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20.5.2018, 06:00 Uhr
Alles kalkuliert, um dem Präsidenten zu schaden: Mesut Özil schenkt Recep Tayyip Erdogan ein 87 Euro teures Trikot. Und der nimmt es auch noch an. Die Frage ist: Durfte er das?

© Uncredited Alles kalkuliert, um dem Präsidenten zu schaden: Mesut Özil schenkt Recep Tayyip Erdogan ein 87 Euro teures Trikot. Und der nimmt es auch noch an. Die Frage ist: Durfte er das?

Betrachten wir die Sache doch einmal von einmal von der anderen Seite: Ausgerechnet die beiden deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan könnten zu den größten Stolpersteinen für den türkischen Präsidenten auf dem Weg zu seiner Wiederwahl werden. Grund: Der Wert ihrer Trikots, die sie ihm bei einer Stiftungsveranstaltung in London überreicht haben, übersteigt bei weitem das, was türkische Staatsdiener annehmen dürfen, ohne in den Verdacht zu geraten, bestechlich zu sein. Und Recep Tayyip Erdogan ist doch ganz gewiss der erste Diener seines Staates.

140 Euro, inklusive Versand

Gündogans handsigniertes Leibchen ("meinem hochverehrten Präsidenten") von Nike, mit dem er in der Premier League für Manchester City aufläuft, kostet offiziell 140 Euro (Versand dann aber gratis). Das Özil’sche Arsenal-London-Trikot ist bei Puma derzeit im Sonderangebot für 87 statt 125 Euro zu haben. Trotzdem: 227 Euro, das scheint mir ein bisschen viel zu sein, auch für einen Präsidenten.

Dass die beiden Edel-Kicker den Sultan vom Bosporus in die Bredouille bringen, war nach unseren Informationen kein Pech, sondern mit dem Bundestrainer abgesprochen. Viele in Deutschland waren eingeweiht, nur die selten auf der Höhe der Zeit wandelnde Alice Weidel von der AfD ("singt schon seit Jahren nicht die Nationalhymne mit") leider nicht.

Es war einmal der DFB-Direktor...

Und so ist’s passiert: Es war einmal der DFB-Direktor Oliver Bierhoff, der vom Empfang einer türkischen Stiftung in London gehört hatte, zu dem auch Türken-Präsi Erdogan kommen sollte. Sofort beorderte Jogi Löw seine beiden genialen Mittelfelddribbler Özil und Gündogan ins Hotel. Emre Can (FC Liverpool) hätte den Geschenkepreis noch in die Höhe treiben sollen, ließ sich aber entschuldigen. Wegen Rückens, wie es heißt.

Recep Tayyip Erdogan reagierte genau so, wie unser Taktik-Fuchs Jogi Löw es vorausgesehen hatte. Wie ein tapsiger Bär tappte Fußballfan Erdo in die Falle und griff ohne zu zögern bei den beiden Trikots zu.

Richtige politische Sprengkraft entwickelte das Trikotgeschenk aber erst, als sich der türkische Präsident mit seinen Gästen auch noch fotografieren ließ. Zu Hause in der Türkei rieb man sich verwundert die Augen. Der Mann, der noch vor kurzem alle Deutschen in die Nähe von Hitler gestellt und der der Bundeskanzlerin Nazi-Methoden vorgeworfen hatte, nun im Tête-à-Tête mit zwei Gelsenkirchener Jungs, beim Kungeln mit dem Klassenfeind? Wenn das mal nicht das Eigentor des Jahres wird.

Jetzt lieber Putin statt Erdogan

Jogi Löw hat sich inzwischen aus dem türkischen Wahlkampf längst wieder zurückgezogen. Wenn in der Türkei am 24. Juni die Kreuzchen gemacht werden, kämpfen er und seine Männer längst um WM-Ehren, bekanntlich im Land des mindestens ebenso sympathischen Präsidenten Putin. Natürlich mit den beiden Erdo-Umstürzlern Mesut Özil und Ilkay Gündogan. Aber leider ohne Emre Can. Nun ja, Strafe muss halt scho’ au’ sein, wie der Jogi Löw sagen würde.ROBERT GERNER

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