Nach 73 Jahren am Grab des Großvaters in Russland

9.5.2015, 08:24 Uhr
Nach 73 Jahren am Grab des Großvaters in Russland

© Foto: oh

„Zum Gedenken an die Gefallenen aller Völker und daran, dass Frieden auch 70 Jahre nach Kriegsende nicht selbstverständlich ist“, so Bauer.

Mit seinem Onkel Heinrich Volkert besuchte Volker Bauer das Gräberfeld, in dem der Vater seiner Mutter beigesetzt ist. Georg Volkert war im Zweiten Weltkrieg Kradmelder. Am 18. Juni 1942 ist er in einem Waldstück 250 Kilometer westlich Moskaus gefallen.

Nach 73 Jahren am Grab des Großvaters in Russland

Die exakte Lage der Bestattungsstelle war bislang nicht bekannt gewesen. Bauer konnte sie durch Gespräche mit letzten Zeitzeugen im Dorf Kuzminichi und dessen politisch Verantwortlichen erstmals exakt lokalisieren. „Das waren sehr bewegende Momente“, sagte der CSU-Politiker aus Kammerstein. Denn bislang habe keiner nach diesen 150 Soldaten gefragt. Ein Kornfeld im Zentrum des heutigen Dorfes konnte als Grabstätte ausgemacht werden.

„Frieden unseren Völkern“

Im kommenden Jahr sollen die Gebeine der deutschen Soldaten vom Kameradengrab in Kuzminichi auf die zentrale Gedenkstätte der Gebietshauptstadt Kirov umgebettet werden.

Im Beisein russischer Lokalpolitiker setzte Bauer seinem Vorfahren stellvertretend für alle dort begrabenen Soldaten ein Gedenkkreuz auf dem Gelände der Gedenkstätte. „Frieden unseren Völkern“, steht darauf in kyrillischen Lettern. „Treffender als mit dieser Botschaft an dieser Stelle kann man es nicht sagen“, ist Bauer überzeugt. Für ihn war es auch selbstverständlich, Blumen an zwei sowjetischen Mahnmalen niederzulegen.

Der für die kleine bayerische Reisegruppe emotionalste Moment war der Besuch bei Ivan. Der 79-jährige Dorfbewohner konnte sich seinen eigenen Worten zufolge „noch deutlich an die letzten Kriegsjahre erinnern“.

Bei den Recherchen zum Grab seines Großvaters war Volker Bauer auf ein Foto mit einigen Kinder aus Kuzminichi gestoßen. Ivan selbst war darauf zwar nicht zu sehen. „Aber das hier, das ist mein Cousin“, so Ivan mit einem Fingerzeig.

Bei Wodka, Gurken und Pökelfleisch blickte der Russe auf schreckliche Erfahrungen zurück, zeigte aber weder Verbitterung noch Hass. Nachdem die Wehrmacht das Dorf beim Rückzug niedergebrannt hatte, kam Ivan als Zehnjähriger in ein polnisches Gefangenenlager und schloss sich danach den Partisanen an.

Volker Bauer bat als Nachgeborener um Entschuldigung für das erlittene Schicksal. „Als Bürger und verantwortlicher Politiker kann ich heute alles dafür tun, dass sich Geschichte nicht wiederholt“, fügte er hinzu. „Wer Krieg einmal mitmachen musste“, meinte Ivan, „der will ihn nie mehr erleben.“

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