Neues „Baugebiet für junge Familien“ auf steinigem Weg

9.10.2014, 08:31 Uhr
Neues „Baugebiet für junge Familien“ auf steinigem Weg

© Foto: Wilhelm

Die Stadträte haben sich nach jeweils eingehender Diskussion mehrheitlich sowohl für den umstrittenen Gehweg in der Waikersreuther Straße  als auch für das nicht weniger kontrovers diskutierte neue Baugebiet im Bereich Brandenburger Straße/Dillinghofweg ausgesprochen.

Stand des Verfahrens: Beim Baugebiet ist das allerdings noch nicht der Schlusspunkt. Vielmehr ging es nach dem ersten Verfahrensschritt, der „frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung“, um zweierlei: die Änderung des Flächennutzungsplanes und die Billigung des Bebauungsplanes. Beides ist mit Mehrheitsbeschlüssen erfolgt. Auf dieser Grundlage erfolgt nun die zweite Runde der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung.

Die Planung: Vorgesehen sind auf einer bisherigen landwirtschaftlichen Fläche 40 neue Wohneinheiten. Den Antrag dazu hatte die CSU gestellt. Ziel: „Kostengünstiges Bauen für junge Familien“.

Zwei Beschlüsse: Dazu musste zunächst im Flächennutzungsplan diese Landwirtschaftsfläche in eine Wohnbaufläche umgewandelt werden. Dies ist mit 12:5 Stimmen erfolgt. Dafür stimmten CSU, Freie Wähler und zwei SPD-Stadträte, drei der Gegenstimmen kamen aus der SPD, zwei von den Grünen. Diese Mehrheit war Voraussetzung für den Bebauungsplan, der die Details regelt. Hier wurde es noch knapper: Neun Ja-Stimmen (CSU und FW) gegen acht Nein-Stimmen (SPD und Grüne). Dabei lehnt die SPD das neue Baugebiet keineswegs geschlossen ab. Sie wollte aber eine Festlegung formuliert wissen, dass das Gebiet tatsächlich für junge Familien gedacht ist. Dies lehnte die Verwaltung mit dem Hinweis ab, dass die Vermarktung nicht in einem Bebauungsplanverfahren geregelt werden könne.

Der Kriterienkatalog: Stadtkämmerer Sascha Spahic sagte aber zu, für die Vergabe der gefragten Grundstücke „sauber und sorgfältig einen Kriterienkatalog zu erarbeiten“. Er soll dann im Stadtrat beschlossen werden. Die SPD will aber erst zustimmen, wenn dieser Punkt geklärt ist. Dieser Kriterienkatalog ist juristisch heikel, da EU-Recht ein „Diskriminierungsverbot“ vorsieht. Man kann also niemanden als möglichen Käufer eines städtischen Grundstücks ausschließen, der zum Beispiel ein gewisses Alter überschreitet.

Die Kritik von Anwohnern: Bereits auf einer Informationsversammlung für Bürger war die Ablehnung unüberhörbar gewesen. Dies setzte sich auch in den formellen Stellungnahmen fort. Zudem verteilte Markus Hoffmann, ein Anwohner aus der Brandenburger Straße, vor der Sitzung ein 14-seitiges Schreiben, in dem er Verwaltung und Stadträten „Lügen“ und „Wahlbetrug“ vorwarf. So werde das angebliche Ziel, kostengünstige Bauflächen für junge Familien auszuweisen, gar nicht mehr verfolgt. In Wirklichkeit gehe es darum, „durch die Grundstücksgeschäfte hohe Gewinne zur Schuldentilgung zu erzielen“. Zudem habe die Stadt „bewusst Alternativflächen unterschlagen“, ebenso wie die Information, dass es sich hier um ein wichtiges „Kalt- und Frischluftgebiet“ handele.

Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist die Erschließung über den Dillinghofweg. Aus Sicht der Anwohner ist die Straße dafür zu klein. Und: Das neue Baugebiet ist im erst 2012 verabschiedeten Flächennutzungsplan gar nicht vorgesehen.

Die Position der Verwaltung: Stadtbaurat Ricus Kerkhoff hält die Kritik nicht für berechtigt. Es seien sehr wohl andere Flächen geprüft worden. Diese ließen sich aber aus unterschiedlichen Gründen (Grunderwerb, Autobahnlärm) noch nicht erschließen. Die neue Fläche biete sich für kostengünstiges Bauen an, da bestehende Infrastruktur genutzt werden könne. Zur Entlastung der Anwohner ist für die Bauzeit eine Baustellenzufahrt über den Uigenauer Weg geplant. Ökologische Auswirkungen in Sachen Frischluft seien laut eines Gutachtens nicht dramatisch.

Pro und Kontra der Stadträte: CSU-Fraktionssprecher Detlef Paul und SPD-Stadtrat Dr. Gerhard Brunner übten den „Schulterschluss“ (Paul). Beide stellten klar, dass es der Stadt eben nicht um „Gewinnmaximierung“ gehe. Eine dauerhafte Erschließung durch den Ausbau des Uigenauer Wegs lehnten sie ab. Karin Holluba-Rau (Grüne) hatte die telefonbuchdicken Unterlagen studiert und kam nach 13 Nachfragen zu einem „Nein“: „Ich glaube nicht daran, dass es kostengünstig wird.“ Auch Hartwig Reimann (SPD) lehnte ab: Die große Nachfrage nach Grundstücken sei ein „Luxusproblem“, die „Flucht in die Immobilie wegen der Währungsunsicherheit“. Der neue Flächennutzungsplan werde ohne Not geändert. „Das ist die Auflösung der Verlässlichkeit von Planung.“

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