Operette: Bettelstudent begeistert in Schwabach

7.1.2017, 05:55 Uhr
Operette: Bettelstudent begeistert in Schwabach

© Foto: Robert Schmitt

Das Verwirrspiel um einen armen Studenten, der im sächsisch besetzten Polen des Jahres 1704 zum Grafen wird und als Held im Freiheitskampf reüssiert, ist das Meisterstück des Komponisten  Karl Millisöcker. „Der Bettelstudent“ gehört zu den absoluten Spitzenwerken der klassischen Wiener Operette. Das Werk überzeugt vor allem durch die seltene Verbindung hochwertiger Musik mit einem gelungenem Libretto.

Zu Gast im Markgrafensaal

In den Schwabacher Markgrafensaal hat das heitere Singspiel das Ensemble der Johann-Strauß-Operette aus Wien gebracht. Samt 18-köpfigem Orchester hatten Produzentin Evelyne Schmidtke-Lennert, Regisseur Peter Widholz und Choreografin Nera Nicol den Schwerpunkt auf Ausstattung, bunte Massenszenen und schwungvolle Tänze gelegt. Damit trafen sie den Geschmack des Publikums vollkommen. Etwa 400 Besucher haben die Leistung der Musiker, Sänger und Tänzer mit langanhaltendem Applaus bejubelt.

Ein Kuss auf die Schulter, ein Schlag ins Gesicht – und schon entspinnt sich ein komödiantisches Spiel um verletzte Eitelkeit, Intrige, Geld und Liebe. Als Zeit und Ort der Handlung wählt Millöcker die Wirren des polnischen Freiheitskampfes gegen die sächsische Besetzung in Krakau. Erfrischend und mitreißend inszeniert die renommierte Johann Strauss-Operette-Wien die spannende Handlung und begeistert mit pointiert gezeichneten Figuren.

Intrige geschmiedet

Im Krakau zur Zeit Augusts des Starken hat die polnische Komtesse Laura den Oberst Ollendorf abblitzen lassen. So etwas kann ein sächsischer Offizier nicht auf sich sitzen lassen. Er schmiedet eine Intrige gegen Laura und deren standesbewusste Mutter, die ihr Kind nur einem Fürsten zur Frau geben will. Laura soll einen Fürsten kennenlernen, aber einen falschen. Er überredet die inhaftierten Jan und Symon, die sich als Bettelstudenten ausgeben, die stolze Schöne zu umwerben. In Wahrheit handelt es sich aber um polnische Freiheitskämpfer, im Falle von Jan gar um einen Offizier des verdrängten polnischen Königs.

Vom Betrüger zum Betrogenen

Am Ende wird der Betrüger Ollendorf selbst zum Betrogenen, weil die von ihm eingefädelte falsche Liebesgeschichte zu einer echten wird, und die Polen die Sachsen besiegen können.

Die 1882 uraufgeführte Operette verhalf Carl Millöcker zum Durchbruch. Seine Musik sprudelt vor reizenden Einfällen, von denen nicht nur Symons Loblied auf die schönen Polinnen „Ich knüpfte manche zarte Bande“ und Ollendorfs Couplet „Schwamm drüber“ volkstümlich geworden sind. Nicht weniger populär sind die Nummern „Ich hab kein Geld, bin vogelfrei“ oder die Hochzeitsmazurka „Ich setz den Fall“.

Überzeugend

Trotz Besetzungsschwierigkeiten im Vorfeld waren die gesanglichen Leistungen der Interpreten überzeugend. Immerhin musste der Wiener Tenor Giorgio Valenta die Hauptpartie als Student Symon Rymonawicz zum ersten Mal übernehmen. Eigentlich spielt er sonst den eitlen sächsischen Oberst Ollendorf. Diese Hauptrolle hatte diesmal Martin Ganthaler übernommen. Beide trugen eine gesangliche Last, die über Wohl und Wehe der Inszenierung entschied. Sind doch Ollendorfs beleidigter Gesang „Ach ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst“ und das Symon-Laura-Duett „Mit der Liebe Fessel binden“ die herausragenden Partien der Operette. Doch die Interpreten enttäuschten nicht. Beides gelang so makellos, dass es das Publikum mit spontanem Applaus belohnt hat.

In der Operettengeschichte hat sich „Der Bettelstudent“ seit seiner umjubelten Uraufführung am 6. Dezember 1882 im Theater an der Wien einen festen Platz gesichert. Das verdankt er neben seinem schier überquellenden Melodienreichtum der gewitzten Handlung, in dem der rächende Betrüger sich selbst zum Betrogenen macht, und den dankbaren, pointiert gezeichneten Figuren aus einer Zeit der politischen und persönlichen Konflikte im unterdrückten Polen. Als Vorlage für das komödiantische Libretto dienten zwei französische Theaterstücke.

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