Schwabacher Kantorei überzeugte mit „Die Geburt Christi“

16.12.2014, 08:01 Uhr

Nicht noch ein „Messias“, nicht schon wieder das sattsam bekannte „Weihnachtsoratorium“ aus der Feder Johann Sebastian Bachs. Schwabachs evangelischer Kirchenmusikdirektor Klaus Peschik ging einen anderen Weg und stellte mit der Schwabacher Kantorei in der katholischen Kirche Sankt Sebald das Oratorium „Die Geburt Christi“ (Opus 90), geschrieben vom Brahms-Zeitgenossen Heinrich von Herzogenberg, zur Diskussion. Ein hoch romantisches Opus mit emotionaler Sprengkraft.

An sich sollte dieses Werk, entstanden auf Anregung des Theologen Philipp Spitta, einen Gegenentwurf zu Bachs groß besetztem Kantaten-Sixpack darstellen, ein „Weihnachtsoratorium“ der schlichten Art und dadurch problemlosen Aufführbarkeit werden.

In den wenigen Wochen, die Heinrich von Herzogenberg für die Fertigstellung brauchte, entstand allerdings ein Stück respektabler Dimensionen und durchaus anspruchsvoller Faktur.

So erscheint auch Klaus Peschiks Entscheidung richtig, zur Umsetzung ein Beinahe-Profiensemble wie das Ansbacher Kammerorchester zu aktivieren, hörbar mehr Probenaufwand zu betreiben und beim Solistenquartett ebenfalls nicht zu sparen.

Mit der Sopranistin Corinna Schreiter, der Mezzosopranistin Renate Kaschmieder, dem Tenor Erwin Feith und dem Bass Andreas Czerney ist Klaus Peschik auf der sicheren Seite, was die handlungstragenden Protagonisten angeht.

Fromme Reflexion

Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden, will „Die Geburt Christi“ geistliche Oper ebenso sein wie fromme Reflexion, schlüssig unterteilt in „Verheißung“, „Erfüllung“ und „Anbetung“, von Philipp Spitta primär aus Bibeltexten mit kongenialen Ergänzungen zusammengefasst. Die Musik, die Heinrich von Herzogenberg dazu einfiel, wirkt mal melodieselig volkstümlich, mal repräsentativ großsymphonisch.

Am reizvollsten erscheint Herzogenbergs kompositorischer Genius immer dann, wenn er sich ganz simpler Vorlagen wie bekannten Weihnachtsliedern, darunter der Klassiker „Kommet ihr Hirten“, annimmt und diese Basis mit den Mitteln des romantischen Kunstlieds apotheotisch überhöht. Da dürfen dann selbst verklausuliert zitierte „Gloria“-Rufe aus Bachs Kontrapunkt-Schmiede nicht fehlen.

Eine besondere Position nimmt in diesem Zusammenhang der Evangelistenpart ein, den Erwin Feith mit Stimmglanz und Verve ausfüllt. Hier agiert kein anämischer Chronist, der aus der Distanz das umwälzende Geschehen der Menschwerdung Christi beschreibt und kommentiert, sondern ein direkt Beteiligter, einer, der die göttliche Heilsbotschaft gehört und verstanden hat. Feith demonstriert dort, wo es nötig ist, Druck und Strahlkraft, kann sich aber auch fein zurücknehmen und seinen Mitstreitern den Vortritt lassen, sofern dies dramaturgisch sinnvoll erscheint.

Die Hauptrolle spielt freilich der Chor, der Verwirrung und Unsicherheit der Menschen angesichts des Unfassbaren ebenso plastisch zu machen versteht, wie die Jubelrufe der Engel. Dass Heinrich von Herzogenberg für dieses bisweilen grellbunte Mosaik eine ebenso vielgestaltige Tonsprache gefunden hat, spricht für die „Ausgrabung“, die Peschik & Co. angenehm ansprechend gelungen ist.

Die Frage stellt sich, wie viele spannende Werke von zu Unrecht in Vergessenheit geratenen „Kleinmeistern“ eigentlich noch in den Musikarchiven schlummern . . .

Keine Kommentare