Schwabach: Soforthilfe für Kinder in Gefahr

1.10.2016, 04:05 Uhr
Schwabach: Soforthilfe für Kinder in Gefahr

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„Wir rufen Pflegeeltern an und fragen, ob wir in einer oder zwei Stunden ein Kind vorbeibringen können“, erklärte Adelheid Regn-Neidhart vom Schwabacher Jugendamt in der jüngsten Sitzung des Schwabacher Jugendhilfeausschusses.

Der hat das Konzept einstimmig gebilligt und das Jugendamt mit der Umsetzung beauftragt. „Derzeit wird verwaltungsintern geprüft, wie wir die erforderlichen zusätzlichen Stunden für die Betreuung der Eltern aufbringen können“, sagt Jugendamtsleiter Harald Hübner auf Tagblatt-Nachfrage.

An der Notwendigkeit herrscht im Jugendamt kein Zweifel. „Bisher haben wir zwar immer Lösungen gefunden“, berichtet Adelheid Regn-Neidhart. „Wir haben Kinder über freie Träger wie die Caritas oder in Betreuungseinrichtungen untergebracht.“ Aber: „Das wird immer schwieriger, weil die Zahl der Überforderungssituationen in Familien zunimmt.“ 2015 gab es in Schwabach 18 Inobhutnahmen.

„Vielleicht misshandelt“

Immer häufiger muss das Jugendamt auf plötzlich auftretende Extremsituationen reagieren — bis hin zu konkreter Gefahr. „Die Kinder können vielleicht misshandelt, vielleicht missbraucht worden sein. Die oft noch sehr kleinen Kinder sind in solchen Situation natürlich völlig aufgeregt“, erklärt Regn-Neidhart.

Während normalerweise Pflegeeltern und Kind sich aufeinander einstellen können, ist hier schnelles Handeln erforderlich, um die Kinder in Sicherheit zu bringen. „Bereitschaftspflegeeltern nehmen Kinder quasi unbesehen“, sagte Regn-Neidhart.

Das bedeutet eine enorme Anforderung. „Diese Eltern müssen sich auf Krisensituationen schnell einstellen können. Sie müssen sehr flexibel und belastbar sein. Und sie müssen — außer im Urlaub — allzeit und immer bereit sein“, listete Regn-Neidhart auf. „Außerdem brauchen sie viel pädagogisches Gespür und Fingerspitzengefühl.“

Dafür kommen nur Familien mit einem intakten Gefüge infrage. Schließlich müssen sie in der Lage sein, die Kinder zuverlässig zu versorgen.

„Wieder loslassen können“

Ein weiterer wichtiger Punkt: Bereitschaftspflegeeltern müssen bereit zur Zusammenarbeit sein. Sowohl mit dem Jugendamt als auch mit den leiblichen Eltern. Eine dauerhafte Pflege sieht dieses Konzept nämlich ausdrücklich nicht vor. Bereitschaftspflege ist befristet: auf die Zeit, die nötig ist, um die weitere Pers-pektive zu klären. „Diese Eltern müssen sich also auf das Kind einlassen, aber auch wieder loslassen können“, betont Adelheid Regn-Neidhart.

Eignungsprüfung

Wegen der besonderen Anforderungen müssen Interessierte auch eine Art Eignungsprüfung akzeptieren. Dabei will das Jugendamt zum Beispiel sicherstellen, dass genügend Wohnraum für das Pflegekind vorhanden ist.

Doch werden die Bereitschaftspflegeeltern auch nicht alleine gelassen. Das gilt zum einen in finanzieller Hinsicht. Für die Grundausstattung, etwa Kleidung, gibt es eine einmalige Pauschale von 800 Euro. In den ersten zehn Tagen werden jeweils 80, ab dem elften Tag 50 Euro Kostenaufwand bezahlt. Hinzu kommt eine einmalige Anerkennungspauschale von 100 Euro und ein Zuschuss von täglich 1,41 Euro zur Altersvorsorge.

„Vier Eltern wären toll“

Wohl noch wichtiger als das Geld: Das Jugendamt unterbreitet den Eltern Qualifizierungsangebote. Besprochen werden rechtliche Fragen und pädagogische Herausforderungen. Vom richtigen Umgang mit Traumata bis hin zu Bindungsstörungen. Vierteljährige Gesprächskreise dienen dem Erfahrungsaustausch.

Die Grundzüge des Konzepts stehen also. Sobald die Verwaltungsabläufe intern geklärt sind, will die Stadt offensiv um Bereitschaftspflegeeltern werben. „Wenn wir vier Eltern fänden“, sagt Adelheid Regn-Neidhart, „dann wäre das natürlich toll.“

Für erste Vorabinformationen stehen im Jugendamt zur Verfügung: Adelheid Regn-Neidhart, Telefon (0 91 22) 860 335, und Eva Schneider, Telefon (0 91 22) 860 215.

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