Statt Raki trinken nach dem Gerichtsurteil direkt in den Knast

12.5.2015, 09:38 Uhr

Dass jemand nach der Gerichtsverhandlung direkt in die Justizvollzugsanstalt befördert wird, kommt am Amtsgericht Schwabach relativ selten vor. Der arbeitslose Kemal H. (Name geändert) brauchte sich aber nicht zu wundern. Er erschien nicht zur Verhandlung, musste von Polizeibeamten vorgeführt werden, und er hat schon einmal einen Termin „vergessen“, zu dem er ins Gefängnis in Eichstätt hätte einrücken müssen.

Es war am 27. September vergangenen Jahres, als Kemal H. wegen einer Familienstreitigkeit die 110 wählte. Niemand weiß, was ihn geritten hat, denn bei zwei Anrufen beleidigte er die Beamten unter anderem als Hurensöhne, Missgeburten, Dreckschweine und Arschlöcher.

Scharfer Empfang

Die Streifenwagenbesatzung, die zu einer Wohnanlage im Schwabacher Stadtsüden in Marsch gesetzt wurde, empfing der 39-Jährige mit einem Messer in der Hand. Der Aufforderung, das Messer auf den Boden zu legen, ignorierte der Mann zunächst, dann schleuderte er es gegen die Windschutzscheibe des Polizeiautos.

Nachdem eine zweite Streifenwagenbesatzung zur Verstärkung eingetroffen war, kam Kemal H. auch der Aufforderung, sich auf den Boden zu knien, nicht nach. Pfefferspray wurde eingesetzt, das aber keine Wirkung zeigte. „Ich wollte ihn dann festhalten“, sagte einer der Beamten, „aber dann packte er mich am Kragen und am Bein und hob mich in die Luft.“ Der Polizist, der sich in dem Gerangel eine blutige Lippe zuzog, hatte das Gefühl, „dass er mich über den Zaun des Nachbargrundstückes werfen will.“

Positiver Alkoholtest

Gefesselt wurde der 39-Jährige schließlich ins Stadtkrankenhaus gebracht, wo er erneut Beamte beleidigte. 1,14 Promille ergab der Blutalkoholtest.

Ein Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe forderte Andreas Christgau als Vertreter der Staatsanwaltschaft. Er beantragte einen Haftbefehl, da sich Kemal H. in der Vergangenheit mehrfach der Justiz entzogen hatte.

Pflichtverteidiger Johannes Bienert plädierte auf neun Monate, da er erhebliche Zweifel an den Aussagen der Polizeibeamten hatte.

Trinkfest und stark im Schlagen

In seinem Schlusswort gab sich der Angeklagte noch einmal ganz als Macho und meinte, dass ein Beamter nicht mehr aufstehen würde, wenn er ihm eine verpassen würde. Er könne fünf Flaschen Raki trinken und wäre noch immer nicht besoffen, brüstete sich der 39-Jährige, zudem könne er mit Waffen und Messern sehr gut umgehen.

Richterin Dr. Andrea Martin folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und schickte Kemal H. direkt in die Mannertstraße in Nürnberg.

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