Solawi: Echte Partner statt Verkäufer und Kunde

28.4.2017, 06:00 Uhr
Solawi: Echte Partner statt Verkäufer und Kunde

© Foto: Rauh/oh

Die Lieferung kommt immer am Mittwoch. In der Garage von Claudia Porschert, In der Winterleite 23, stapeln sich dann die grünen Kisten, vollgepackt mit Kohlrabi, Spinat, Bärlauch, Karotten, Kartoffeln, Zwiebeln und vielem mehr, was gesund ist, satt macht und derzeit auf dem Hof von Claudia und Karl Dollinger in Offenbau schon wächst. Die Dollingers liefern auch Getreide, Linsen, Samen, Milch, Quark und Eier und einmal im Quartal auf Bestellung Fleisch.

Sechs Wendelsteiner Familien holen sich hier ihre Waren ab. Es wird nichts abgewogen. Es gibt keinen Wettlauf, um an die schönsten Knollen zu kommen. "Jeder nimmt auf den anderen Rücksicht, es ist ein gegenseitiges Vertrauen da", sagt Christine Zech. 85 Euro zahlt sie für eine Gemüsekiste pro Monat. Dafür bekommt sie vier- bis fünfmal pro Monat frische Ware. "Ich denke, das entspricht dem, was man dafür im Bioladen auch bezahlen würde", schätzt sie.

Gleichgesinnte gefunden

Zech hat in Wendelstein die größte Erfahrung mit der Solidarischen Landwirtschaft. Schon seit 2014 bezieht sie den Großteil der Lebensmittel für ihre Familie vom Dollingerhof. Doch bis vor kurzem musste sie dafür ins Depot nach Rednitzhembach fahren. Das war ihr auf Dauer zu umständlich. Im Ort suchte sie nach Gleichgesinnten – und wurde binnen weniger Wochen fündig.

Solawi: Echte Partner statt Verkäufer und Kunde

© Archiv-Foto: Leykamm

Der Kontakt zu Claudia Porschert zum Beispiel kam über gemeinsame Aktivitäten in der Bund-Naturschutz-Ortsgruppe zustande. Susanne Rauh dagegen war von sich aus auf der Suche nach der Solidarischen Landwirtschaft, nachdem sie im Fernsehen eine Reportage zu diesem Thema gesehen hatte. "Mich beeindruckt diese totale Transparenz", sagt die Mutter von zwei kleinen Kindern. Selbst wenn sie auf dem Markt einkaufe, wisse sie nicht genau, woher die Produkte kommen. "Bei der Solidarischen Landwirtschaft ist das anders."

Selbst mithelfen

Transparenz gibt es nicht nur, was die Produktion der Lebensmittel angeht – der Dollingerhof hat übers Jahr verteilt rund 50 verschiedene Kulturen an Gemüse, Obst und Getreide im Angebot. Transparenz gibt es auch in Sachen Finanzen. Einmal im Jahr, bei der "Ernteteiler-Versammlung", kommt alles auf den Tisch. Die Mitglieder können bis zu einem gewissen Grad mitreden, was in Offenbau angebaut wird und wo investiert wird.

Zwei Beispiele: Gemeinsam haben die Dollingers und ihre mittlerweile rund 130 Ernteteiler-Familien Folien-Tunnel finanziert. Der Kauf eines fahrbaren Hühnerstalls erwies sich als zu teuer, also haben die Ernteteiler selbst zu Hammer, Säge und Schweißgerät gegriffen.

Mehr als nur Konsumenten

"Wir konsumieren nicht nur, wir sind Teil des gesamten Prozesses" erklärt Christine Zech. Das garantiere mitunter auch besondere Erfahrungen: "Im Herbst habe ich bei der Rübenernte geholfen. Unglaublich, wie fest die Dinger in dem schweren, lehmigen Boden stecken", berichtet die Wendelsteinerin.

Karl Dollinger, der seinen Bauernhof schon in den 1980er Jahren auf Bioland umgestellt hat, ist 2013/14 in die Solidarische Landwirtschaft eingestiegen und beliefert inzwischen Depots in Nürnberg, Fürth, Rednitzhembach und Wendelstein, demnächst wahrscheinlich auch in Schwabach.

Grenzen des Wachstums

Noch geht etwa die Hälfte der Produktion ganz konventionell in den Handel, insofern sind die Dollingers noch auf der Suche nach weiteren Ernteteilern. Doch das Wachstum ist auch begrenzt. "Mehr als etwa 220 Familien kann der Hof aufgrund seiner Größe nicht ernähren", erklärt Claudia Dollinger.

Auch in Wendelstein ist noch ein bisschen Luft nach oben. "Wenn ich mir meine Garage anschaue, dann würde ich sagen, dass wir in unserem Depot Lebensmittel für bis zu 20 Ernteteiler-Familien lagern könnten", schätzt Claudia Porschert.

Wer sich für die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) und die Ernteteiler in Wendelstein interessiert, der kann sich an Claudia Porschert, Telefon (0 91 29) 32 98, wenden. Informationen über die Solawi Dollinger in Offenbau bei Thalmässing gibt es im Netz unter www.solawi-dollinger.de

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