enttäuscht, aber auch konstruktiv. „Natürlich ist die Stimmung bei uns jetzt nicht so toll“, sagt Johanniter-Geschäftsführer Martin Fickert. Er sieht das Konzept des Mehrgenerationenhauses nicht richtig verstanden: „Es ging nie um viele neue Angebote. Der neue Ansatz ist deren Bündelung unter dem Mehrgenerationen-Gesichtspunkt.“

Sein Kollege Ulrich von Brockdorff, der Geschäftsführer der Diakonie, hält das „Zentrum Mensch“ für „wichtig und notwendig“. Deshalb staunt er, dass der Stadtrat nicht bereit ist, jährlich 10000 Euro aufzubringen, wenn dadurch weitere 30000 Euro Bundeszuschuss fließen.

Martin Fickert hat aber einen Kompromiss-Vorschlag: Das Mehrgenerationenhaus zieht quasi ins Jugendzentrum um. Die 10000 Euro werden als Sachleistung durch die zur Verfügung gestellten Räume erbracht. In Limbach soll eine Außenstelle erhalten bleiben: „Das wäre die ideale Lösung.“