Schwabach hat erstmals über 53 Millionen Euro Schulden

18.4.2015, 10:05 Uhr
Schwabach hat erstmals über 53 Millionen Euro Schulden

© Foto: Gerner

Im Vergleich zum Vorjahr sind das rund 3,2 Millionen Euro mehr. Doch die Entwicklungen in den vergangenen zehn Jahren laufen von Kommune zu Kommune ganz unterschiedlich.

Den größten Batzen zu tragen hat derzeit die Stadt Schwabach. 53,2 Millionen Euro hat sich Wirtschaftsreferent und Kämmerer Sascha Spahic von Kreditinstituten geliehen. Das ist ein Rekordstand – und ist erstmals mehr als alle Gemeinden im Landkreis gemeinsam angehäuft haben (51,4 Millionen Euro). Den städtischen Haushalt 2014 hatte die mittelfränkische Regierung nur unter harten Sparauflagen genehmigt, für 2015 beließen es die Aufseher aus Ansbach bei einem „Wangenstreichler“, wie es vor kurzem in der Sitzung des Stadtrats hieß.

Schulden, aber auch Vermögen

Trotz der hohen Verschuldung – pro Kopf 1345 Euro – ist Schwabach von einer Pleite weit entfernt. Fast jeder zweite ausgeliehene Euro ging an so genannte kostenrechnende Einrichtungen wie die Abwasserentsorgung. Geld, das die Stadt gewissermaßen vorstreckt und das von Bürgern und Firmen im Laufe der Jahre in Form von Gebühren zurückgezahlt wird. Außerdem kann die Stadt der Verschuldung auch ein Eigenkapital von rechnerisch 145 Millionen Euro sowie weitere Vermögenswerte entgegenstellen. Darunter fallen Gebäude, aber auch unbebaute Grundstücke. Die Lage sei also weniger dramatisch als es der bloße Blick auf die Schulden vermuten lasse, so Spahic.

Sparen alleine ist zu wenig

Dramatisch ist die Situation vielleicht nicht. Ganz ohne, das weiß auch der Kämmerer, ist sie aber auch nicht. 2014 schaffte es die Stadt im Haushaltsentwurf nicht einmal, im laufenden Betrieb so viel Geld zu erwirtschaften, um die Darlehenstilgungen zu bedienen. Für die Begleichung alter Schulden musste Spahic also neue Kredite aufnehmen. Das kann, Griechenland lässt grüßen, auf Dauer nicht gutgehen – und hat zu entsprechenden Reaktionen in Ansbach geführt. Seither regiert zwar nach wie vor Oberbürgermeister Matthias Thürauf, aber der Rotstift regiert zumindest mit. Der Neubau eines Hallenbads? Auf unbestimmte Zeit verschoben. Der Stadtverkehr? In seiner jetzigen Form nicht mehr zu bezahlen.

Doch nur mit Sparen ist es auch nicht getan. „Wir müssen ja unsere Infrastruktur in einem guten Zustand halten – oder in einen guten Zustand bringen“, sagt Spahic. Was machbar ist und was nicht, das wird in den Schwabacher Haushaltsberatungen auf Jahre hinaus einem jährlichen Spagat gleichkommen.

Dabei ist die Pro-Kopf-Verschuldung von aktuell 1345 Euro (nach 1211 Euro im Jahr 2013) noch gar nicht das größte Problem. Denn damit befindet sich Bayerns kleinste kreisfreie Stadt etwa im Schnitt aller 25 kreisfreien Städte im Freistaat. Bloß: Während viele extrem steuerstarke Kommunen wie München, Regensburg, Ingolstadt und Schweinfurt dank sprudelnder Steuereinnahmen zuletzt einen guten Teil ihrer Verbindlichkeiten abgebaut haben, ging Schwabach seit 2008 (Pro-Kopf-Verschuldung damals 952 Euro) den umgekehrten Weg. Richtig eng würde es werden, wenn die Schuldzinsen einmal wieder ein normales Niveau erreichen würden. Das würde die Handlungsfähigkeit der Stadt schnell einschränken.

Bester Wert seit Jahrzehnten

Verglichen mit Sascha Spahic hat Jürgen Lafère derzeit einen scheinbar einfachen Job. Denn der Kämmerer des Landkreises Roth meldete vor einigen Wochen den niedrigsten Schuldenstand seit Jahrzehnten an das Statistische Landesamt. 15,9 Millionen Euro Kredite hat Lafère derzeit nur noch in den Büchern stehen, 3,3 Millionen weniger als vor einem Jahr. Das macht pro Kopf 129 Euro.

In den vergangenen zehn Jahren wurden die Verbindlichkeiten mehr als halbiert, selbst der über 30 Millionen Euro teure Neubau des Gymnasiums Wendelstein hat nur kurzzeitig zu einem Anstieg des Schuldenstandes geführt.

