Schmähkritik und Kifferblick: Hans Söllner in Schwabach

24.4.2016, 11:05 Uhr
Der bayerische Kult-Kiffer Hans Söllner begeistert mit bissigem Programm den Schwabacher Markgrafensaal.

© Robert Schmitt Der bayerische Kult-Kiffer Hans Söllner begeistert mit bissigem Programm den Schwabacher Markgrafensaal.

Hat Hans Söllner die Nase voll? Fast könnte man es glauben. "Wir sind die einzige Spezies, die sagen kann: Jetzt ist Schluss", erklärt er im ausverkauften Markgrafensaal mehrmals. Das ist allerdings keine Aufforderung zum Suizid. Söllner meint wohl eher die Tretmühle des Alltags. "Macht's einfach nicht mehr mit", fordert er sein Publikum auf und nennt auch ein konkretes Beispiel für aus seiner Sicht notwendige Verweigerung. "Niemand braucht Zünder für Minen herzustellen, die Kindern in Angola die Füße wegreißen."

Hans Söllner tritt zum zweiten Mal in Schwabach auf und enttäuscht seine Fans nicht. "Konzert kann man es nicht nennen", kündigt er selbst sein künstlerisches Konzept an. Es sei vielmehr ein Seminar, sagt Söllner. In der Tat: Knapp zwei Stunden unterhält er mit politischem Kabarett, in das er insgesamt acht Lieder einstreut. Dabei bleibt er weit ab vom Mainstream der bekannten TV-Kollegen, aber nicht weniger bissig. Immer hintersinnig-anarchisch, streckenweise ziemlich derb und ordinär trägt er seine Weltanschauung vor, ermöglicht Einblicke in persönliche Bewertungen und gibt Tipps, wie ziviler Protest aussehen könnte: Running-Gag des Abends ist sein Vorschlag zum Umgang mit Polizei-Autos. "Machen Sie einfach die Tür auf und wieder zu. Tac-tac, kein Wort und weiter."

Böhmermann-Gedicht eingeflochten

"Ich rauch einfach gern, mir geht's so gut, wenn ich kiff", stellt Söllner bei seiner Show klar.

"Ich rauch einfach gern, mir geht's so gut, wenn ich kiff", stellt Söllner bei seiner Show klar. © Robert Schmitt

Söllner ist in dieser Hinsicht ziemlich zahm geworden. Seine Angriffe gegen die Staatsmacht waren früher heftiger und deutlicher. Dafür stand er sogar häufig vor Gericht. Ganz abgesehen von den Eskapaden mit Marihuana, die ihm mehrfach hohe Geldstrafen eingebracht haben. Das erste Lied geht indes völlig in diese Richtung. Es soll "ein Liebeslied" sein und behandelt seine Zuneigung zum Rauschgift: "Ich rauch einfach gern, mir geht's so gut, wenn ich kiff". Obwohl er die weiteren Lieder des Abends häufig als Protestsongs anmeldet, machen deren Texte eher einen esoterisch-philosophischen Eindruck als einen politisch-kritischen. Die Melodien unterscheiden sich ohnehin kaum.

Dennoch ist es ein großer Abend. Denn Söllner gelingt es, sich über weite Strecken seines Programms auf wunderbare Weise mit Jan Böhmermann zu solidarisieren. Immer wieder bringt er das Gedicht des TV-Stars so geschickt in seine eigenen Geschichten ein, dass sich die gesamte Satire nochmals vollends entfaltet. Freilich überschreitet auch Söllner dabei wohl mehrmals die Grenze zur Beleidigung. Doch er bleibt selbstbewusst und findet diese Richtung gerechtfertigt: "Was ist ordinärer, als Krieg zu führen und auf Kurden zu schießen?", fragt er, "denn beides macht Erdogan."

Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, könnte man diese Devise zusammenfassen. Söllner beschränkt ihre Anwendung allerdings nicht auf den türkischen Ministerpräsidenten. Ähnlich nimmt er den französischen Ex-Präsidenten Sarkozy, US-Präsident Obama und Kanzlerin Merkel ins Visier. Obwohl er dabei an einigen Stellen übers Ziel hinausschießt, merkt man vor allem daran: Niemand aus der Söllner-Gemeinde muss Befürchtungen hegen. Er hat sie Nase ganz gewiss noch lange nicht so voll, dass er seine Fans im Stich ließe. In der Zugabe kehrt er dann sogar zurück zu seinen Wurzeln. "Hey, Staat" bildet den umjubelten Schlusspunkt eines Abends zwischen allgäuer Schmähkritik, Anarchoromantik und Kifferblick.

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