Ole von Beust: „Ich bin immer ins Risiko gegangen“

6.11.2013, 08:41 Uhr
Ole von Beust: „Ich bin immer ins Risiko gegangen“

© Schmitt

2008 hat er die bundesweit erste Koalition zwischen CDU und Grünen in einem Länderparlament geschmiedet. 2010 verließ er die politische Bühne freiwillig durch Rücktritt von allen Ämtern.

Ole von Beust war 16 Jahre lang Berufspolitiker. Mit der Autobiographie „Mutproben“ blickt der 58-jährige besonders auf diese Zeit seines Lebens zurück. „Das Buch soll die Frage beantworten, wie Politik funktioniert, und die Motive meines Handelns erklären.“ Bei der „LesArt“ in Schwabach hielt von Beust ein „Plädoyer für Ehrlichkeit und Konsequenz“, wie der Untertitel seiner Rückschau lautet, und gab tiefe Einblicke in das Leben eines Spitzenpolitikers, aber auch in seine Kindheit.

Prägende Kindheit

Geprägt habe ihn, wie viele andere seiner Generation, die kritische Haltung der Eltern zum Nazi-Regime. Die Mutter war Halbjüdin. Sein Vater, Achim-Helge Freiherr von Beust, gehörte in Hamburg zu den Gründern der CDU und war Bürgermeister des 360000-Einwohner-Bezirks Wandsbek. Mit 16 trat er in die CDU und die Junge Union ein, war sechs Jahre lang Landesvorsitzender der Nachwuchsorganisation und ab 1978 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, des Landesparlaments der Hansestadt.

1993 wurde er CDU-Fraktionsvorsitzender und 1997 Spitzenkandidat. „Meine politische Karriere war von vielen Zufällen begleitet“, sagt er, denn innerhalb der Partei habe er stets das Image eines Hobby-Seglers gehabt: „talentiert, aber faul und ohne Biss.“

Subjektives Image

Seine Kür zum Kandidaten für das Amt des Ersten Bürgermeisters stieß auf Zustimmung bei Volker Rühe, Helmut Kohl aber habe sie ablehnend kommentiert. „Nehmt einen Reeder und nicht diesen Sunny-Boy“, hieß es aus dem Kanzleramt.

Der CDU aber ging es in Hamburg damals gar nicht gut. 25,1 Prozent der Stimmen hatte sie bei der Wahl 1993 erreicht. „Wir sind so am Ende, da kann selbst der Ole nichts mehr verschlimmern.“ Diese Stimmung habe wohl zu seinem Weg an die Spitze geführt, glaubt von Beust.

Der Titel seines Buchs ist kein Zufall. Anhand der Entlassung des damaligen Innensenators Ronald Schill 2003 schildert er, warum diese Entscheidung eine Mutprobe war. Von Beust wollte einen Staatsrat der Schill-Partei wegen undurchsichtiger Zahlungen entlassen. Daraufhin habe ihm Schill mit Enthüllungen über ein Verhältnis zu Roger Kusch gedroht. „Du hast Deinen Liebhaber zum Justizsenator gemacht“, so Schill in seinem Amtszimmer, „das werde ich in der Prime-Time verkünden, dann bist Du Dein Amt los“.

Abfolge von Mutproben

Ole von Beust entschied sich daraufhin, noch vor seinem Widersacher an die Öffentlichkeit zu gehen und zwei Entlassungen bekannt zu geben: die des Staatsrats und die des Senators Schill. „Politik ist eine Abfolge solcher Mutproben“, sagt von Beust, „und ich bin dabei immer ins Risiko gegangen“.

Insbesondere Ole von Beusts Schilderungen zum Druck der Medien auf Politiker ließen Fragen im Publikum aufkommen. „Würden Sie mit dieser Lebenserfahrung heute noch einmal Politiker werden?“, wollte ein Gast wissen. Ole von Beust gibt eine ehrliche Antwort. „Natürlich macht es auch Spaß, beeinflussen zu können, was passiert, und so ein Stahlbad macht jeder mal durch, das gehört dazu.“

Spione der besonderen Art

Immerhin sind Spiegel-Redakteure seinen Schilderungen zufolge nicht davor zurückgeschreckt, in der Affäre um Schills Behauptungen sogar Handwerker zu befragen. „Die wollten wissen, ob in meinem Haus Einrichtungsgegenstände existieren, die für gewisse Sexualpraktiken geeignet sind.“ Von Beust räumt aber auch ein, Schill falsch eingeschätzt zu haben. „Er war ein eigenartiger Typ, aber vielleicht habe ich das verdrängt, weil ich an die Macht wollte.“

Sven Heublein, CSU-Stadtratsmitglied und Moderator des Abends, scheute sich dennoch nicht, Parallelen zu betonen. „Er ist Jurist, bereits der Vater war politisch tätig und er hat die erste schwarz-grüne Zusammenarbeit in seiner Stadt herbeigeführt“, leitete Heublein ein und begrüßte damit beide: Oberbürgermeister Matthias Thürauf und den Gast aus der Hansestadt, der heute wieder als Rechtsanwalt arbeitet.

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