Anders als eine kreisfreie Stadt hat ein Landkreis dabei selbst gar keine eigenen Steuereinnahmen. Er lebt in erster Linie von der Kreisumlage. Das ist das Geld, das die Gemeinden an den Landkreis überweisen, weil der die überörtlichen Aufgaben (Beispiel weiterführende Schulen, Sozialhilfeleistungen, Kreisstraßenbau) für sie übernimmt.

Für 2014 spricht Jürgen Lafère von einem „überraschend guten Ergebnis“. Am Ende konnte er, anders als im Haushaltsplan vorgesehen, die Schulden deutlich drücken.

Allerdings stünden jetzt ja große Investitionen an wie der bis zu 25 Millionen Euro teure Teil-Neubau des Gymnasiums Hilpoltstein und der überraschend schnell nötige Ausbau des Gymnasiums Wendelstein. „Die 15 Millionen werden also nicht Bestand haben“, prophezeit der Kreiskämmerer – und baut damit möglicher Kritik aus den Gemeinden vor, die Kreisumlage sei vielleicht doch um den einen oder anderen Hebesatzpunkt zu hoch.

Dritte schuldenfreie Gemeinde?

Ganz unterschiedlich, was die Verschuldung angeht, verlaufen die Entwicklungen in den 16 Gemeinden des Landkreises Roth, deren Verbindlichkeiten im Vorjahr um gut eine auf 51,4 Millionen Euro gestiegen sind.

Einzige Konstanten sind Rednitzhembach und Wendelstein, die schon seit vielen Jahren ihren Betrieb und ihre Investitionen ohne einen Euro Schulden organisieren (wenngleich Wendelstein angekündigt hat, sich aufgrund der historisch niedrigen Zinsen wieder bis zu eine Million Euro am Finanzmarkt zu besorgen).

Mit dem ländlich geprägten Thalmässing könnte nächstes Jahr eine dritte Gemeinde ihre Verschuldung auf null zurückfahren. Verbindlichkeiten von nur noch 131 000 Euro – weniger als viele Häuslebauer tragen – hat Kämmerer Martin Obermeyer in den Büchern stehen. Dem stehen fünf Millionen Erspartes gegenüber. Die ausgewiesene Pro-Kopf-Verschuldung von 25 Euro ist also eher theoretischer Natur.

Bald zehn Millionen?

Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung zwischen 100 und 200 Euro müssen sich auch die Kämmerer in Roth, Schwanstetten und Rohr aktuell keine großen Sorgen machen, auch wenn in Roth mit dem Neubau der Festhalle und dem Neubau der Schulturnhalle Gartenstraße große Projekte anstehen.

Hilpoltstein ist mit 7,6 Millionen Euro die derzeit am höchsten verschuldete Kommune im Landkreis Roth. Die Verbindlichkeiten könnten in den nächsten Jahren auf deutlich über zehn Millionen Euro ansteigen. Aufgrund ihrer Größe von über 13 000 Einwohnern schwimmt die Burgstadt bei der Pro-Kopf-Verschuldung (579 Euro) aber noch im Mittelfeld mit.

Angespannt ist die Lage nach wie vor im kleinen Heideck mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1292 Euro und in Abenberg (1380 Euro), das in der Rangliste seit mehr als einem Jahrzehnt tapfer die „Rote Laterne“ trägt. Immerhin haben es die Burgstädter seit 2002 geschafft, keine neuen Schulden mehr aufzunehmen und die Verbindlichkeiten um mehr als ein Drittel abzubauen. Und angesichts der noch anstehenden Projekte in Heideck ist das Jahr wohl nicht mehr fern, dass Abenberg den letzten Platz in der Tabelle abtreten wird.

Kredite fast zum Nulltarif

Wie im übrigen Deutschland ist die Höhe der Verschuldung auch in der Region aktuell kein großes Problem. Denn dank historisch niedriger Zinsen kommen die Kommunen derzeit fast zum Nulltarif an frisches Geld. Die Folge: Die jährlichen Zinsbelastungen sinken, dafür steigen in der Regel die Tilgungsraten.

Und doch haben die extrem niedrigen Zinsen (nicht nur für Sparer) ihre Schattenseiten. „Die Zinsersparnis wird wieder aufgefressen durch die deutlich steigenden Preise beispielsweise im Hoch- und Tiefbau“, erklärt der Spalter Stadtkämmerer Robert Nolte. Und sein Schwanstettener Kollege Peter Lösch weist in Sitzungen immer wieder auf das kleine Einmaleins der Mathematik hin: „Geld, das ich aufgenommen habe, muss ich irgendwann auch wieder zurückzahlen, egal, wie niedrig die Zinsen sind.“

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