Rückkehr auf die Lieblingsbahn

14.9.2011, 09:00 Uhr
Rückkehr auf die Lieblingsbahn

© Marr

„Ich finde es toll, dass die Europameisterschaft der Steher in Nürnberg stattfindet, auf einer 400-m-Betonpiste, die mir besonders gut liegt“, freut sich Christoph Breuer, und er fügt hinzu: „Für mich geht damit mein größter Wunsch dieser Saison in Erfüllung.“

Fast noch mehr freut sich sein stolzer Vater Jean Breuer (73), der viele Jahre zur internationalen Spitzenklasse der Steher zählte und 1974 mit dem Nürnberger Schrittmacher Dieter Durst den WM-Titel gewann. „Wir kommen immer wieder gerne hier her. Der Reichelsdorfer Keller ist für uns im Laufe der Jahre fast schon so etwas wie eine zweite Heimat geworden. Für meinen Sohn Christoph inzwischen ebenso wie früher für mich. Diese für Steher wirklich optimale Bahn, die vielen treuen Radsportfans und die ganze Atmosphäre am Keller ist in ganz Deutschland einmalig“, schwärmt Jean Breuer, der bei den fränkischen Fans einst ebenso beliebt war wie die erfolgreichen Lokalmatadore Horst Duschl, Gerhard Duschl, Klaus Burges oder Horst Gnas.

Christoph Breuer hat nach den Leistungen dieser Saison allen Grund, der EM optimistisch entgegen zu sehen: „Ich habe mich in den letzten Wochen sehr gezielt vorbereitet. Bei zahlreichen Straßenrennen und Kriterien konnte ich meine Form noch weiter verbessern. Mit meinem Bielefelder Schrittmacher Gerd Gessler, der sehr routiniert und umsichtig fährt, verstehe ich mich sehr gut. Ich bin deshalb auch zuversichtlich, dass wir im Vorlauf am Freitagabend einen Platz für das Finale erreichen werden“, sagt der 28-jährige Physik-Student, der die EM-Qualifikation mit drei dritten Plätzen bei den Wertungsrennen in Cottbus und Nürnberg sowie bei der DM in Leipzig problemlos schaffte.

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Eine Prognose für das EM-Finale will er allerdings nicht abgeben: „Eine Meisterschaft hat stets ihre eigenen Gesetze, da spielen auch die Nerven eine wichtige Rolle, und etwas Glück gehört natürlich auch immer dazu, um vorne mit dabei zu sein“, weiß Christoph Breuer, der seit seinem 13. Lebensjahr bei Bahn- und Straßenrennen begeistert im Sattel sitzt.

Zwei Favoriten

Als „seine Top-Favoriten“ der EM bezeichnet Christoph Breuer den Schweizer Titelverteidiger Giuseppe Atzeni und den neuen Deutschen Meister Florian Fernow aus Berlin. „Überhaupt halte ich die Schweizer Mannschaft, die ja mit vier Fahrern nach Nürnberg kommt, für unseren schärfsten Gegner“, urteilt Breuer, der weiß, dass auch gutes Teamwork über den Titel entscheiden wird. „Das Finale über eine Stunde ist länger als alle Rennen, die wir sonst die gesamte Saison über fahren. Da muss jeder seine Karten aufdecken. Der Rennverlauf entscheidet meist sehr bald über die jeweilige Team-Taktik. Ebenso wie Florian Fernow und Timo Scholz werde ich mich im Finale nach den Anweisungen des Steher-Bundestrainers Rainer Podlesch richten. Es wäre schon sehr gut, wenn alle drei deutschen Fahrer im Endlauf dabei sind.“

Nicht nur Bundestrainer Rainer Podlesch wird ein waches Auge für Christoph Breuer haben. Regelrecht mitfiebern wird am Bahnrand sein Vater Jean Breuer, der seine große Begeisterung und sein Temperament oft kaum bremsen kann. „So war der Jean schon immer“, erinnert sich Schrittmacher-Legende Dieter Durst. „Wenn ich mit ihm fuhr, musste ich seinen enormen Eifer auch häufig etwas bremsen.“

Bei den Zuschauern am Keller kam Jean Breuers beherzte Fahrweise allerdings sehr gut an. Die älteren fränkischen Steherfans schwärmen noch heute vom außergewöhnlichen Kampfgeist des stets fröhlichen Rheinländers, der in seiner immerhin 15-jährigen Steher-Karriere rund 160 Rennen gewann.

Auch Nürnbergs Steher-Altmeister Heinz Jakobi bewunderte den einstigen Weltmeister: „Jean Breuer konnte auch verlieren und sich über einen zweiten Platz riesig freuen. Das machte ihn so sympathisch.“

Obwohl Jean Breuer 1974 Weltmeister, 1972 Vize-Weltmeister und zweimal WM-Vierter war, gelang ihm nie ein DM-Erfolg. „Jean war siebenmal deutscher Vize-Meister. Bei den DM-Finalläufen hatte er oft Pech, oder er war zu ungeduldig und eigenwillig“, erinnert sich Dieter Durst, der in Breuers Sohn einen kommenden Mann des deutschen Stehersports sieht: „Christoph hat sich in den letzten beiden Jahren ganz enorm verbessert und eine Menge Erfahrungen gesammelt. Ihn traue ich auch einen Podestplatz bei der EM zu. Wenn er so weiter macht, gehört ihm die Zukunft in dieser schönen aber schweren Radsportsparte“, ist Dieter Durst überzeugt.

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