Sydney oder Seychellen, Hauptsache Sommermärchen

28.2.2015, 09:34 Uhr
Nur, wer die rund 4350 Kilometer (Luftlinie) bis Katar nicht hinter sich bringt, muss auf ein Fußball-Sommermärchen 2022 verzichten.

©  Boeing (dpa) Nur, wer die rund 4350 Kilometer (Luftlinie) bis Katar nicht hinter sich bringt, muss auf ein Fußball-Sommermärchen 2022 verzichten.

Ein paar Beispiele: Die Bundesliga wird zugrunde gehen, die Party-Meilen werden verwaist sein. Die Menschen müssen die Spiele, wie früher, zuhause am eigenen Fernseher anschauen. Der Wurst- und Bierabsatz wird dramatisch einbrechen. Und überhaupt wird das alles im tristen Vorwinter überhaupt keinen Spaß machen (als ob Fußball jemals etwas mit Spaß zu tun gehabt hätte).

Im Windschatten von frustrierten Fußball-Funktionären und Eventmanagern trugen auch unsere Kolleginnen und Kollegen von Presse, Funk und Fernsehen ganz dick auf. „Public Viewing auf dem Christkindlesmarkt“, lamentierten sie – und es klang so, als komme der vom Maya-Kalender schon für Ende 2012 vorhergesagte Weltuntergang halt zehn Jahren später.

Hallo! Geht’s noch? Das alles zeugt doch wieder einmal von einem typisch egozentrischen Weltbild von uns Deutschen, die glauben ein Sommerfußball-Märchen für alle Ewigkeiten gepachtet zu haben. Hat irgendjemand einmal an all die Millionen von fußballbegeisterten Australier und Argentinier, Namibier und Neuseeländer gedacht, die 2022 erstmals in ihrem Leben in den Genuss einer Sommer-WM kommen?

Wir vom Schwabacher Tagblatt haben jedenfalls überhaupt kein Problem mit der ungewöhnlichen Ansetzung der FIFA. Mitte der Woche haben wir uns in der Redaktion in die Hand versprochen, ab sofort alle Laster sein zu lassen. Kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Currywurst, keine Burger und Pommes mehr. Das spart pro Tag etwa drei Euro pro Nase. Das Geld legen wir auf ein Konto, so kommen bis zum Beginn der Festspiele (26. November 2022) mehr als 8000 Euro für jeden zusammen. Dann heben wir die Kohle ab, sperren hier den Laden zu, setzen uns in einen Flieger und genießen wahlweise in Sydney oder Südafrika, auf den Seychellen oder in Südamerika rauschende Ballnächte im Schatten des Opernhauses, des Tafelbergs, der Palmen oder des Urwalds.

In der Halbzeitpause sondern wir via I-Pad schnell mal die neueste Ausgabe des beliebten Schwabacher WM-ABC (etwas anderes wird während der Spiele erfahrungsgemäß ohnehin nicht gelesen) ab und schicken das nächste „Goldrichtig“ für die Samstags-Ausgabe auf die weite Reise.

Rechtzeitig zum Weihnachtsfest schweben wir, den sechsten Stern im Gepäck (den fünften holen wir uns 2018 bei Putin ab), wieder in Deutschland-Miesepeterland ein. Und sagen all jenen, die nicht so vorausschauend geplant hatten: selber Schuld.

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