Schatzkinder-Café: Damit Inklusion Normalität wird

29.10.2018, 08:00 Uhr
Schatzkinder-Café: Damit Inklusion Normalität wird

© Foto: Robert Schmitt

Seit 2016 treffen sich im Schatzkinder-Café regelmäßig Eltern mit Kindern mit und ohne Behinderung, um gemeinsam zu spielen, zu singen, zu toben und die Welt zu entdecken. Ein offener inklusiver Spielenachmittag. Dafür arbeitet das Familienzentrum an der Walpersorfer Straße eng mit der Interdisziplinären Frühförderung der Lebenshilfe Schwabach-Roth zusammen. Deren Leiter Werner Schemm ist ebenfalls ausgezeichnet worden. "Ein beispielhafter Beitrag zur Inklusion in Schwabach, der das Zusammenleben in der Stadtgesellschaft verbessert", so die Jury.

"Wir wollen die Schätze entdecken", fasste Eva Karl das Ziel ihrer Initiative zusammen, "die in jedem Kind stecken". Sie hat das Schatzkinder-Café auch aufgrund eigener Erfahrungen ins Leben gerufen: "Ich bin mit einem geistig behinderten Bruder aufgewachsen. Inklusion ist für mich ein Herzensthema, um Barrieren abzubauen."

Ehrengast Verena Bentele

Der Integrationsstiftung war ein echter Coups gelungen. Für die Festrede hatte Beirats-Vorsitzender Richard Schwager mit Verena Bentele die ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung gewinnen können. Die von Geburt an blinde VdK-Vorsitzende sah im Schatzkinder-Café eine Initiative, "die Inklusion in Schwabach erlebbar und zu einem positiven, fröhlichen und liebenswerten Thema macht".

Für die zwölffache Paralympicssiegerin im Skilanglauf bietet gelungene Inklusion "Riesenchancen für die Gesellschaft". Wie die Erfahrungen der Schatzkinder zeigten, "profitieren nämlich alle Kinder davon", erklärte sie. "Denn jeder hat einen besonderen Förderbedarf, er ist nur unterschiedlich ausgeprägt."

Verena Bentele sprach sich dafür aus, Menschen nicht nach ihren Defiziten zu sortieren und einzuordnen, sondern immer ganzheitlich zu betrachten. "Dann kann Inklusion bewirken, dass ein Leben so verläuft, wie es nicht vorhersehbar war." Bei gemeinsamen Aktivitäten miteinander und voneinander zu lernen, fügte Bentele hinzu, erhöhe schließlich die Erfolgschancen in der Gruppe. "Und es ist die Leistung der Gruppe, die zählt", so Bentele. Auf diese Weise nütze Inklusion besonders, wenn sie zur Normalität werde. "Dann ermöglicht sie den Blick auf jeden einzelnen Menschen, woraus man neue Dinge erfahren und lernen kann."

Jeden ersten Freitag im Monat

Laut Eva Karl hat das Inklusive Familiencafé "Schatzkinder" mittlerweile viele Stammgäste, die sich jeden ersten Freitag im Monat zwischen 15 und 17 Uhr im Familienzentrum zum gemeinsamen Spielen und zum Austausch treffen. Dabei habe sich inzwischen ein fester Ablauf des Nachmittags im wahrsten Sinn des Wortes eingespielt. Jedes einzelne Kind wird mit dem "Schatzkinder-Song" als "Schatz" begrüßt. Danach kann nach Herzenslust in Bällen gebadet, gespielt, das Sinnesangebot im Bewegungsraum entdeckt oder je nach Alter auch etwas gebastelt werden.

Vertraute Atmosphäre

Die zahlreichen Gespräche unter den Eltern in der Pause sind für Eva Karl und das Team ein Indiz für die vertraute Atmosphäre, die mittlerweile zwischen den Besuchern entstanden ist. Im Schatzkinder-Café arbeiten die Känguruh-Erzieherinnen Nadine Jedzik und Heidi Gehret mit pädagogischem Personal der Lebenshilfe zusammen. Die Heilerziehungspflegerin Susanne Böhm sowie die Psychologin Katharina Glaser verstärken das Team. Werner Schemm forderte die Gäste der Stiftung auf zu helfen, Inklusion in den Alltag weiterzutragen und so ein Netzwerk zu knüpfen. "Das Café ist ein Baustein in diesem Netzwerk", so Schemm.

Weitere Projekte

Der Festabend bot die Gelegenheit zur Vorstellung eines zweiten Inklusions-Projekts in Schwabach, das bereits seit Inkrafttreten des "Bayerischen Gesetzes zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten" im Jahre 2006 läuft. Marita Heiß-Hertle ist Leiterin des "MatZe", des Familienzentrums der Evangelischen Kirche St. Matthäus im Eichwasen. Dort und in der evangelischen Kita in der Bahnhofstraße werden Kinder mit und ohne Behinderung ebenfalls gemeinsam gefördert und betreut.

Heiß-Hertle schilderte den Alltag dort, machte die Unterstützung durch zusätzliche Therapeuten deutlich, wies auf die Finanzierung durch den Bezirk Mittelfranken hin und erklärte die Haltung des Personals in den beiden Einrichtungen. "Wir stimmen unser Konzept jeden Tag neu auf die Bedürfnisse der Kinder ab", so Heiß-Hertle.

Mit dem Preis wolle die Integrationsstiftung beispielhaft Projekte auszeichnen und sie transparent machen, so Richard Schwager, "um andere zu ermutigen, die sich in Schwabach für Inklusion einsetzen wollen". Schließlich müsse man Schwache, Kranke und Behinderte verstärkt einbinden und mitnehmen, so der ehemalige Stadtkämmerer.

Oberbürgermeister Matthias Thürauf machte als Schirmherr auf eine "Gratwanderung" aufmerksam. "Es besteht die Gefahr der Überforderung auf beiden Seiten", erklärte er, sah dafür in Schwabach aber keinerlei Anzeichen. "Beides sind gute Projekte.".

Keine Kommentare