Mit der Jodel nach 60 Jahren zurück nach Schwabach

16.10.2016, 08:33 Uhr
Mit der Jodel nach 60 Jahren zurück nach Schwabach

© Foto: privat/oh

Allen voran bei Vinzenz („Vinz“) Stollar. Der Schwabacher hat im Jahr 1966 auf genau dieser Maschine seinen ersten Alleinflug absolviert. Damals trug die Maschine noch das Kennzeichen D-EGIB, heute ist sie mit G-BDBV versehen.

Wie all das gekommen ist? Die Briten, die heute Besitzer der Maschine sind, hatten vor geraumer Zeit im Logbuch des Flugzeugs gestöbert. Das Logbuch bei Flugzeugen kann man in etwa mit der Zulassungsbescheinigung Teil 2 (früher „Fahrzeugbrief“) für Autos vergleichen. Das Logbuch begleitet das Flugzeug sein gesamtes fliegerisches Leben. In ihm sind auch die Vorbesitzer aufgeführt.

Im Logbuch fanden die britischen Luftsportler, die für ihr Hobby das Seething Airfield nutzen (der Start- und Landeplatz befindet sich südöstlich von Norwich, einer Uni-Stadt im Osten der Insel), den Erbauer der Maschine, einen gewissen Walter Wolfrum.

Über intensive Recherchen im Internet fanden die Engländer heraus, dass Wolfrum wohl Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg war. Nach dem unseligen Krieg machte sich Wolfrum einen Namen als Kunstflieger. Bei deutschen Meisterschaften landete er etliche Male auf zweiten Plätzen, im Jahr 1962 klappte es sogar mit dem Sieg.

Wolfrum war rund 50 Jahre als Unternehmer in Schwabach tätig, ehe er 2010 verstarb. In den 1950er Jahren begann Wolfrum mit dem Kunstflug und avancierte bald zu einem Spitzenpiloten auch bei internationalen Meisterschaften.

Schlüssel: Fliegervereinigung

Dass Wolfrum in Schwabach gelebt hat, fanden die Briten zwar rasch heraus, konnten sich jedoch vorerst keinen Reim darauf machen, was Wolfrum mit „ihrem“ Flugzeug zu tun gehabt hatte. Für Schwabach stieß man vorerst nur auf die Stichworte „Blattgold-Handwerk“ und „Schwabacher Schrift“. Erst als man nach etlichen weiteren Anläufen herausfand, dass es auch eine „Fliegervereinigung Schwabach“ gibt, wurden die Zusammenhänge deutlicher.

Die Fliegervereinigung, im Jahr 1928 gegründet, ist einer der ältesten Fliegerclubs in Bayern. Walter Wolfrum wurde nach dem Zweiten Weltkrieg Mitglied, half tatkräftig mit, den Verein nach den schlimmen Kriegsjahren wieder aufzubauen.

Von 1952 bis 1956 wurde die Jodel von einem Team aus vier Männern, angeleitet von Walter Wolfrum, in Eigenarbeit gebaut. Die weiteren Mitglieder des Erbauer-Teams waren damals Heinz Vogelbacher und Herbert Dippold (beide sind bereits verstorben) sowie der heute 82-jährige Max Schramm.

„Werkstatt“ für den Bau der Jodel war die frühere Autolackiererei von Heinz Vogelbacher auf der Kappadocia. Die beiden Franzosen Édouard Joly und sein Schwiegersohn Jean Délémontez (daher der Firmen- und Modellname: Jo-Del) haben laut Wikipedia den Flugzeugtyp erdacht und konstruiert, die Maschinen, die als überaus zuverlässig gelten, aber nicht unbedingt selbst gebaut, sondern Lizenzen an Kleinunternehmer und Selbstbauer vergeben. „Zahllose flugbegeisterte Menschen nicht nur in Frankreich bahnten sich auf diese Weise mit ihrer eigenen Hände Arbeit den Weg in die Luft“, schreibt Wikipedia.

Die Jodel aus Schwabach flog rund 20 Jahre in Deutschland, ehe sie 1975 ins Vereinigte Königreich verkauft wurde und mittlerweile von den Luftsportlern des [1]Seething Airfield[/1] geflogen wird.

Die vier Besucher aus Großbritannien waren mit zwei Flugzeugen nach Schwabach gekommen. Stollar und Heidenreich unternahmen mit den weit gereisten Gästen natürlich auch einen Rundgang durch Schwabach, ehe die „Geburtstagsgäste“ wieder Richtung Heimat abflogen.

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