Schwabach: Früherer Kommissariats-Chef verurteilt

13.11.2018, 15:15 Uhr

Das Wort "Verleitung" ist dabei allerdings ein eher missverständlicher Begriff. Denn direkt verleitet hat der heute 53-Jährige seine Mitarbeiterin natürlich nicht zu einer Straftat. Er habe sie aber nicht hinreichend kontrolliert, sagen Staatsanwaltschaft und Gericht.

Rückblick, September 2015. Auf dem Radweg zwischen Wolkersdorf und Schwabach wird eine junge Frau von einem Asylbewerber überfallen und in den Straßengraben gezerrt. Er versucht, sie zu vergewaltigen, schlägt sie mehrfach, zieht ihr die Hose herunter, ehe er doch noch von ihr ablässt. Der Fall geht an das "K 1" der Kripo Schwabach. Doch die eingeteilte Mitarbeiterin tut nicht viel für einen Ermittlungserfolg.

DNA-Spuren nicht weitergereicht

Ihr größtes Versäumnis: Gesicherte DNA-Spuren vom Täter reicht sie einfach nicht an die Gerichtsmedizin nach Erlangen weiter. Auf Nachfragen ihres Vorgesetzten behauptet sie, die DNA-Spuren hätten keinen Treffer ergeben.

Der zunächst unbekannte Täter kann also ungestört weitermachen, vergewaltigt schon am nächsten Tag nahe Augsburg eine Frau und versucht das gleiche acht Monate später noch einmal nahe Forchheim. Erst dort kommt man ihm mittels DNA-Spuren auf die Schliche. Wenn im "K 1" ordentlich gearbeitet worden wäre, dann hätte es den Fall in Forchheim nie gegeben. Dass es sich um keine Lappalie handelt, macht das Urteil gegen den Sexualstraftäter deutlich: Neun Jahre Gefängnis bekommt er aufgebrummt.

Vom Zeugen zum Angeklagten

Und die Schwabacher Polizeibeamtin? Sie wird im November 2017 aufgrund dieses und einiger anderer Fälle wegen mehrfacher versuchter und tatsächlicher Vereitelung der Verfolgung von Straftaten im Amt zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der Staatsanwaltschaft reicht das nicht, in einer Neuauflage vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wird das Strafmaß auf 18 Monate erhöht, die Frau wird aus dem Polizeidienst entfernt. Eine von ihr angestrengte Revision weist das Oberlandesgericht zurück, das Urteil ist damit rechtskräftig.

Ende eines traurigen Falles? Nicht ganz. Ein Jahr nach der (ehemaligen) Kripobeamtin sitzt auch ihr ehemaliger Vorgesetzter auf der Anklagebank. Er soll als Zeuge im ersten Prozess gegen die Kripobeamtin die Unwahrheit gesagt haben, was die Aufsicht über ihre Arbeit angeht. Und er soll vor allem seine Mitarbeiterin nicht ausreichend kontrolliert und geführt haben.

Zwei Kardinalfehler

Nach einem langen ersten Verhandlungstag Ende Oktober einigen sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, den Vorwurf der Falschaussage fallen zu lassen. Es bleibt aber der Vorwurf der mangelnden Kontrolle. Dafür stellt das Gericht dem Angeklagten im Falle eines Geständnisses eine niedrige Bewährungsstrafe in Aussicht. So kommt es dann auch.

Staatsanwältin Dr. Gabriele Ebenhöch betont beim zweiten Verhandlungstag an diesem Dienstag, dass der Angeklagte zumindest zwei Kardinalfehler begangen habe. Er habe den brisanten und hochsensiblen Fall einer Mitarbeiterin übertragen, die ohnehin nicht zu den Stärksten im K 1 gehörte und die, was ihre Leistungen angeht, im Laufe des Jahres 2015 noch einmal stark nachgelassen habe. Und zweitens: "Sie hätten gerade bei dieser Mitarbeiterin, bei der es schon öfters Probleme gegeben hat, besser und engmaschiger kontrollieren müssen als nur mit dem 08/15-Standardverfahren", so Ebenhöch. "Bei Ihrer Mitarbeiterin hat sich halt Unwilligkeit und Unfähigkeit gepaart. Da haben Sie zu wenig hingeschaut."

Belogen und getäuscht

Verteidiger Christian Veith räumt zwar Versäumnisse seines Mandanten ein. Der Polizist sei aber von seiner Mitarbeiterin auch auf üble Weise (mündlich und schriftlich) belogen und getäuscht worden. "Wir haben hier keinen pflichtvergessenen ehemaligen K-Leiter auf der Anklagebank, sondern einen integren, gewissenhaften und durchaus akribischen Beamten, der sich in dieser Situation fälschlicherweise auf ein an sich bewährtes Kontrollsystem und auf die Aussagen seiner Untergebenen verlassen hat."

Richterin Elfrich spricht von einem "minderschweren Fall". "Sie sind ja ein anständiger Mensch. Sie haben ein altes Überwachungssystem von ihrem Vorgänger weitergeführt, das bei der einen Mitarbeiterin nicht ausreichend war. Und Sie haben das Pech gehabt, dass wegen des Fehlverhaltens ihrer damaligen Untergebenen etwas wirklich Schlimmes passiert ist", so die Vorsitzende in Richtung des Angeklagten.

Zur Bewährung

Doch Pech und Versäumnisse, auch wenn sie nicht absichtlich passiert sind, schützen vor Strafe nicht. Deshalb ist die dreimonatige Bewährungsstrafe fast obligatorisch. Absitzen muss sie der Polizeibeamte aber nicht. Sie wird zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungsauflage, zu zahlen an das Frauenhaus Schwabach, setzt das Gericht mit 2500 Euro an. Auch die Verfahrenskosten muss der Verurteilte tragen.