Seniorin: „Schwabach wird immer mehr zum Dorf“

8.7.2016, 09:33 Uhr
„Drei alte Frauen müssen sich für die Fahrt zum Friedhof ein Taxi nehmen.“ Die Senioren sind unter anderem unzufrieden mit dem Öffentlichen Nahverkehr in Schwabach.

© Günther Wilhelm „Drei alte Frauen müssen sich für die Fahrt zum Friedhof ein Taxi nehmen.“ Die Senioren sind unter anderem unzufrieden mit dem Öffentlichen Nahverkehr in Schwabach.

Elise Kühnleins Meinung zufolge ist es zwar offenbar möglich, jede Woche ein Event auf dem Marktplatz zu veranstalten. „Aber sonst bringt die Stadt hier nichts auf die Reihe.“

Als Beispiel nannte sie den Busverkehr. „Drei alte Frauen müssen sich für die Fahrt zum Friedhof ein Taxi nehmen“, so Kühnlein. „Ich finde, das ist ein Armutszeugnis.“

Anders klang die Beurteilung der Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs in Schwabach aus dem Munde einer Unterreichenbacherin. „Ich muss ein Lob an den Stadtverkehr richten“, begann sie ihre Wortmeldung. „Ich komme überall hin und mit ein bisschen Stadtrundfahrt auch wieder nach Hause“, nahm sie die Busrouten etwas aufs Korn. Zugleich mahnte sie eine Haltestelle in der Nähe der Seniorenwohnanlage „Pentas“ in der Gutenbergstraße an. Tobias Mayr von den Stadtwerken versprach, dort bald eine eigene Haltestelle „Am Wasserwerk“ einzurichten.

Konzerne wollen große Fläche

Heftige Kritik übten zwei Frauen aus Forsthof an einem Umstand, den die Stadt nach Darstellung ihrer Vertreter nur ganz schwer beeinflussen kann. „Bei uns im Stadtviertel gibt es keinen einzigen Laden mehr“, sagten die beiden Damen übereinstimmend. „Hier wohnen aber viele Menschen, die 70 Jahre und älter sind. Für sie gibt es keine Nahversorgung.“

Stadtbaurat Ricus Kerckhoff und Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht nannten die Bedingungen großer Einzelhandelskonzerne für die Ansiedlung von Märkten als Grund für den Mangel. „Das ist ein großes Problem“, gestand Kerckhoff zu. „Die Konzerne wollen mindestens 1200 Quadratmeter Verkaufsfläche und an Einfallstraßen angesiedelt sein“, so der Baurat. „Freilich wäre ein kleiner Markt in Forsthof wichtig, aber wir können niemanden zwingen.“ Damit wollten sich die beiden Seniorinnen nicht abfinden und wiesen auf weitere Bebauung in Forsthof hin. „Wir und die Neubürger bleiben auf der Strecke, weil wir gar nichts haben bei uns im Stadtteil“, so ihr deutlicher Einwand.

Galgenhumor

Für Knut Engelbrecht eine Lage, die in Nürnberg oft noch viel schlimmere Ausmaße annimmt. „Dort haben ganze Stadtteile keine Nahversorgung mehr, weil die Konzerne viel Verkaufsfläche und große Parkplätze an stark befahrenen Straßen wollen“, erklärte Engelbrecht. Freilich wäre es schön, im Stadtteil einkaufen zu können. Obwohl wir daran arbeiten, versicherte der Stadtrechtsrat, sei ein kleiner Markt sicher schwierig zu bekommen. „Wir nehmen auch einen großen“, meinten die Kritikerinnen daraufhin in einer Mischung aus Zynismus und Galgenhumor.

Kritik an Apothekennotdienst

Johanna Ittner, stellvertretende Vorsitzende des Seniorenrats, warf an dieser Stelle ein Diskussionsergebnis des Landesseniorenrats ein. Dort sei man der Auffassung, dass man für solche Fälle eigene Shuttle-Busse einsetzen müsse, um Senioren gruppenweise, aber individuell zum Einkaufen zu fahren. Dem trat Oberbürgermeister Matthias Thürauf entgegen: „Dafür ist der Stadtbus zumutbar, denn im Prinzip sollte jeder in der Lage sein, in den Linienbus zu steigen.“

Weitere Kritikpunkte waren die schlechte Beleuchtung am Unterreichenbacher Schlosssteig und der Apothekennotdienst. „Wie soll ich denn nach Rednitzhembach kommen?“, bemängelte eine Schwabacherin die Wochenenden und Nächte, an denen sich eine geöffnete Apotheke ausschließlich in der Nachbargemeinde befindet.

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