Nur eineinhalb Stunden für immerhin zwei Kilometer

18.4.2015, 09:05 Uhr
Und erneuert 2014/15. Im Zeitalter der Navis, die die Vollsperrung der Nördlichen Ringstraße sehr ernst nehmen.

© Jürgen Karg Und erneuert 2014/15. Im Zeitalter der Navis, die die Vollsperrung der Nördlichen Ringstraße sehr ernst nehmen.

Ich gebe es ja zu: Wenn meine Fahrt länger als fünf Kilometer zu werden verspricht, stell ich’s an – ein kleines bisschen Fernsehersatz am Lenkrad.

Doch seit fast einem Jahr geht mir mein Mäusekino so was von auf den Keks – und schuld daran ist Schwabach. Wann immer ich mich meiner Heimat- und Wohnstadt nähere, von woher auch immer ich versuche, meine Wohnung nahe Nasbach wieder anzusteuern, versucht man hartnäckig, mir meine Zeit zu stehlen.

Heiliger Mehdorn und Heiliger Wowereit – hattet ihr heimlich eure Finger auch in der Baustelle an der Landsknechts-Brücke? Oder habt ihr gar den Programmierern der digitalen Wunderkistchen unter die Arme gegriffen? Ich jedenfalls kann den 20. April und damit die vorläufig-endgültige (oder ist es die endgültig-vorläufige?) Aufhebung der Dauerschikane in der Nördlichen Ringstraße kaum mehr erwarten. Denn seit gut einem Jahr brummt man mir ungnädig 90 Minuten auf meine Fahrtzeit drauf. Und dabei spielt es noch nicht einmal eine Rolle, von wo ich auf Schwabach zusteuere.

Jeder tibetanischen Gebetsmühle zu größter Ehre gereichen würde, was dann nach dem Berechnen der Route aus dem kleinen Lautsprecher krächzt: „Eine neue Verkehrsmeldung betrifft Ihre Route. B2 Nürnberg, Richtung Weißenburg in Bayern: Bei Schwabach wegen Bauarbeiten gesperrt – Brückenarbeiten.“

Folge: Die errechnete Ankunftszeit verschiebt sich um gut eineinhalb Stunden nach hinten. Nicht schlecht für einen, der nur noch die gut zwei Kilometer von der Reichswaisenhausstraße nach Nasbach vor sich hat.

Ausweichroute? Fehlanzeige.

Irgendwann, ein paar Meter vor dem Ziel, verschwindet das rote Warnfeld mit der Bemerkung: „Sie nähern sich Ihrem Ziel.“

Es wäre wirklich mal schön zu wissen, wie viele ortsfremde Autofahrer über Wochen und Monate hinweg weite Umwege auf sich genommen haben, um dieser offensichtlich kompletten Sperrung einer Stadt zu entgehen.

Was aber bleibt in der Erinnerung haften anlässlich der Wiederöffnung von Schwabachs neuestem Brückenbauwerk?

Ganz sicher ein Planungsteam, das, da schon verspätet („Starkregen!“), erst zu Weihnachten 2014 abgezogen sein wollte, dann voller Optimismus den März anpeilte („Tiefe Temperaturen? Kein Problem!“), danach kleinlaut den April versprach („Zu tiefe Temperaturen!“) und nun wenigstens die Autos wieder zulässt.

Dass die Fußgänger bis zur Freigabe auf den Sommer vertröstet werden, hat schon wieder was von Mehwereit und Wodorn.

Eines freilich, dies ist ausnahmsweise ernst gemeint, hat sich auch gezeigt: Schwabach hat das Abklemmen seiner Hauptdurchfahrtsroute weggesteckt wie die Klitschkos Angriffe von Leichtgewichtlern. Von wirklich wenigen Ausnahmen mal abgesehen, meist verursacht durch Staus auf der A6, floss der Verkehr eigentlich flüssig über die den Computerprogrammierern nicht bekannten Ausweichmöglichkeiten.

Dies sei jenen gesagt, die immer wieder mal eine weitere Umgehung fordern und glatt geneigt wären, dafür das Schwabach-Tal zu durchschneiden. 

STEFAN BOMHARD (58) war von 1979 bis 1986 Mitglied der Redaktion des Schwabacher Tagblatts. Als Motorsportexperte arbeitet er seitdem beim kicker-sportmagazin.  

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