Rad-Profi René Weissinger beendete seine lange Karriere

1.3.2014, 08:10 Uhr
Rad-Profi René Weissinger beendete seine lange Karriere

Von 2002 bis 2012 legte er als Profi pro Jahr rund 30000 Kilometer im schmalen Rennsattel zurück.

Als Deutscher Bergmeister feierte René Weissinger 2001 in Spalt einen seiner schönsten Erfolge. Seinen letzten Renneinsatz absolvierte er im Dezember vergangenen Jahres beim „AAN-Cross-Cup“ am Reichelsdorfer Keller „nur zum Spaß und für die Gesundheit“, wie er versicherte. „Etwas Wehmut kommt bei mir nun schon auf. Es waren viele interessante und schöne Jahre, die ich nicht missen möchte, doch inzwischen begann für mich ein neuer Lebensabschnitt“, sagt der 35-Jährige, der zusammen mit seiner Frau Tina eine eigene Firma für exklusive Sportbekleidung führt.

Im Sattel seiner Rennmaschine sitzt der Ex-Profi allerdings noch immer gerne: „Das brauche ich ganz einfach. Je nachdem, wie das Wetter ist, fahre ich am Wochenende so zwischen 50 und 100 Kilometer.“

Rad-Profi René Weissinger beendete seine lange Karriere

© Manfred Marr

Als Schüler hat er zunächst begeistert Fußball gespielt, doch als Weissinger zehn Jahre alt war, schenkte ihm sein Vater, einst Deutscher Meister im Radsport, ein Rennrad. „Ich war total happy und fast nur noch mit dem Rad unterwegs. Mit 12 Jahren nahm ich an meinem ersten Schülerrennen teil“, erinnert sich René Weissinger an den Beginn seiner Radsportkarriere, die 1990 bei seinem Heimatverein RV Magstadt begann.

Nach ersten Erfolgen bei Schülerrennen wurde seine Begeisterung für den Radsport immer größer. In der Jugendklasse und als Junior zählte der Gymnasiast in den folgenden Jahren bald zur deutschen Spitzenklasse. Auch nach seinem Wechsel in die Amateurklasse U23 mischte Weissinger bei den wesentlich längeren und schweren Straßenrennen auf Anhieb kräftig mit.

„Mein Problem war es allerdings, dass es damals in Württemberg keine Bundesligamannschaft gab. Deshalb schloss ich mich dem RC Herpersdorf an und fuhr ab 1999 im Bundesliga-Team des Bayerischen Radsport-Verbandes“, erzählte er. Unter der Regie des 2-fachen Weltmeisters und Olympia-Siegers Mario Kummer, der das junge Bayern-Team damals betreute, entwickelte sich René Weissinger zu einem der erfolgreichsten deutschen U23- Fahrer.

Zweiter der Weltrangliste

„Es lief in der Saison 2000 von Beginn an super bei mir. Ich lag auf Rang zwei der U23-Weltrangliste, war im Straßen-Nationalkader und durfte mit einer WM-Nominierung rechnen“, erinnerte er sich. Doch es kam ganz anders: „Im Mai zog ich mir einen Muskelfaserriss zu. Eine längere Trainings- und Rennpause wurde notwendig. Alle meine Hoffnungen waren damit plötzlich dahin. Ich war völlig verzweifelt.“

René Weissinger war so frustriert, dass er ernsthaft daran dachte, seine Radsportkarriere zu beenden. Nur um nicht allzu abrupt aufzuhören, schloss er sich 2001 der damals neuen württembergischen Rothaus-Mannschaft an. Schon nach den ersten Wochen staunte er jedoch über seine blendende Form. Nach mehreren Siegen und dem Gewinn des „Sprinter-Trikots“ bei der Internationalen Regio-Tour war sein alter Ehrgeiz wieder erwacht. Wenige Wochen später sorgte der damals 22-Jährige bei der Deutschen Bergmeisterschaft in Spalt für die Überraschung des Tages, als er die besten deutschen Bergspezialisten der Profis und Amateure locker stehen ließ und verdient den Meistertitel gewann!

Profi ab 2002

Ab 2002 fuhr René Weissinger mit Profi-Lizenz. Vom Rothaus-Team wechselte er zum niederländischen Team „SKIL-Shimano“ und 2004 zum österreichischen „Team Volksbank“, aus dem 2009 das „Team Vorarlberg“ hervorging. In elf Profijahren zählte Weissinger, der 2006 seinen Wohnsitz nach Schwabach verlegt hatte, zu den besten deutschen Straßenfahrern.

Obwohl das Team Vorarlberg „nur“ zur zweiten Profi-Kategorie zählte, zeigte er bei gemeinsamen Starts mit den damaligen Stars der Teams Telekom und Gerolsteiner wenig Respekt. „Die Übermacht dieser Topmannschaften war zwar enorm, doch ich konnte trotzdem immer wieder gute Ergebnisse erzielen“, sagte René Weissinger mit berechtigtem Stolz. Die Anzahl seiner Top-Ten-Platzierungen bei Etappen der Deutschland-Tour, der Österreich-, der Bayern-Rundfahrt und bei „Rund um Köln“ war beachtlich. Zu Weissingers größten Profi-Erfolgen zählten seine Siege bei der „Berner-Rundfahrt“ und beim „Grand Prix Vorarlberg“ 2005, sowie seine Etappensiege bei der „Taiwan-Rundfahrt“, bei der chinesischen „Qinghai-Lake-Rundfahrt“ und bei der österreichischen „Burgenland-Rundfahrt“.

Neben der Goldmedaille der Berg-DM ist das „Weiße Trikot“ des besten Sprinters 2008 bei der Tour de Suisse eine seiner wertvollsten Trophäen.

Für das Team Vorarlberg hatten die Rennen in Österreich stets absoluten Vorrang, weshalb René Weissinger kaum bei den Frühjahrsklassikern in Belgien, Holland und Frankreich starten konnte. „Das war sehr schade, denn gerade diese extrem schweren und langen Rennen, die meist bei unangenehmer Kälte, Wind und Regen stattfinden, wären ganz nach meinem Geschmack gewesen“, bedauert der gebürtige Schwabe, der sich 2012 mit einem Sieg im österreichischen Hohenems aus dem Kreis der Profis verabschiedete. 2013 trug er als Amateur zwar noch das weiß-blaue Trikot des Herpersdorfer Teams-Marinbikes, doch er kam kaum dazu regelmäßig zu trainieren und Rennen zu fahren. Sein neuer Beruf forderte ganzen Einsatz.

Mit Ehefrau Tina, der Tochter des Herpersdorfer Exmeisters Klaus Buchholz, hatte er 2009 die Firma „Rene-Rosa“ gegründet, die exklusive Sportbekleidung für Rad-, Triathlon- und Laufsportler kreiert und vertreibt. „Der Leistungssport ist und bleibt meine große Passion“, betont Weissinger, der es dem in Verruf geratenen Radsport wünscht, dass man den eingeschlagenen sauberen Weg konsequent weitergeht und sich bemüht wieder glaubwürdig zu sein.

„Schwarze Schafe gibt es allerdings nicht nur im Sport. Es fehlt heute doch in allen Bereichen an der Ehrlichkeit. Es sollte sich jeder in seinem beruflichen und privaten Umfeld bemühen ehrlicher und aufrichtiger zu sein!“, wünscht sich René Weissinger, der heute als Jugendlicher sofort wieder in den Radsport einsteigen würde. „Ein harter Leistungssport ist für junge Leute wertvolle Bereicherung und prägend für das ganze Leben“, betont Weissinger.

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