Nach schwerem Unfall: Bernd Jörka ist zurück

1.4.2017, 10:58 Uhr
Nach schwerem Unfall: Bernd Jörka ist zurück

© Foto: Gerner

Am 27. Juli 2013 hat das alte Leben von Bernd Jörka geendet und das neue begonnen. Der begeisterte Musiker hatte sich bei einem harmlosen Freizeit-Fußballturnier in Kleinschwarzenlohe zwei Halswirbel gebrochen. Monatelang lag er in einer Spezialklinik in Bayreuth, sein Haus in Kleinschwarzenlohe wurde derweil behindertengerecht umgestaltet. Heute wirkt Bernd Jörka in seinem Elektro-Rollstuhl relativ mobil. Doch er kann nach wie vor weder Beine noch Arme bewegen. Er ist im Prinzip 24 Stunden lang am Tag auf Hilfe angewiesen.

In der Öffentlichkeit hat der 54-Jährige nie mit seinem Schicksal gehadert. Sondern schon kurz nach dem Unfall gesagt, dass er wieder zurückkehren möchte an seinen alten Arbeitsplatz. Musikschüler kann er zwar aufgrund seiner Behinderung nicht mehr unterrichten, doch seit 1. Februar ist er ganz offiziell wieder der Betreuer der gemeindlichen Jugendkapelle.

Steuern mit dem Kinn

Weil die Jugendkapelle eine gemeindliche Einrichtung ist, ist sein Arbeitgeber die Gemeinde Rednitzhembach. Groß ist Jörkas Salär nicht. Er ist derzeit ja auch nur einmal pro Woche für drei Stunden im Büro der Musikschule, das in dem markanten Klinkerbau in der Rother Straße untergebracht ist. Angedacht ist in absehbarer Zeit ein zweiten Tag. Den Rest erledigt Jörka via "Home-Office", wie er mit verschmitztem Lächeln erzählt.

Noch vor 15 oder 20 Jahren hätten Tetraplegiker wie Bernd Jörka, also Menschen, die weder Arme noch Beine bewegen können, den Rest ihres Lebens im Bett liegen müssen. Doch die Technik hat seither riesige Fortschritte gemacht. Seinen Spezial-Rollstuhl, seinen Aufzug im Haus und seine Computermaus zu Hause steuert der 54-Jährige mit dem Kinn.

Auf Augenhöhe

Er hat inzwischen sogar ein Gefährt mit einer ganz besonderen Funktion. Das bringt den Querschnittsgelähmten zumindest vorübergehend in eine stehende Position und erlaubt so wieder ein ganz neues, lange nicht mehr gekanntes Gefühl: den Kontakt auf Augenhöhe mit Nichtbehinderten. Auch auf anderen Feldern hilft die Technik: Dank "Siri" & Co. sind zum Beispiel selbstständige Telefonate kein Problem mehr, öffnen sich Türen wie von Geisterhand und schalten sich Computermonitore ein und aus.

Bernd Jörka hat sich nicht unterkriegen lassen. In seinem Blog (www.joerka.de) schreibt er von Ausflügen zum 1. FC Nürnberg und von seinem Alltag. Ein Bild zeigt ihn im Gespräch mit Samuel Koch, dem wohl bekanntesten Gelähmten Deutschlands, der sich bei einer "Wetten dass...?"-Sendung beim Sprung über Autos vier Halswirbel gebrochen hat und seitdem ebenfalls vom Hals abwärts weitgehend gelähmt ist.

Jörka hat sich in den vergangenen Jahren im Inklusions-Netzwerk engagiert und sich beispielsweise für den letztlich dann doch in einem Bürgerentscheid gescheiterten neuen Veranstaltungssaal in Rednitzhembach stark gemacht. Auch in die Diskussion um eine Wasserrinne am Schwabacher Königsplatz hat er sich mittels Leserbrief eingeschaltet.

Umbau macht Rückkehr möglich

Doch bis sein größter Wunsch in Erfüllung gegangen ist, hat es ganz schön lange gedauert. Es hat lange gedauert, weil es einfach keine Chance gab, mit einem schweren Rollstuhl in die Musikschule zu kommen, die im früheren Rathaus in der Rother Straße untergebracht ist. Im Herbst 2016 hat dann die Gemeinde den behindertengerechten Umbau des alten Hauses (Baujahr 1888) beschlossen.

Im hinteren Bereich wurde ein Fenster durch eine extrabreite Tür ersetzt. Jörkas Büro im Erdgeschoss ist weitgehend eingerichtet, zumindest im Erdgeschoss kann er sich jetzt barrierefrei bewegen. Einziges Hindernis ist vorerst noch die fehlende Rampe, mit der die letzte Stufe ins Haus überwunden werden muss. Derzeit nutzt er eine mobile Rampe, "aber das ist schon immer ein Höllenritt", wie er im Gespräch mit Bürgermeister Jürgen Spahl berichtet. Bis spätestens Ende April soll die Rampe gebaut sein – auch mit großer Eigenleistung der Rednitzhembacher Musiker, die froh über Jörkas Rückkehr sind.

Mehr gestalten

Als Betreuer der Jugendkapelle hat Bernd Jörka mehrere Orchester und Bläserklassen sowie 300 Musiker vom Kindes- bis zum Rentenalter unter sich. Er soll gewissermaßen die Verwaltung leiten, doch er hat weitergehende Pläne. Er ist zwar nach wie vor angetan vom musikalischen Niveau der Musiker und der Orchester. Doch er hat gleich zu Beginn eine neue Losung ausgegeben. "Mehr gestalten als verwalten" will er künftig.

Mit dem behindertengerechten Umbau des Erdgeschosses der Musikschule will die Gemeinde den Inklusionsgedanken voranbringen. Anlass sei sicherlich die Behinderung von Bernd Jörka gewesen, sagt Bürgermeister Jürgen Spahl. "Doch von der Maßnahme werden natürlich auch andere Menschen mit Handicap profitieren."

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