Schwabach: „Bauwut“ des Bibers mündet in Auenlandschaft

6.9.2016, 09:02 Uhr
Schwabach: „Bauwut“ des Bibers mündet in Auenlandschaft

© Foto: Robert Schmitt

Denn neben seiner Burg hat das Tier auf einer Strecke von 300 bis 400 Metern vier Dämme gebaut. „Das ist völlig ungewöhnlich, ich kann mir das nicht erklären“, sagt Harry Seidel. Ergebnis der Bauwut ist eine echte Auenlandschaft. Die Schwabach tritt auf der gesamten Länge über die Ufer. Bäume, Büsche und Wiesen stehen unter Wasser. Der Fluss, über den man an anderen Stellen immer noch ohne große Mühe springend von einem Ufer ans andere wechseln kann, ist nun teils acht bis zehn Meter breit.

„Aus dem fließenden Gewässer ist ein stehendes geworden“, sagt Seidel, um den Effekt zu beschreiben. An einem der gut erkennbaren Dämme hat sich das Wasser schon einen Nebenweg gesucht.

Aus ökologischer Sicht ist diese Entwicklung nicht bedenklich, findet Seidel. Mittelfristig verändere sich zwar das Umfeld. Denn der bislang übliche Bewuchs entlang der Schwabach hält der Überschwemmung nicht stand. „Das vertragen die Bäume auf Dauer nicht, sie werden absterben“, erklärt Seidel. Ein Kahlschlag ist indes nicht zu befürchten. „Es werden sich eben Pflanzen ansiedeln, die Wasser mögen, etwa Weiden“, so der Biberberater. Ferner erhöhe sich die Artenvielfalt. Störche und Graureiher hat Seidel schon gesichtet.

Kritisch wird es allerdings, wenn infolge der Bautätigkeit des schwimmenden Vierbeiners Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft eingeschränkt werden oder echte Schäden entstehen. Etwa weil Wiesen nicht mehr gemäht werden können, Teiche und Fischbesatz gefährdet sind oder Wälder dauerhaft versumpfen. Dann ist der Biberberater gefragt.

Für Schwabach und den Landkreis Roth gibt es vier davon. „Unsere Arbeit hat vier Säulen“, erklärt Harry Seidel. Beratung und Prävention sind die ersten beiden. Seidel steht in Kontakt mit allen Anrainern und legt selbst Hand an. Mehrmals hat er schon Dämme gelockert oder beseitigt. „Doch der Biber ist schlau: am nächsten Tag ist wieder alles ausgebessert“, hat er festgestellt. Er rechnet auch noch mit weiterer Bautätigkeit des Bibers. „Im Winter legt er gewiss bald den fünften Damm an“, ist Seidel überzeugt.

Denn der Biber fühlt sich nur im Wasser wohl. An Land sei er recht unbeholfen. Er braucht einen Wasserstand zwischen 60 und 80 Zentimetern. Die Dämme sollen ihn sicherstellen. Die Biberburg befindet sich am Uferrand. Sie ist vom Wasser aus erreichbar. „Dort will der Biber im Trockenen sitzen“, sagt Seidel.

In der Unterreichenbacher Biberburg vermutet er ein Elternpaar mit drei Jungen und glaubt, entlang der Schwabach gebe es sogar zwei Biberreviere. „Oft ist die Burg nämlich unterirdisch angelegt und deshalb nicht sichtbar“, erklärt er seine Einschätzung. Ein weiterer Biber sei an der Mündung der Schwabach in die Rednitz zu finden.

Biberreiches Bayern

Für die Schadensregulierung ist Seidel ebenfalls zuständig. Dafür gibt es in Bayern einen eigenen Fonds, dessen Mittel in der Vergangenheit allerdings manchmal nicht ausgereicht haben. In Extremfällen muss Seidel einen Problem-Biber fangen. Umgesetzt wird er danach nur mehr selten. „Meist tötet ihn der zuständige Jagdpächter“, erklärt Seidel. Wie kürzlich in Rohr, als mehrere Landwirte ihre Wiesen nicht mehr mähen konnten.

Für ein Töten des Tieres ist eine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde erforderlich, die mittlerweile in der Regel aber erteilt wird. Schließlich gibt es aufgrund der intensiven Ansiedlungs- und Schutzprogramme der beiden vergangenen Jahrzehnte gegenwärtig fast 20 000 Biber im Freistaat. Das sind zwei Drittel der bundesweiten Population.

Die Bedingungen für weitere Vermehrung sind gut. „Er hat hier ja keine Fressfeinde“, sagt Seidel. Bei zwei bis drei Jungen pro Jahr ist der Fortpflanzungserfolg ausschließlich durch Krankheiten eingeschränkt. Denn Futter findet der Biber immer. „Er ist ein reiner Vegetarier“, sagt Seidel. Im Sommer frisst er jedes Grün. Im Winter ernährt er sich von Baumrinden. „Holz und Wasser, das ist es, was der Biber braucht“, so Seidel.

Diese Bedingungen sind an der Schwabach zwischen Westrand in Unterreichenbach und Stadtzentrum in idealer Weise gegeben. Weiter westlich sieht es schon wieder nicht mehr so gut aus, weil es kaum begleitenden Bewuchs gibt. Erst am Erlbach bei Rohr findet der Biber wieder beides: Holz und Wasser.

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